Freie Reichsstädte
Unterkapitel
Freie Reichsstädte
Oberschwaben ist eine Region der ehemaligen Freien Reichsstädte und Fürstenstädte. Die meisten Stadtgründungen fanden in der Welfenzeit bis Ende des 12. Jahrhunderts statt.
Als Freie Städte und Reichsstädte wurden seit dem 15. Jahrhundert jene weitgehend autonomen Stadtgemeinden des Heiligen Römischen Reiches bezeichnet, die im Städtekollegium des Reichstags vertreten waren. Die eigentlichen Reichsstädte unterstanden keinem Reichsfürsten, sondern direkt dem Kaiser, waren also reichsunmittelbar. Dagegen hatten die Freien Städte zwar noch einen Bischof als nominellen Landesherrn, besaßen aber Selbstverwaltungsrechte und Privilegien, die sie den Reichsstädten de facto gleichstellten. Daher entstand im Laufe der Zeit die unkorrekte, volkstümliche Sammelbezeichnung Freie Reichsstadt, obwohl nur wenige Städte gleichzeitig Freie Stadt und Reichsstadt waren.
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Die freien Reichsstädte waren nur dem Kaiser unterworfen – sie waren „reichsunmittelbar“
Als reichsunmittelbar, auch reichsfrei, wurden im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reich diejenigen Personen und Institutionen bezeichnet, die keiner anderen Herrschaft unterstanden, sondern direkt und unmittelbar dem Kaiser untergeben waren. Sie wurden als reichsunmittelbare Stände oder Immediatstände bezeichnet.
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Ehemalige freie Reichsstädte in Oberschwaben
- Augsburg – Am 9. März 1276 verlieh König Rudolf von Habsburg die Reichsunmittelbarkeit mit dem Privileg des eigenen Satzungsrechts. 1805 im Frieden von Pressburg mediatisiert. An Kurpfalz-Bayern gefallen
- Bad Buchau – im 13. Jahrhundert zur Freien Reichsstadt erhoben. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an den Fürsten von Thurn und Taxis gefallen (1806 an Württemberg)
- Biberach an der Riß – 1281 zur Freien Reichsstadt erhoben. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Baden gefallen (1806 an Württemberg)
- Buchhorn (heute Friedrichshafen) – 1275 von König Rudolf v. Habsburg zusammen mit Überlingen und Freiburg im Breisgau in den Rang einer Reichsstadt erhoben. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen (1810 an Württemberg)
- Donauwörth – 1301 reichsunmittelbar. 1607 nach einer entgegen dem Reichsrecht durch das Herzogtum Bayern vollstreckten Reichsexekution als Pfandbesitz zu Bayern, endgültig nach der 1705 wiedererlangten Reichsstandschaft im Frieden von Rastatt
- Isny – 1365 erkauften sich die Isnyer die Rechte einer Freien Reichsstadt von ihrem Vogtherren, dem Truchsessen von Waldburg. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an den Grafen von Quadt gefallen (1806 an Württemberg)
- Kaufbeuren – Am 3. Februar 1286 von Rudolf I. von Habsburg privilegiert. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen
- Kempten – 1289 durch ein Privileg König Rudolfs von Habsburg aus dem Hoheitsbereich des Abtes gelöst und als Freie Reichsstadt dem König unmittelbar unterstellt. Definitive Unabhängigkeit vom Abt erst durch Großen Kauf im Jahr 1525. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen
- Konstanz – 1192 und 1213, Erkämpfung einer unabhängigen Position vom Bischof. Da die Stadt Konstanz ihre Steuern nachweislich zur Hälfte an den Kaiser und zur Hälfte an den Bischof zahlte, lässt sie sich möglicherweise nicht dem reinen Typus einer Freien Stadt zuordnen. 1548 nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg 1547 durch Karl V. an Vorderösterreich angegliedert
- Leutkirch – Am 29. Januar 1293 wurden Leutkirch von König Adolf von Nassau die Rechte der Stadt Lindau mit den gleichen Freiheiten verliehen; damit wurde es zur Reichsstadt erhoben. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen (1810 an Württemberg)
- Lindau – 1274/1275 bestätigte König Rudolf I. die bisher erworbenen Stadtrechte. Lindau erscheint nun als eine Reichsstadt. 1803durch Reichsdeputationshauptschluss an den Fürsten von Bretzenheim gefallen (1804 Österreich, seit 1806 Bayern)
- Memmingen – 1286 durch den römisch-deutschen König Rudolf I. von Habsburg zur Freien Reichsstadt erklärt. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen
- Pfullendorf – 1220 wurde Pfullendorf von Kaiser Friedrich II. zur Reichsstadt erhoben. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Baden gefallen
