Die „Freie Reichsstadt Isny“
Die Freie Reichsstadt Isny im Allgäu blickt auf eine bald 1000-jährige Geschichte zurück. Die Siedlung wurde um das Jahr 1043 vom Grafen von Altshausen-Veringen gegründet und erhielt 1281 das Lindauer Stadtrecht. Im Jahr 1290 regelten die Bürger und das Kloster die gegenseitigen Rechte in einem Vertrag, der als eines der frühesten volkssprachlichen Dokumente Oberschwabens gilt.4 Isny lag zu jener Zeit verkehrsgünstig an der Salzstraße, die von Bad Reichenhall über München, Memmingen, Isny nach Lindau führte. Dort wurde das Salz auf Schiffen nach Konstanz und von dort weiter in die Schweiz bis Bern transportiert. Der Handel mit Flachs und Leinen brachte ebenfalls Wohlstand nach Isny.
Erhebung zur freien Reichsstadt
1365 erkauften sich die Isnyer die Rechte einer Freien Reichsstadt von ihrem Vogtherren, dem Truchsessen von Waldburg.
Isny behielt den Status der ‚Freien Reichsstadt‘ bis zur ➥ Mediatisierung 1803/1806, als alle Reichstädte, Klöster und Besitztümer der Kirchen als Entschädigung für den Verlust derer linksrheinischen Gebiete an Adelige. Durch die französische Besetzung der linksrheinischen Gebiete im Jahre 1796 gingen dem Haus die Herrschaften Wickrath und Schwanenberg verloren. Die Stadt verlor die meisten Rechte und wurde standesherrlich als Besitz dem Grafen ➥ Quadt zu Wykradt und Isny zugeordnet. Durch den ➥ Reichsdeputationshauptschluss wurden Isny und die ➥ Reichsabtei St. Georg zur Reichsgrafschaft Isny. Bereits ab 1810 kam die Stadt Isny schließlich unter die Verwaltung des Königreiches Württemberg.1
„In den Jahren um 1540 stand Isny auf der Höhe seiner Entwicklung. Die Feuersteinische Chronik (Baader Chronik) berichtet, dass die Stadt als Glied der „Ravensburger Gesellschaft“ jährlich für 150.000 fl (=Gulden) Leinwand verkaufte. Niederlassungen der großen Ravensburger Handelsgesellschaft waren in Venedig und Genua, in Spanien und in den Niederlanden, in London, Schlesien, ja bis hinein in den fernen Osten (…) Im Jahr 1507 verlieh der Kaiser (Anm. Friedrich) der Stadt das Münzrecht (…) Der besondere Lohn der Isnyer für ihren tapferen Einsatz bei der Befreiung des jungen Kaisersohnes Maximilian im Jahre 1488 war die Verleihung des Wappens mit dem Reichsadler und dem Hufeisen als Brustschild.“ ²
Zur Geschichte der Befreiung Maximilians siehe Baumann ³
Das Stadtwappen seit 1365 – der gekrönte Adler als Zeichen für die „Freie Reichsstadt“ (Bemalung auf dem Wassertor – Nordseite) – Abbildung: Panoramafreiheit.
Beschreibung des Freikaufs
Transkript
Truchsess Otto war zweimal vermählt. Das erste Mal, wie schon erwähnt, mit Adelheid Freiin von Rettenberg. Diese dürfte in den fünfziger Jahren gestorben sein, da Otto 1359 die Ausnanger Güter auf welchen ihre Heimsteuer versichert war bedingungslos und unumschränkt verkaufen konnte. Das zweite Mal mit Agnes von Fruntsperg, die ihn überlebte. Dieselbe schenkte am 13 Dezember 1372 dem Kloster Isny ihr Haus „an dem Aberg zu Isny in der Stadt gelegen“, das sie damals bewohnte, mit Hofstatt, Stadel ,Garten, Hofraite und aller Zugehör. Die zweite Ehe war kinderlos, aus der ersten aber war ein Sohn entsprossen, der wie sein Vater Otto hieß.
