Dialekt und Philosophie

In der schwäbischen Sprache gibt es einige Ausdrucksweisen, die sich dem Nichtschwaben zunächst nicht erschließen und paradox erscheinen.

So verwendet der Schwabe scheinbar widersprüchliche Aussagen und das kürzeste schwäbische Paradoxon lautet: „Komm gang!“
Hier wird das Gegenüber in einem Kurzsatz mit zwei Worten gleichzeitig dazu aufgefordert zu kommen und zu gehen. Der Schwabe teilt mit dieser Kombination den anderen freundlich, aber unmissverständlich mit, dass sich dieser umgehend an einen anderen Ort zu begeben soll – und zwar schleunigst. „Komm her, hör mir genau zu: Verschwinde!“
Je Betonung kann es jedoch auch ein erstaunter Ausruf auf eine unglaubhafte Erzählung sein.

„Komm gang her!“
meint wiederum, dass man sich schnell ZU dem Sprecher bewegen soll – es jedoch auch lassen kann.

„Komm verschwind!“
ist die Aufforderung, sämtliche Atome der eigenen Person schnellstmöglich aus dem Blickfeld zu schaffen – man ist dem Angesprochenen jedoch auch nicht gram, wenn er bleibt.

„Des war umsouscht!“
… bedeutet nicht, dass etwas kostenlos war. Es hat nur nicht zum Erfolg geführt. Und es kann sehr teuer gewesen sein, an dieses „Nichtziel“ zu gelangen. (Hot nix brocht, aber Zeit oder Geld koscht)

„Du Allmachtsrindvieh“
… ist eine kauzige Beleidigung, mit der jemand tituliert wird, der einen groben Fehler begangen hat und die ihm aufgetragene Aufgabe nicht lösen und beherrschen konnte. Gleichzeitig wird Allmächtigkeit vorgeworfen.
Die Steigerung lautet: „Du gottasallmächtiges Rindvieh!“

„I glaub, I spinn!“
… hoißt eigentlich: Du bisch a Daggl! (Und keinesfalls: „Ich bin blöd.“ – Bei richtiger Betonung au: „Du bisch a Granadedackl“ und lauter gesagt: „Du bisch an Allmachtsdackl!“

„Langsam bressierds!“
… es ist allerhöchste Zeit, etwas zu tun!
oder: „Wenn i bressier, no han I’s fürchterlich eilig, wenn’s mir bressierd, brauch i ganz dringend a Klo. „Mir bressierds wie’d Sau!“ bedeutet: Gleich bassierds.

„Mach mol gschwind langsam!“
… halt! Stop! Nicht so schnell. Denk‘ nach! (Oder: „Lass uns das nochmal kurz überlegen“)

„Wenn’s schnell gau soll, muasch langsam dua!“
… ist wiederum eine schwäbische Weisheit, manchmal auch in der Version: „Wenn’s schnell gau sott, derf’sch it hudla“. In manchen Gegenden sagt man auch: „Wenn’s bressierd, sodsch g’schtad doa.“
Das bedeutet: Wenn eine Arbeit möglichst bald fertig gestellt sein muss, sollte man ganz genau und gewissenhaft arbeiten, damit kein Fehler passiert. Das dauert vielleicht etwas länger – aber man muss nicht nochmals von vorne beginnen – denn „Bressiert’s – bassiert’s.“
Anmerkung: Bressiere ist ein Lehnwort aus dem Fransösischen: presee=eilig

Begrüßung und Verabschiedung

Eine von Nichtschwaben vielleicht als üble Beleidigung und Herabsetzung empfundene Begrüßungsformel beinhaltet im Schwäbischen jedoch die herzliche Begrüßung eines alten Freundes:

„Ja vereck, du alts Arschloch!“ wird auch von einem Schwaben zunächst als Beleidígung empfunden. Wird im Kontext jedoch schnell ein Nachsatz nachgeschobenen wie: „Wo kommsch au du her!“, „Wie goht’s au? oder „Lang nimme gsea“ bzw. „Komm her, loss di knuddla!“ verkehrt sich das Ganze ins Gegenteil und ist ein allerliebster Ausdruck freundlichster und vertrauter Begrüßung.

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