Singen am Hohentwiel – Sehenswertes, Geschichte, Sagen, Mythen und Gebräuche. Das „etwas andere“ Portal zu Singen in Oberschwaben. Hier gibt es nützliche Links, (alte und neue) Karten, Fotos, Ausflugsziele

Allgemeines

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Wikipediaeintrag
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Wikisource: Historische Quellen und Schriften

Historische Lexikoneinträge

Singen (Meyers,1909)
Stadt im bad. Kreis und Amt Konstanz, an der Aach, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Mannheim-Konstanz und Offenburg-S. sowie der Linie Etzweiler-S. der schweizerischen Bundesbahnen, 432 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Realschule mit Realprogymnasium, ein Hauptsteueramt, ein Eisen- und Stahlwerk (1500 Arbeiter), eine Maggifabrik (800 Arbeiter), Baumwollspinnerei, Fabrikation von elektrischen Uhren und Zement, eine Mühlenbauanstalt, eine Dampfziegelei und (1905) 5720 meist kath. Einwohner. Dabei der Hohentwiel (s. d.). S. ist erst seit 1899 Stadt. Funde aus vorrömischer Zeit weisen auf eine uralte Ansiedelung hin.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 490-491.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007479859

Singen (Pierer, 1863)
1) gräflich Enzenbergische Herrschaft im Bezirksamt Radolphszell des badenschen Seekreises; hat mit Arten 2000 Ew.;
2) Marktflecken darin, bei der Feste Hohentwiel; Schloß, Bleichen, Tabaksfabrik u. 1350 Ew. Hier 1. Mai 1800 Verhandlungen zwischen dem französischen General Vandamme u. dem Gouverneur von Hohentwiel, Bilfinger, u. Commandanten Wolf, in Folge deren die Feste übergeben u. geschleift wurde.
Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 127.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010936572

Karten

Luftlinie-org berechnet die Luftlinienentfernung
sowie die Straßenentfernung zwischen zwei Orten und stellt beide auf der Landkarte dar. Startort ist Singen (Hohentwiel), den Zielort müssen Sie noch wählen. Voreingetragen ist ➥ Bisoro in Burundi


Karte eingebunden aus OpenStreetMap – Veröffentlicht unter ODbL

Fotos & Abbildungen

Postkarte Singen am Hohentwiel, um 1900
Festung Hohentwiel bei Singen
Festung Hohentwiel bei Singen, ©Wolfgang Autenrieth
Singen am Hohentwiel, Federzeichnung von Nikolaus Hug, Ansicht von Westen, 1820

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Abbildungen auf Tumblr
Infos und Fotos auf Pinterest
Filme in der ARD-Retro-Mediathek (Filmbeiträge der 60er-Jahre)

Kunst, Kultur und Brauchtum

Kultur und Sehenswürdigkeiten (Wikipedia)
Abbildungen auf ‚Bildindex‘
➥ Bilder auf ‚Google-Art‘
Singen_(Hohentwiel) auf ‚Zeno-Org‘
Suchfunktion nutzen für Singen_(Hohentwiel) auf leo-bw.de
(Karten, Archivmaterialien und Luftaufnahmen vom Landesarchiv Baden-Württemberg)
Alphabetisch sortiertes Verzeichnis auf www.kloester-bw.de
Beschreibungen vom Landesarchiv Baden-Württemberg

Geschichte

Ortsbeschreibung von Merian: ➥ https://de.wikisource.org/wiki/Topographia_Sueviae:_Singen_(Hohentwiel)

Ausflüge und Sehenswertes

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Wikitravel – der freie Reiseführer

Natur & Parks

Hohentwiel
Hohenkrähen

Webcams

Webcams in Singen_(Hohentwiel) und Umgebung

Nachbargemeinden

angrenzende Städte und Gemeinden (aus Wikipedia)

Teilgemeinden und Ortschaften

Ortschaften und Wohnplätze von Singen_(Hohentwiel) (aus Wikipedia)

Sagen, Mythen und Geschichten

Sagen und Mythen

Bärenthal

Wagnergeselle Lenz aus Singen war in Ländern gewandert, wo es Bären gab. Als er, bald nach seiner Heimkehr, in der Abenddämmerung von Königsbach zurückging, sah er auf der Wiese am Mühlwehr ein Tier, das er für einen Bären erkannte. So schnell er konnte, lief er nach Singen und verkündete, was er gesehen. Da scharten sich viel Leute mit Flinten, Spießen und Stangen zusammen und zogen mit ihm hinaus zur Wiese. Dort war das Tier noch vorhanden; der Gesell legte darauf an und schoss es nieder. Voll Jubel eilten sie hin, um den Bären zu holen, aber ach! es war der Mühlesel, den nun Lenz dem Müller bezahlen musste. Seit der Zeit wird Singen spottweise das Bärental genannt.
Quelle: Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 235.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004485785