Otto II trat die Verlassenschaft seines Vaters mit einer großen Schuldenlast an. Dies nötigte ihn gleich anfangs zu einer bedeutenden Veräußerung. Am 9 April 1365 verkaufte er den Bürgern von Jsny sie selbst und die Stadt Jsny, die sein eigen gewesen war, um 9000 Pfund Heller und um das Geld, das er vorher von ihnen schon entlehnt hatte, und gab sie an das Reich auf. Er erwarb ihnen auch die Gnade, dass sie nie vom Reiche versetzt werden sollen, dass sie ferner als Bürger und Bürgerinnen aufnehmen dürfen eigene und Vogtleute, Zinser oder wie sie genannt werden mögen, und dass niemand nach ihrem Tod sie beerben, sondern dass ihre Verlassenschaft an die nächsten Erben fallen solle und dass die Bürger ihren Gerichtsstand vor dem Ammann und Gericht in Isny haben sollen. Dagegen behielt er sich vor alle Nutzungen, Gilten und Rechte von dem Kloster und dessen Leuten und Gütern desgleichen als Steuer von jeder Mark fahrender Habe 4 Pfennig und von jeder liegenden 2 Pfennig, die jeder Bürger und jede Bürgerin jährlich zu zahlen hatte; ferner die Besehung des Ammannamts zu Jsny, das er jedoch nach Willen und Rat der Bürger und des Rats daselbst einem Jsnyer Bürger zu verleihen hatte, die jährliche Besehung des Rats, die jedoch nach alter Gewohnheit der Stadt zu geschehen hat, ferner das Recht Totschläger zu begnadigen; wenn jemand in dem Gericht Jsny einen andern verwundet, so ist seine Hand dem Gericht verfallen, wenn er sie nicht von Otto mit 10 Pfund Pfennig löst; sodann behielt er sich und seinen ehelichen Leibeserben vor die Zwinge und Banne der Stadt Jsny, die da fallen von den Weinschenken von den Brotbäckern, von den Metzgern, von dem Salzmarkt, von dem Salzgeld ,von dem Marktrecht, von den Zinsen, von der Fronwaage und von der Eich.
Diese Rechte, die ursprünglich sein eigen waren, hat er von Kaiser und Reich für sich und feine ehelichen Nachkommen zu Lehen genommen in der Weise, dass wenn er ohne ehelichen Nachkommen sterbe, dieselben dann alle denen von Isny ledig, los und eigen sein sollen. Tritt dies ein, so hat die Stadt Jsny dem Reiche jährlich 100 Pfund Heller als Steuer zu geben. Otto soll die von Isny in seinem Schutz und Frieden haben und ihnen gegen jedermann beholfen sein; wenn dagegen er Krieg bekommt, sollen sie ihm nur mit ihrer Eidgenossen, der Reichsstädte, Gunst und Willen beholfen sein. Wenn ihn aber jemand widerrechtlich angreift und ihm trotz seines Begehrens rechtlichen Austrag versagt, sollen sie ihm dazu verholfen sein, dass er Recht erlangt. Übertritt er diesen Vertrag, so soll ein Schiedsgericht entscheiden und wenn er dessen Spruch nicht ausführt, so sollen sie die Nutzungen und Gefälle solang nicht folgen lassen, bis dies geschieht; greift er sie dieser Artikel wegen mit Raub und Brand an, so verliert er seine Rechte und sie sollen dem Reiche mit der genannten Steuer dienen. Als Bürgen setzte er seinen Oheim, den Grafen Wilhelm von Kirchberg und seinen Vetter Hans Truchsess von Waldburg, Herrn Eberhards des Truchsessen seligen Sohn von Waldburg. Durch diesen Kauf war freilich Jsny noch lange keine selbstständige Gemeinde geworden; denn die wichtigsten Rechte über sie gingen nur theoretisch an das Reich über, faktisch blieben sie, wie der Kaufvertrag zeigt, dem Truchsessen als Reichslehen. Am gleichen Tag stellten Ammann, Rat und Bürger dem Otto hierüber eine Gegenverschreibung aus.