- Ravensburg – 1278 bestätigte König Rudolf I. von Habsburg die reichsstädtischen Privilegien Ravensburgs. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen (1810 dann an Württemberg)
- Überlingen – Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Stadt freie Reichsstadt. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Baden gefallen
- Ulm – 1184 zur freien Reichsstadt erhoben. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen (1810 an Württemberg
- Wangen – 1217 bestimmte in einer Urkunde Kaiser Friedrich II., dass die Schutzherrschaft von Wangen für immer in königlicher Hand bleiben sollte. Wangen hatte zu dieser Zeit offenbar bereits Stadtrechte. Nach der Hinrichtung des letzten Hohenstaufen Konradin in der sogenannten kaiserlosen Zeit (Interregnum) gelang es der Stadt, gegenüber der St. Gallener Klosterherrschaft ihre Unabhängigkeit zu behaupten und systematisch auszubauen. König Rudolf I. von Habsburg besiegelte schließlich den Status als Freie Reichsstadt im Jahr 1286. 1803 durch Reichsdeputationshauptschluss an Kurpfalz-Bayern gefallen (1810 an Württemberg)
Etwas „außerhalb“ von Oberschwaben: Stuttgart 😉
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Sonstige Städte im Umkreis
Reichsstädte
im ehemaligen Deutschen Reich die Städte, die unmittelbar unter dem König (Kaiser) standen. Die ältesten Reichsstädte waren die königlichen Pfalzstädte, die im Anschluß an Königspfalzen entstanden waren. Da die Zahl der Krongüter in Norddeutschland von jeher gering war, so gab es hier auch nur eine kleine Zahl »königliche Städte« oder Reichsstädte (Aachen, Dortmund, Goslar, Nordhausen, Mühlhausen), während Süddeutschland deren recht viele besaß, um 1248 etwa 70. Der verfassungsrechtliche Begriff der »Reichsstadt« konnte erst entstehen, nachdem die Mehrzahl der Städte der fürstlichen Landeshoheit (s. Landstadt) unterworfen war; da aber von einer ausgebildeten Landeshoheit der Fürsten erst seit etwa 1225 die Rede sein kann, gibt es auch erst seitdem den Gegensatz zwischen Reichsstadt (civitas imperii) und Landstadt.
Reichsunmittelbarkeit erlangten seit dem 13. Jahrh. tatsächlich auch andre als alte Pfalzstädte, teils durch königliche Verleihung (z. B. Lübeck 1226), teils durch Loskauf von dem Territorialherrn, teils durch Aussterben fürstlicher Geschlechter (z. B. der Zähringer und Staufer), wodurch deren Reichslehen dem König heimfielen, teils endlich durch Usurpation, besonders während des Interregnums. Eine besondere Gruppe bilden die alten Bischofsstädte Basel, Straßburg, Speyer, Worms, Mainz, Köln und die teils bischöfliche, teils königliche Stadt Regensburg, deren Bürger sich vom bischöflichen Stadtregiment im Kampfe frei machten, als »Freistädte« bezeichnet und im wesentlichen den Reichsstädten gleichgeachtet wurden.
Indem man staatsrechtlich »Freie Städte« und »Reichsstädte« als Gesamtheit in einem Ausdruck zusammenfaßte, entstand die Bezeichnung »Freie Reichsstädte« (genauer: »Freie und Reichsstädte«); aus der Mehrzahl ist dann ungenau die Einzahl »Freie Reichsstadt« abgeleitet worden, eine Bezeichnung, die nur den genannten sieben Städten mit Recht zukommt, aber in späterer Zeit oft irrtümlich mit Bezug auf andre Reichsstädte verwendet worden ist. In ihrer rechtlichen Lage unterschieden sich die ehemaligen Bischofsstädte von den Reichsstädten nicht; nur war die Ausübung der Hoheitsrechte in ihnen stets zwischen Bischof und König irgendwie geteilt, und z. B. in Köln hat der Erzbischof bis zuletzt die hohe Gerichtsbarkeit besessen.
Die Reichsstädte standen von vornherein unter königlichen Beamten, Reichsvögten, Landvögten oder Reichsschultheißen, welche die oberste Gerichtsbarkeit und die übrigen Hoheitsrechte des Reiches in der Stadt handhabten. In manchen Städten (Köln, Mainz, Würzburg. Magdeburg, Straßburg, Meißen, Nürnberg) führte dieser oberste Reichsbeamte den Titel Burggraf (s. d.). Seit der Mitte des 13. Jahrh. erlangten die Reichsstädte eine immer größere Selbständigkeit, indem sie die meisten Hoheitsrechte in ihren Besitz brachten, und dies war um so leichter, als die Könige in den Städten eine Stütze gegen die Fürsten erblickten. Sie verfügten dann über die bewaffnete Macht, besaßen das alleinige Besatzungsrecht innerhalb der Mauern, Münz-, Zoll-, Geleitsrecht etc. und waren dem König zur Huldigung, Heerfolge und einer Jahressteuer verpflichtet sowie zur Verpflegung des königlichen Hofes bei Aufenthalt in der Stadt. Einige besaßen auch ein größeres Landgebiet (z. B. Ulm und Nürnberg), in dem der Rat die landesherrlichen Rechte ausübte.