Der Poppele auf Hohenkrähen

vgl. auch: https://de.wikisource.org/wiki/Hohenkrähen_und_sein_“Poppele“

1) Auf der zerstörten Burg Hohenkrähen

… nahe bei Hohentwiel geht ein Geist um, der den Leuten auf dem Bruderhofe sehr nützlich ist und alles was sie ihm auftragen tut. Er holt Wasser und Holz in die Küche, wirft Stroh und Heu vom Boden, füttert das Vieh, putzt die Pferde, wendet den Dreschern die Garben um und dergleichen. Bei jedem Auftrage aber muss man stets bemerken: „it ze litzel und it ze viel“ (nicht zu wenig und nicht zu viel), sonst macht er Dummheiten und wirft z.B. alles Heu vom Boden herunter, schleppt alles vorrätige Holz in die Küche u.s.w. Sagt man ihm dann, er solle es wieder forttragen, so tut er es auch.
– Zum Lohn wegen seiner Dienste muss man aber auch für den Poppele alle Tage mitdecken, ihm einen besonderen Teller hinstellen und sagen: „Poppele iss auch mit!“

Unterläßt man das, so wirft er das Gedeck und alle Speisen durcheinander, bindet das Vieh im Stalle los und dergleichen. Ebenso muss man ihn einladen, wenn man ausfährt und muss sagen: „Poppele fahr auch mit!“ Dann setzt er sich hinten auf das hervorstehende Wagenbrett („Schnätter“) und fährt mit ins Feld. Wird er nicht eingeladen, so passiert dem Fuhrwerke gewiss etwas. Ferner muss man, so oft gebacken wird, dem ersten Bettler ein ganzes Brotlaib geben, sonst verschwindet das übrige Brot und auch die Küche gerät in Unordnung. Wenn Jemand einen dummen Streich macht, so heißt es in der ganzen Umgegend sogleich: „du bist ein Kerl wie der Poppele!“

2) In dem unterirdischen Gewölbe zu Hohenkrähen

… soll ein goldenes Kegelspiel mit großen goldenen Kugeln sich befinden, damit kegelt der Poppele in Gesellschaft vieler Ritter jede Sonntagsnacht um 12 Uhr, so wie an jedem Sonntagmorgen während der Kirche. Kinder und erwachsene Leute haben ihn da oftmals schon belauscht.

3) Andere erzählen von diesem Kegelspiel

… allerlei Geschichten, besonders folgende: Eines Sonntags während der Kirche sahen zwei Handwerksburschen den Poppele in dem Graben kegeln; er traf aber nichts. Da lud er die Handwerkeburschen ein, mit ihm ein Spiel zu machen. Das taten sie und gewannen anfange mehre Gulden; dann aber verspielten sie nicht bloß Alles, was sie gewonnen, sondern auch noch ihr Reisegeld bis auf den letzten Kreuzer und zogen traurig von dannen. Als sie darauf an einen Berg kamen, sah der Eine, dass eine Kegelkugel auf seinem Ranzen lag und nahm sie ärgerlich herab und warf sie fort. Dann gingen sie miteinander nach Mühlhausen. Da fand der Andere, als er seinen Ranzen abnahm, einen Kegel darauf, der war von reinem Golde. Er wollte ihn verkaufen, aber in dem Orte war Niemand der den Kegel bezahlen konnte. Einer jedoch ließ sich für zwei tausend Gulden ein Stück absägen. Zum Andenken an diese Geschichte hat man in Mühlhausen einen Kreuzstock errichtet, den man noch zeigt. Den Rest des Kegels verkaufte der Handwerksbursch für viele tausend Gulden in Schaffhausen. Darauf hat der andre Bursch die weggeworfene Kugel gesucht und wieder gesucht aber nicht mehr gefunden. Wenn man seit der Zeit den Poppele kegeln sah oder nur es hörte, so hatte er immer bloß acht Regel und eine Kugel.
(Auch in der Ruine Aspermont bei Chur in Graubünden liegt ein goldnes Kegelspiel. Man hört zu Zeiten wie damit gekegelt wird)