Die Verkaufsurkunde beginnt mit den Worten: „Ich Otto, Truchsess von Waldburg, Herrn Otten des Truchsessen seligen Sohn, bekenne, dass ich angesehen die Dienste, Treue und Hilfe, so die Bürger zu Isny mir und meinem Vater selig und andern Vordern oft getan und dass sie mir vormals und auch jetzt von großer Schuld und Gilt, die von meinen Vordern an mich gekommen ist, treulich geholfen hand; darum bin ich mit ihnen übereingekommen also, dass sie sich und die Stadt gemeiniglich mit aller Zugehör recht und redlich von mir und meinen Erben kauft und geledigt hand an das Reich, ewiglich daran zu bleiben“ u.s.w. In der Gegenverschreibung bekennen Ammann, Rat und Bürger der Stadt Jsny, „wann (da) unser lieber Herr Junker Ott der Truchseß von Waldburg, Otto des Truchsessen seligen Sohn von Waldburg in solche Schuld und Gilt verfallen und begriffen ist, die von seinen Vordern an ihn ist gefallen, davon er nicht kommen möcht leichter denn mit unserer Hilfe, also sind wir mit ihm übereingekommen, dass wir ihm zu dem andern Gut, das ihm vormals von uns worden ist, jetzt bezahlt haben 9000 Pfund Heller, die alle verwendet worden sind an die Gilt die er schuldig ist gewesen und damit wir uns die Stadt Isny gemeiniglich mit aller Zugehörd von ihm erkauft an das hl Reich.“ Deshalb haben auch wir oben zunächst die Schuldenlast Ottos als Grund des Verkaufs bezeichnet, aber wir haben damit die Lage und das gegenseitige Verhältnis von Käufer und Verkäufer noch nicht vollständig gezeichnet. Ein weiteres Licht wirft darauf die Vertragsbestimmung dass die Isnyer dem Otto im Falle eines Krieges nur mit ihrer Eidgenossen, der Reichsstädte, Gunst und Willen beholfen sein sollten. Wenn wir uns daran erinnern, was wir früher über Jsny angeführt haben, dass es durch Begünstigung und Bemühung seiner früheren und späteren Herren, der Grafen von Veringen und der Truchsessen von Waldburg einen eigenen Markt, Kaufhäuser und das Lindauer Marktrecht erhielt und dass es im Jahre 1353 schon 400 Wohnhäuser oder Feuerherde zählte, so werden wir sagen können: Isny hat sich in Folge dieser Vergünstigungen durch Handel und Gewerbfleiß rasch zu großer Blüte emporgeschwungen.
Von selbst regte sich in seinen Bürgern der Drang nach größerer Freiheit und Selbständigkeit, nach unabhängigerer Verwaltung ihrer städtischen Angelegenheiten. Jedenfalls war es für sie bequemer den fernen Kaiser oder König zum Herrn zu haben als den Truchsessen von Waldburg, der in ihrer unmittelbaren Nähe (das alte Schloss Trauchburg lag ca. 7 Kilometer von Isny entfernt) seinen Sitz hatte. Verschiedenen, namentlich bischöflichen Städten, war das gleiche Streben geglückt. Das ermutigte sie. Nachbarstädte, die kleiner als Isny waren (1353 hatte Leutkirch 300, Wangen 200, Buchhorn mit Hofen 150 Wohnhäuser) waren Reichsstädte und zur Wahrung ihrer Interessen in engerem (dem sogenannten See-) und weiterem (dem Landfriedens) Bündnisse vereinigt. Das stachelte sie auf. Durch ihren umfangreichen Handel standen sie mit vielen Reichsstädten in Beziehung und Verbindung. Diese, deren Macht und Einfluss wuchs, je mehr Städte ihrem Bunde beitraten, beförderten und unterstützten natürlich das Unabhängigkeitsstreben einer andern Stadt, zumal wenn dieselbe den Anschluss an ihren Bund zusagte. Solche Verhandlungen müssen auch zwischen Isny und den Reichsstädten stattgefunden haben, da im Verkaufsvertrag von den Reichsstädten als Eid oder Bundesgenossen Isnys gesprochen wird. Solange aber Isny noch dem Truchsessen gehörte, konnten seine Bürger ohne Erlaubnis ihres Herrn noch keinem Städtebunde beitreten.
