AT-6731 Sonntag |
Sonntag (Vorarlberg)
Wikipedia: Sonntag (Vorarlberg)
Sagen, Mythen und Geschichten
Der rote Brunnen
Ungefähr eine Stunde Weges von der walserischen Bergpfarre Buchboden entfernt quillt ein Heilwasser der rote Brunnen genannt, der wie die Sage erzählt, zuerst durch einen Hirt bekannt wurde. Dieser hatte einmal seine Herde in die Gegend getrieben, wo jetzt das Badhaus steht und besah sich von einem Bühel aus die Gegend, fand sie aber so wüst, dass er fast unwillig zu sich selbst sprach: „Gott Vater hat bei der Welterschaffung dieses Tal doch zu wenig bedacht, wachsen ja kaum ein paar Halme um die Steine und da und dort ein paar Kräutlein, dass sich die Schafe nähren können – warum soll denn dieses Tal schlechter sein als ein anderes und des Schmuckes der Obstbäume der Kornflur und des Wiesengrüns entbehren?“ Während aber der Hirt auf dem Bühel bei sich selbst noch brummte und Alles besser zu verstehen glaubte als Gott Vater, zog unter rollendem Donnern und helleuchtendem Blitzen ein Hochwetter heran. Bald fiel der Regen in Strömen nieder.
Der Hirt floh und wollte unter einer dichtreisigen Tanne unterstehen, da ging aber eine Rüfi und stürzte ihn in ein Tobel, schwer verletzt an Fuss und Hand. Bluttriefend lag er da in Schmerz und Angst und hob die Augen gen Himmel und betete reuig und innig um Errettung. Der Regen ließ nach, der Himmel blaute wieder und eine wunderbare Helle ergoss sich plötzlich über den nahen Tannenwald und zwischen den Tannen trat die Mutter Gottes hervor, eine hohe Glanzgestalt, um Stirn und Haupt eine Sternenkrone. Engelmild neigte sie sich zum Verwundeten nieder und sprach: „Schelte nie mehr der göttlichen Vorsicht Werke und bade nun deine wunden Glieder dort in jener Quelle, die silberfarben aus rothem Gesteine hervorsprudelt. Darauf war sie verschwunden. Der Hirt kroch gläubig zur Quelle nieder, badete Fuß und Hand und war geheilt. Dann rief er seine Herde und zog dankerfüllt heimwärts und erzählte von der Mutter Gottes und der Wunderkraft der Quelle.
Da baute man dann ein Badhaus und nannte die Quelle von dem roten Ansatze, den sie zurücklässt, den roten Brunnen und den vorbeistürzenden Wildbach zur Erinnerung an die Erscheinung der Mutter Gottes „Madonna Bach“.
Quelle: Franz Josef Vonbun: Volkssagen aus Vorarlberg, Gedruckt bei den P.P. Mechitharisten, 1847, 90 Seiten, https://books.google.de/books?id=1j4JAAAAQAAJ, Seite 78 ff.