4 ) Einst hatte ein früherer Bewohner von Hohenkrähen

… eine Magd die jedesmal, wenn sie die Kühe melkte, von der süßen Milch trank und dann von unsichtbaren Händen Ohrfeigen bekam. Deshalb kündigte sie ihrer Herrschaft den Dienst auf. Als der Hausherr fragte, weshalb sie fort wollte, sagte sie lange den eigentlichen Grund nicht, gestand aber doch endlich, dass sie sich nicht länger beim Melken schlagen lassen möge. „Dann musst du irgend etwas getan haben, was nicht recht ist“, sagte der Herr „sonst hättest du keine Schläge bekommen.“ Die Magd leugnete zwar anfangs Alles, bekannte dann aber doch ihre Schuld. „So lass nur das Milchtrinken“, sprach der Herr „dann wird dir nichts wieder geschehen“. Das tat sie denn auch und seitdem hat sie keine Ohrfeigen mehr bekommen.

5) Ein Schneider aus Engen

… ging eines Abends vom Nähen heim und nachdem er unterwegs seine Notdurft verrichtet hatte, sprach er: „Da, Poppele, das ist dein!“ In demselben Augenblick aber war der Poppele auch schon da, nahm den Schneider und zog ihn durch Hecken und Büsche, durch Korn und Dorn, dass er am ganzen Leibe elendiglich zerrissen und zerfetzt ward. Seitdem hat der Schneider nie mehr über den Poppele spotten mögen. Ebenso hat der Poppele auf der Brücke, die bei Mühlhausen über die Ach führt schon manchen, der ihn geneckt, ins Wasser geworfen. Aber auch Leuten, die ihm nichts getan, spielt er zuweilen einen Streich. So kam einmal ein Glasmann daher und war sehr müd. Plötzlich verwandelte sich der Poppele in einen abgesägten Baumstamm und als nun der Glasmann seine Last auf den Stamm niedersetzen wollte, war alles Verblendung; das Glas fiel auf die Erde und zerbrach. Auf dieselbe Weise hat der Poppele auch schon müde Eierträger angeführt.

6) Als das Haus, worin der Poppele sich aufhielt

… einmal abgebrochen und das Holz an einen andern Platz fortgeführt wurde, sprach der Herr unterwegs zu seinem Knechte: “haben wir jetzt auch Alles?“ „Nein“, antwortete dieser „den Poppele haben wir nicht“. Da rief aber eine Stimme vom Wagen herunter: „ja, ich bin auch da!“

7) Der Poppele war eigentlich ein Graf von Hohentwiel

… und hatte ein Lustschloss auf Hohenkrähen, so wie auf Hohberg, beneidete aber seinen älteren Bruder und erschoss ihn mit einem Pfeile um des Erbes willen. Als der Poppele hierüber zur Verantwortung gezogen wurde, reinigte er sich durch einen falschen Eid und tat den Schwur, dass er geistweis gehen wolle, wenn er seinen Bruder umgebracht. Dafür muss er nun bis auf den heutigen Tag noch immer geisten. Er fährt mit vier schwarzen Rappen und regt sich namentlich wenn ein Krieg bevorsteht. So jetzt wieder 1848. Früher hat er bis zum Jahre 1813 alle Kriege Napoleons mitgemacht, kam dann aber wieder und sagte sein Herr verliere es jetzt, er möge deshalb nicht mehr bei ihm dienen. Einmal ist er in der Nähe von Hohentwiel mitten durch ein Johannisfeuer gefahren, dass die Funken nach allen Seiten hin flogen; den anwesenden Menschen aber hat er nichts zu Leide getan. Den Mädchen ist der Poppele auch schon als ein glänzender Mann erschienen. (Mündlich aus Engen und der Umgegend von Hohentwiel)
Quelle: Ernst Heinrich Meier: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, Stuttgart 1852, Band 1 , Nr. 85, Seite 76ff. , Link: https://books.google.de/books?id=i1sKAAAAIAAJ