In der Tat finden wir Jsny erst nach dem 9 April 1365 als Mitglied eines solchen Bundes. Aber dieser Beitritt war von Isny in Aussicht genommen und allem nach von dem Städtebund angenommen für den Fall, dass es Jsny gelänge reichsunmittelbar zu werden und darum konnten in dem genannten Kaufbrief die Reichsstädte künftige Eidgenossen von Isny genannt werden. Günstig für Isnys Bestrebungen fügte es sich, dass Truchsess Otto I ein Verschwender war und Schulden auf Schulden häufte, welchen dann sein Sohn und Erbe, Otto II ratlos gegenüber stand. Als getreue Untertanen zeigten die Jsnyer Mitleid mit dessen trauriger Lage und erboten sich scheinbar gutmütig, ihm durch Darlehen aus seiner Not und Verlegenheit zu helfen. In seiner jugendlichen Unerfahrenheit war Truchsess Otto II unklug genug. dieses Anerbieten anzunehmen, So geriet er in eine gewisse Abhängigkeit von ihnen, welche auszunützen dieselben nicht versäumten, Wahrscheinlich verlangten sie zunächst Zugeständnisse in Besetzung des Ammannamtes und des Stadtrates. Verschiedene Reibungen dürften daraus sich entwickelt haben, bis endlich Otto einsah, dass die Stadt ihm zu mächtig geworden war und dass er sie für die Dauer nicht zu behaupten vermöge. In dieser richtigen Erkenntnis und unter dem Drucke seiner Schuldenlast schritt dann Otto zum Verkaufe der Stadt in der oben angegebenen Weise. Da aber diese Abmachungen der kaiserlichen Bestätigung bedurften, begab sich Otto um dieselbe auszuwirken, an das Hoflager Karls IV. Dieser genehmigte am 3 Mai 1365 zu Bern den gedachten Kaufvertrag in allen Punkten, nahm Jsny an das Reich und bestimmte. dass die Stadt bis zum Heimfall der von Otto vorbehaltenen Rechte 50, nach demselben aber 100 Pfund Heller jährliche Reichssteuer zu bezahlen habe, versprach ihr, sie nie zu versetzen und gab ihr die Erlaubnis Bündnisse einzugehen, sowie Eigenleute, Vogtleute, Zinser und andere in ihr Bürgerrecht aufzunehmen.
Im gleichen Jahre kaufte das Kloster Ochsenhausen von Ulrich von Essendorf, genannt von Mittelbuch, das Dorf Mittelbuch mit aller Gerichtsbarkeit und den Zehnten in Füramoos, wobei die Truchsessen Johannes und Otto von Waldburg auf die Lehensherrlichkeit über die Kirche, das Patronatsrecht und alle Pfarrgüter in Mittelbuch Verzicht leisteten. Am 10 Juni 1370 wurden beide eben genannte Truchsessen in Jsny Bürgen für die Grafen Heinrich von Montfort Tettnang und Wilhelm von Montfort Bregenz bezüglich einer Schuld von 1400 Pfund Heller bei Berlin von Ellhofen und am 1 Juli 1371 verbürgte sich Truchsess Otto für eben dieselben wegen einer Schuld von 500 Pfund Pfennig bei Ulrich Benz und Heinz den Paigerern.