Im 13. und 14. Jahrh. schlossen die Reichsstädte besonders in Süddeutschland und am Rhein öfter Städtebünde (s. d.), um den öffentlichen Frieden aufrecht zu erhalten und sich gemeinsam gegen die Angriffe der Fürsten auf ihre Selbständigkeit zu verteidigen. Seit Wilhelm von Holland fanden die Reichsstädte auch Zutritt zu den Reichstagen, doch wurden sie nur bei gewissen, sie besonders angehenden Sachen, regelmäßig erst seit 1489, herangezogen, erhielten dieses Recht auch in der Reichsregimentsordnung von 1500 verbrieft, aber gesetzlich als gleichberechtigte Reichsstände anerkannt wurden die Reichsstädte erst durch den Westfälischen Frieden (1648).
Die Reichsstädte bildeten das dritte Kollegium im Reichstag, das in die rheinische und schwäbische Städtebank zerfiel. Die innere Verfassung der Reichsstädte war verschieden und näherte sich bald der demokratischen, bald der aristokratischen Form, je nach dem Ergebnis der Zunftkämpfe des 13. und 14. Jahrh. Den Zusammenbruch reichsstädtischen Wesens führte die Verknöcherung der althergebrachten Gebräuche und die künstliche wirtschaftliche und politische Absperrung gegen außen herbei, diese selbst aber hatten ihren Grund im wirtschaftlichen Verfall der Städte und in deren naturgemäß immer mehr sinkenden Bedeutung, je mehr die Macht der Territorialfürsten stieg.
Schon früher hatten manche Reichsstädte ihre Unmittelbarkeit durch verschiedene Umstände verloren; einige wurden von den Fürsten, die als Reichsbeamte (Landvögte, Schultheißen, Burggrafen) über sie gesetzt waren, unterdrückt, andre begaben sich freiwillig unter fürstliche Herrschaft, besonders die der geistlichen Fürsten; manche wurden durch Waffengewalt unterworfen (z. B. Mainz 1462), andre vom Deutschen Reich losgerissen (z. B. Besançon fiel 1648 förmlich an Spanien), noch andre gerieten (z. B. Donauwörth 1607) in die Reichsacht oder wurden an Fürsten verpfändet (z. B. Düren) oder verschenkt. Demgemäß ist die Zahl der Reichsstädte in verschiedenen Zeiten verschieden (vgl. die Zusammenstellungen für 1378 auf dem Registerblatt zur »Geschichtskarte von Deutschland II« [Bd. 4, S. 804] und zur Karte III für 1648, ebenda, S. 810).
Um 1800 gab es noch 51;
zur rheinischen Bank gehörten; Köln, Aachen, Lübeck, Worms, Speyer, Frankfurt, Goslar, Bremen, Hamburg, Mühlhausen, Nordhausen, Dortmund, Friedberg, Wetzlar;
zu der schwäbischen: Regensburg, Augsburg, Nürnberg, Ulm, Eßlingen, Reutlingen, Nördlingen, Rotenburg a. d. Tauber, Schwäbisch Dall, Rott weil, Überlingen, Heilbronn, Gmünd, Memmingen, Lindau, Dinkelsbühl, Biberach, Ravensburg, Schweinfurt, Kempten, Windsheim, Kaufbeuren, Weil, Wangen, Isny, Pfullendorf, Offenburg, Leutkirch, Wimpfen, Giengen, Weißenburg im Nordgau, Gengenbach, Zell am Hammerbach, Buchhorn, Aalen, Buchau, Böpsingen.
Durch den Frieden von Lüneville (9. Febr. 1801) fielen Köln, Aachen. Worms und Speyer an Frankreich; durch den Reichsdeputationshauptschluß (25. Febr. 1803) schmolz die Zahl der Reichsstädte auf sechs zusammen: Hamburg, Augsburg, Nürnberg, Lübeck, Bremen und Frankfurt a. M.; mit den übrigen wurden die Landesherren für Abtretung des linken Rheinufers entschädigt. Nach dem Preßburger Frieden (4. Mai 1806) verlor Augsburg die Reichsunmittelbarkeit, und infolge der Errichtung des Rheinbundes auch Frankfurt und Nürnberg. Am 13. Dez. 1810 wurden Bremen, Hamburg und Lübeck ihrer Selbständigkeit beraubt, durch die Bundesakte 1815 aber nebst Frankfurt a. M. wiederhergestellt und als »Freie Städte« in den Deutschen Bund aufgenommen; von diesen verlor Frankfurt 21. Sept. 1866 seine Unabhängigkeit an Preußen.
Vgl. v. Maurer, Geschichte der Städteverfassung in Deutschland (Erlang. 1869–71, 4 Bde.); Arnold, Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte (Gotha 1854, 2 Bde.); Nitzsch, Ministerialität und Bürgertum im 11. und 12. Jahrhundert (Leipz. 1859); G. V. Schmid, Die mediatisierten freien R. Teutschlands (Frankf. 1861); Brülcke, Die Entwickelung der Reichsstandschaft der Städte (Hamb. 1881); Keussen, Die politische Stellung der R. (Bonn 1885); Lorenz, Unterschiede von Reichs- und Landstädten (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. 89); Ehrentraut, Untersuchungen über die Frage der Frei- und Reichsstädte (Leipz. 1902); Rietschel, Das Burggrafenamt und die hohe Gerichtsbarkeit in den deutschen Bischofsstädten (das. 1905).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 742-743.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007333439