Poppele neckt einen Müller

Zu einem Müller aus Radolfzell, welcher Abends vom Möhringer Fruchtmarkt heimfuhr, kam unter der Burg Hohenkrähen ein schlecht gekleideter Wanderer und bat, ihn bis Singen mitzunehmen, was ihm auch bewilligt wurde. Kurz vor Singen musste der Müller absteigen, wobei er mit Schrecken inne ward, dass der Geldgurt, den er um den Leib hatte, ganz leicht und leer geworden sei. Voll Verdacht blickte er auf den Wanderer, der neben ihm gesessen; aber derselbe sagte ganz gleichgültig: »Ich habe das Geld nicht; geht einmal zurück, vielleicht findet ihr es wieder.« Da schaute der Müller um und sah, beim Mondlicht, vor sich auf dem Weg einen Taler liegen; unweit davon fand er einen zweiten und einige Schritte weiter einen dritten. Hierüber lachte der Wanderer laut auf, stieg vom Wagen und verließ den Müller. Nun merkte dieser, dass er es mit Poppele, dem Spukgeist von Hohenkrähen, zu tun habe; schnell stellte er sein Fuhrwerk in Singen ein und ging suchend auf der Landstraße eine Stunde weit zurück. Nach und nach fand er alle seine Taler, den letzten, Morgens um fünf Uhr, an der Stelle, wo er den Poppele auf den Wagen genommen hatte.
Quelle: Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 2-3.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004483286

Volksglaube und Brauchtum

Kieferrecht

Wer auf Hohentwiel die Keller besichtigen wollte, musste das so lang und allgewöhnliche Kieferrecht ohne alle Widerrede auszustehen schuldig sein. Dieses Kieferrecht war ohne Zweifel dasselbe, wie es jetzt noch als hochfürstlich württembergisches Hofkellerrecht auf einer Tafel vom Jahr 1734 im Keller des alten Schlosses zu Stuttgart zu lesen ist und also lautet:

»Man soll nicht grob seyn und zu frey,
Dass einer zanke fluch‘ und schrey,
Hier pfeiffe oder zotten reiß,
Und sich vergeh auf andre Weis‘,
Mit Fingern klopfen an ein Fass
Ist nicht erlaubt in Ernst und Spaß,
Sonst gibt man ihm das Kellerrecht,
Es sey Fürst, Graf, Herr oder Knecht.
Drum muß er leiden mit Geduld,
Wann das Bandmesser er verschuld.
Doch dem ein Trunk zu Diensten stehet,
Der aus und ein bescheiden gehet.«

Die angedrohte Strafe bestand darin, dass man sich über das Fass legen und drei Streiche mit dem Bandmesser aushalten musste.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 198-199.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004575768

Kleid oder Schlaufe fordern

Nach altem Gebrauch und alter Sitte forderte derjenige, welcher den Mörder zur Auslieferung verlangte, »zugleich eine Schlaufe oder ein Kleid des Entleibten.« Österreich. Nellenburgische Beamte in Stockach kamen einstens, als ein Mord vorfiel und sie Hohentwiel als zur Herrschaft Nellenburg gehörend ansahen, nach Hohentwiel; der Untervogt mit noch einem Beamten und 26 bewaffnete Männer zu Ross und zu Fuß kamen vor Hohentwiel und verlangten neben der Auslieferung des Mörders »eine Schlaufe oder ein Kleid des Entleibten nach altem Gebrauch«.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 187-188.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004575555

Steintragen auf Twiel hinauf

Eine vermutlich schon von Herzog Ulrich eingeführte, jedenfalls unter Herzog Christoph im Jahre 1554 bestehende Sitte war es, dass jeder Fremde, der die obere Festung besehen wollte, einen Stein hinauftragen musste, worauf ihm aus einem silbernen, von Herzog Christoph gestifteten Becher, der drei Schoppen hielt, der »Willkomm« gereicht wurde. Dass der Wein bei solchen Besuchen nicht gespart wurde, geht aus einem Berichte des Hauptmanns Horn an den Herzog Ludwig vom 28. April 1586 hervor, in welchem er sagt: dass »Graf Rudolph von Sulz neben dero bei sich habenden Junkern und Dienern samt dem Hans Georg von Bodmann, Eitel Fritz Reischach und Wolf Dietrich Reineck von Wildenberg (14 Personen im Ganzen), so von E.f. Gnaden wegen Stein auf dero Befestigung Twiel getragen, vom 26. bis 27. April Nachmittags neben uns verzehrt haben: an Mahlzeiten 32, für jede bezahlt ohne Wein 10 kr. An Wein wurde getrunken: Sieben Eimer, 18 Maß« (wahrscheinlich Höhgauer Eimer, welche nur 32 Höhgauer oder circa 21 würt. Maß enthielten; Martens S. 57).