Um dieselbe Zeit hatten Märk und sein Vetter, beide von Hattenberg, sowie Frick von Rotenstein dem Ritter Eberhard von Aspermont, dem Feinde der Städte Ulm, Memmingen, Kempten, Leutkirch und Jsny Aufenthalt gegeben und waren deswegen von den genannten Städten angegriffen und gefangen genommen worden. Auf Bitte und Vermittlung von zwanzig genannten Rittern und Edeln, worunter sich auch die Truchsessen Johannes und Otto von Waldburg befanden, kam zwischen den gedachten Städten und den Gefangenen eine Aussöhnung zu Stande, in deren Folge die letzteren aus ihrer Haft entlassen wurden. Dafür versprachen diese zwanzig Vermittler am 18 September 1370 den fünf Städten die nächsten 5 Jahre lang zu warten in der Weise, dass sie ihnen allen und jeder einzelnen, welche dessen bedürfe, jährlich auf Ersuchen in eigener Person oder im Falle der Verhinderung durch einen ehrbaren Diener bis auf 20 Meilen Entfernung von den betreffenden Städten zwei Waffendienste leisten. Müssen sie den Dienst in einer der Städte tun, so erhalten sie daselbst Verköstigung, im Felde aber nur Schadenersatz für die etwa erstochenen oder erschlagenen Pferde. Nicht dienen müssen sie gegen ihre Freunde und geschworenen Herren und diejenigen von ihnen, welche in der Schwertgesellschaft sind, auch nicht gegen diese, solange fic Mitglieder derselben sind. Wenn ein Jahr um ist, sind auch zwei Dienste um, gleichviel ob sie darum ersucht worden sind oder nicht.
Wir haben soeben die Schwertgesellschaft genannt und stehen damit vor einer neuen Erscheinung jener Zeit. Die Schwertgesellschaft ist eine Verbindung von Rittern. Bisher haben wir nur Städtebündnisse getroffen. Diese letzteren waren gegen Fürsten und Ritter gerichtet. Die Fürsten strebten nämlich darnach, ihre Gebiete abzurunden und zu diesem Behufe die innerhalb derselben oder an deren Grenzen gelegenen Reichsstädte einzuverleiben; auch suchten sie sich durch Errichtung von Zollstationen neue Einkommensquellen zu schaffen. Die Ritter. welche in den vielen Kriegen und durch großen Aufwand verarmt waren, nährten sich zum Teil vom Straßenraub, indem sie die städtischen Kaufleute gefangen nahmen und nur gegen Lösegeld wieder freiließen, auch ihre Warentransporte plünderten. Um sich erfolgreich dagegen zu wehren, d. h. um ihre Selbständigkeit und Reichsunmittelbarkeit zu wahren und um die Handelsstraßen sowohl bezüglich der Zölle und Geleite der Fürsten als auch gegen die Räubereien des Adels offen zu erhalten, hatten die Städte allmählich sich in bestimmten Verbindungen zusammengetan. So bildeten sie bei der damaligen Zerfahrenheit eine Macht. mit der selbst die Könige zu rechnen hatten. Wir haben schon gesehen, wie und zu welchem Zwecke König Ludwig der Baier diese Bündnisse begünstigte und wie in Folge dieser Begünstigung die verschiedenen Landfriedensbündnisse entstanden und gefördert wurden. König Karl IV trat in dieser Beziehung anfänglich in die Fußstapfen feines Vorgängers.
Etwas später änderte er seine Stellung den Städten gegenüber, kehrte aber bald wieder zur alten Politik zurück. Der Adel hatte sich seither den Landfriedensbündnissen gegenüber sehr zurückhaltend benommen. Auch ihn wollte Karl IV für dieselben gewinnen. Als er den am 6 Dezember 1370 beschworenen, aus 31 Städten bestehenden Landfrieden vermittelte, erwartete er dass auch noch andere Äbte, Grafen, Herren, Ritter und Knechte außer denjenigen, welche den Bund bereits beschworen hatten, demselben beitreten werden. Deswegen wirkte er damals dahin. dass die verbündeten Städte den Grafen Ulrich von Helfenstein zu ihrem Bundeshauptmann annahmen. Aber die Abneigung zwischen Rittern und Städten war zu groß. Die zum Teil verarmten und verschuldeten Ritter blickten mit Neid auf den Glanz und Reichtum der Städte, deren Kaufleute es ihnen an Pracht und Reichtum zuvortaten und ihre verschuldeten Herrschaften aufkauften. Ferner war das mehr und mehr in den Städten zur Geltung kommende demokratische Element den Rittern keineswegs freundlich gesinnt. Letztere hatten endlich gerechten Grund, den Städten gram zu sein wegen des großen Schadens, den sie dadurch erlitten, dass ihre entflohenen eigenen Leute, welche die herkömmlichen Dienste nicht mehr leisten wollten, in den Städten Aufnahme Schutz und Schirm fanden, also Pfahlbürger, wie man sie damals nannte, wurden. Bei dieser gegenseitigen Stimmung hat es nichts Überraschendes an sich, wenn die Ritter einem Bunde, in welchem die Städte das große Wort führten, nicht beitraten, sondern zu eigenen Verbindungen oder Gesellschaften sich zusammentaten, um gemeinsam ihre Interessen zu wahren und bei drohendem oder erlittenem Schaden sich gegenseitig Hilfe zu leisten. Eine der ersten dieser Rittergesellschaften in Schwaben war die zum Schwert, welche obige Urkunde vom 18 September 1370 erwähnt. Der Wortlaut der letzteren lässt es unbestimmt, ob auch unsere Truchsessen Otto und Johannes von Waldburg derselben angehört, oder ob sie nur sonst mit Mitgliedern derselben in freundschaftlichen Beziehungen gestanden haben. Im Jahre 1372 entstand wieder eine große Rittereinigung, welche ihre Spitze gerade gegen die Städte richtete
Am 29 Juli 1374 verkaufte Otto an seinen Vetter Johannes, Truchsess von Waldburg, um 9000 Pfund Heller die Feste Trauchburg mit dem Bauhof und aller Zugehör, die Vogtei und alle Rechte, die er und seine Vorfahren bisher an und über das Kloster Isny gehabt hatten, das Vogtrecht über die Kirche zu Jsny, die Fleischbänke und die Bäckerbänke, den Salzmarkt, das Marktrecht, das Ammannamt, Zwing und Bann und die anderen Rechte, die er in und zu der Stadt Jsny noch hatte, alle seine Rechte an der Quart zu Bregenz und an der Vogtei zum Zaunberg, die Vogtei zu Eisenharz, alle seine Eigenleute, Vogtleute und Zinser, all sein Eigentum und Lehen, sein Haus in der Stadt Jsny mit Hofstatt und Hofraite und seinen ganzen Hausrat, endlich alle seine Weiher und Seen, Wässer, Bäche und Fischenzen. Mit ihm siegelten die Verkaufsurkunde die Grafen Heinrich und Konrad von Montfort, Hans von Bodman der ältere und Rudolf von Ebersberg. Da aber in dem Kaufbriefe nicht gesagt war, ob Johannes die Rechte, welche Otto in der Stadt Jsny nur sich und seinen ehelichen Leibeserben vorbehalten hatte, für immer oder nur für Ottos Lebensdauer haben sollte, so legten die von Isny, um jedem späteren Streite vorzubeugen, Protestation gegen diesen Kauf ein. In Folge dessen kam am 24 August gleichen Jahres ein neuer Kaufvertrag zustande, der sich vom früheren nur dadurch unterschied, dass die von Otto in Jsny vorbehaltenen Rechte sowie seine Rechte an das Quart zu Bregenz darin nicht mehr aufgenommen wurden, die Kaufsumme auf 8000 Pfund Heller herabgesetzt, Johannes Bruder Friedrich als Mitkäufer eingesetzt und von Otto die Wiederlösung ausbedungen wurde, worüber die Käufer am gleichen Tage dem Verkäufer eine Urkunde ausstellten. Mitsiegler der Urkunden waren Graf Heinrich von Montfort Tettnang, Graf Konrad von Montfort-Bregenz, Eberhard von Lupfen, Landgraf von Stühlingen, Hans von Bodman der ältere, Ulin und Rudolf von Ebersberg und Ulin von Königsegg. Diese waren demnach damals die näheren Freunde der Truchsessen von Waldburg.