Am 10. Juni 1652 kam der Herzog Eberhard III. selbst dahin, brachte seine Familie nebst zahlreichem Gefolge mit und war bis 21. dort. Bei dieser Gelegenheit wurde die alte, während des 30jährigen Krieges nicht gehandhabte Sitte des Steintragens erneuert: ein Jeder, welchen Standes und Hoheit er sei, so in die Festung gelassen wird, 50 oder allerwenigstens 40 Pfund auf einmal den Berg hinauf in die Festung tragen soll, worauf Jeder ohne Unterschied oder Vorwand aus dem Willkomm oder alten vergoldeten Becher in Wohlstand und auf der gnädigen Herrschaft und dieses Hauses Wohl bescheidenlich heraustrinken soll. Diese Sitte soll in einer Tafel unter dem Tore der Festung eingegraben gewesen sein in folgenden Versen:

Tritt Jemand in das fürstlich Haus
Und hat gehört bereits voraus
Von dieser Festung Hohentwiel
Rühmen und sagen der Wunder viel;
Will einer, daß man ihn einlaß,
So muß er fleißig merken das:
Unten am Berg thue laden auf
Ein Stein und solchen tragen hinauf.

Wer sich dessen beschweren will,
Der mag fortziehen in der Still,
Oder gewärtig sein der Straf,
Die ihm gar keinen Nutzen schaft.
Die Person wird nicht angesehen,
Gerechtigkeit straks thut fortgehen;
Doch muß er zur Ergötzlichkeit
Einen stattlichen Trunk thun Bescheid,

Der ihm dann nach dem Steinetragen
Wiederum erfrischen wird sein Kragen.
Den gesegne ihm der liebe Gott
Und wahr hinfort für aller Noth
Die Festung sammt ganz Württemberg,
Verleih ihr Gnad allzeit und Stärke,
Daß sie ein Zweig sei lustig, schön,
Daß sich ganz Land getrösten könne.

Über dieses Steintragen ist im Hohentwieler Fremdenbuch mancher Scherz zu lesen. So schrieb unter Anderem am 16. Mai 1672 der Landgraf Max zu Fürstenberg, welcher einen 118 Pfund schweren Stein hinauftrug:
„Lieben und nicht dürfen sagen – Ist schwerer als 118 Pfund Stein tragen.“

Christoph Friedrich von Eyb schrieb: „Im Regen und im Schnee – Trug ich 106 Pfund in die Höh.“
Ein Herr von Phull am 12. April 1697: „Ich habe getragen 53 Pfund, Den Becher ausgesoffen bis auf den Grund.“
F.C. Forstner von Dambrevis: „O! wie tut mir Buckel und Axel so wehe, – Wenn ich muss tragen 67 Pfund schwer in die Höhe.“
Ein Graf von Forstner: „Ich hab getragen gar nicht schwer, – Hergegen gesoffen desto mehr.“
A.H.v. Wöllwarth a. 1708: „Ich hab getragen herzlich schwer, Aber gesoffen nicht gar sehr.“
Zu derselben Zeit Karl v. Wöllwarth: „Stein und Wein – Soll heute meine Freude sein.“
Freiherr von Ow 12. April 1697: „Ich trug ein Stein auf Hohentwiel – Von 50 Pfund ist gar nicht viel, – Doch tranke aus dem Becher Wein, – Gott woll mir weiter gnädig sein.“
Rentkammerrath Böhenius 19. Oct. 1732:
„Sieben groß und starke Gäule
Brauchen eine gute Weile,
Bis sie zieh’n ein Fass mit Wein
An dem Berg zur Burg hinein.
Ei! so ist es auch kein Wunder,
Wenn ein frischer und gesunder
Rath nicht ohne Müh und Schweiß
Einen Stein zu bringen weiß.
Doch der Willkomm labet wieder,
Stärket die geschwächten Glieder,
Dass man auch der Müh nicht acht,
Die die Last zu tragen bracht.

Mit dem vorgeschriebenen Gewichte wurde es übrigens nicht sehr genau genommen, wie sich aus einem Verzeichnisse von fürstlichen und andern Personen ergibt, welche Steine hinaufgetragen und bei denen jedesmal das Gewicht angegeben ist; dagegen trug ein Leibgardist einen 210 Pfund schweren Stein hinauf. Die Steine, welche Fürsten und andere Personen hinauftrugen, wurden im Torwege an kleinen Ketten aufgehängt. Es befand sich darunter einer vom Herzog Eberhard Ludwig, 14. März 1702 hinaufgetragener, der 79 Pfund wog.

Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 199-203.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004575792


³ Die historischen Texte habe ich zur besseren Lesbarkeit „sachte“ an die gültige Rechtschreibung angepasst, historisch überholte Begriffe jedoch belassen. Zahlreiche historische Postkarten habe ich retuschiert, Flecken entfernt und einige farblich angepasst

Literatur

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