Die eben genannte Quart des Zehntens zu Bregenz hatten Otto und seine Vetter Johannes und Frick Truchsessen von Waldburg, von ihren Vorfahren (wahrscheinlich von ihrer Urgroßmutter her) als eine Pfandschaft von Seite des Bischofs und Kapitels von Konstanz ererbt. Mit Zustimmung der Letztgenannten verkauften sie dieselbe im Jahre 1374 an Ulrich von Stuben, Bürger zu Ravensburg, und verzichteten deshalb am 29 November 1374 auf alle ihre diesbezüglichen Rechte.
Am 14 Mai 1381 verkaufte Otto an die von Isny um 300 Gulden den Salzmarkt daselbst und alle davon fließenden Rechte, ferner das Recht in ihrer Stadt einen Bürgermeister und Zunftmeister zu setzen, so oft sie wollen; auch gab er ihnen die Erlaubnis zu raten und zu schaffen, was sie wollen; doch müssen Bürgermeister, Ammann, Rat und Zunftmeister jährlich schwören, ihn bei seinen Rechten zu belassen; endlich dürfen sie die Metzig (das Schlachthaus) da, wo sie jetzt steht, abbrechen, doch unter der Bedingung, dass ihm seine Zinse von den Fleischbänken gleich wohl folgen. Alle seine übrigen Rechte aber behielt er sich vor. Mit seinem Vetter Johannes siegelte er den Kaufbrief von dem Kloster Jsny an Hans Segelbacher, Bürger von Ravensburg, um das Dorf und den Kirchensatz Thaldorf vom 26 Juli 1384. Ob er sich damals schon – vielleicht schon seit dem Verkaufe Trauchburgs – in habsburgischen Diensten befand, oder erst 1386 dem Aufrufe Herzog Leopolds von Östereich gegen die schweizerischen Eidgenossen folgte, wissen wir nicht. Nur das ist sicher, dass er mit gedachtem Herzog in der Schlacht bei Sempach am 9 Juli 1386 seinen Tod fand.
Otto war vermählt mit Adelheid, Tochter Konrads des jüngeren, Grafen zu Kirchberg. Aus dieser Ehe sind entweder keine Kinder hervorgegangen oder es sind dieselben früh gestorben. Dieser Umstand sowie der baldige Tod seiner Gemahlin mag Otto 1374 zum Verkauf seiner Besitzungen veranlasst haben- Mit Otto II erlosch die erste trauchburgische Linie der Truchsessen von Waldburg nach kurzer – Blüte kann man nicht sagen – Dauer. Durch den glücklichen Kauf von 1374 blieb doch wenigstens die große Herrschaft Trauchburg dem waldburgischen Hause erhalten.“1
Fußnoten
¹ Vochezer, Dr. Joseph: Geschichte des fürstlichen Hauses Waldburg in Schwaben, Kempten 1888,
➥https://www.google.de/books/edition/_/SGOubwZqpVYC?gbpv=1 Seite 368 ff.
² Georg Bader: Freiheit kostet Kraft – Vom Existenzkampf der kleinen Reichsstadt Isny, Manuskript für eine Hörfunksendung des Südwestfunks zum 600. Jahrestag der Erhebung zur Freien Reichsstadt 1965
³ Baumann, Franz Ludwig: Geschichte des Allgäus. 2: Das spätere Mittelalter : 1268 – 1517
➥ https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00004688?q=Isny&page=86,87
4 Der Vertrag von 1290 zwischen Kloster Isny und Stadt Isny:Ein bedeutendes historisches und sprachgeschichtliches Denkmal
➥ https://journals.wlb-stuttgart.de/ojs/index.php/uo/article/view/6844/6731