Bad Saulgau – das etwas andere Portal mit historischen Ansichten, Sagen, Brauchtum, Sehenswertem sowie Informationen zur Geschichte. Hier gibt es nützliche Links, alte und neue (Ansichts-)Karten, Fotos … u.v.a.m.
Unterkapitel
- Allgemeines
- Kunst, Kultur und Brauchtum
- Ausflüge und Sehenswertes
- Sagen, Mythen und Geschichten
- Volksglaube, Wetter und Gestirne
- Brauchtum
- An Weihnachten
- Das Bechtelefest
- Das Dårausschreien
- Das Gregorifest
- Der Adamsbaum (Ademebõm)
- Das Bräutigambaden am Fastnachtsonntag in Fulgenstadt
- Das Mailamm
- Der Eierritt und das Eierlesen in Haid bei Saulgau
- Der Klos (Klåess)
- Die drei Könige in Saulgau
- Die Schlachtete oder die Megsete bei Saulgau
- Gumpiger Dunschtig
- In Beizkofen
- Johannisfeuer
- Palmen
- Palmtag in Saulgau
- St. Nikolausabend in Saulgau
- Zimmermannsspruch
- Zum Gesellenzug
- Übernamen
Allgemeines
➥ Internetauftritt der Stadt / Gemeinde
➥ Wikipediaeintrag
➥ Alemannische Wikipedia
➥ Wikisource: Historische Quellen und Schriften
Lexikoneinträge
Saulgau (Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1909)
Oberamtsstadt im württemberg. Donaukreis, an der Schwarzach und der Staatsbahnlinie Herbertingen-Isny, 586 m ü. M., hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Schillerdenkmal, Schullehrerseminar, Präparandenanstalt, Amtsgericht, Fabrikation von Ton- und Papierwaren, Bierbrauerei, Hopfenbau und (1905) 4911 meist kath. Einwohner. S. erhielt 1239 Stadtrecht und gehörte bis 1805 zu Österreich.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 640. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007406371
Saulgau (Saulgen) (Pierer 1862)
1) Oberamt im württembergischen Donaukreise, an Hohenzollern grenzend; 6,8 QM., 21,000 Ew.; hat Rindvieh- u. Pferdezucht, Torf, Eisenerz, bedeutende Vieh- u. Pferdemärkte;
2) Stadt darin, ander Schwarzach; Wollenweberei, Strumpffabriken, Getreidehandel; 2500 Ew.
Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 8. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010822011
Einwohner (2021): 17.586 (Quelle:Wikipedia)
Karten
➥ Luftlinie-org berechnet die Luftlinienentfernung
sowie die Straßenentfernung zwischen zwei Orten und stellt beide auf der Landkarte dar. Startort ist Bad Saulgau, den Zielort müssen Sie noch wählen. Voreingetragen ist ➥ Bisoro in Burundi
Fotos, Abbildungen & historische Ansichtskarten
Hier habe ich historische Ansichtskarten der Jahrhundertwende 1900 digital von Schmutz, Knicken und Beschriftung gesäubert, sowie farblich etwas „aufgehübscht.
Ein Klick ins Bild öffnet eine größere Darstellung. Durch Klick auf den Pfeil rechts im Bild kann man weiterblättern. Achtung! Unter den Postkarten kann man Seite 2 öffnen – oder eine Diashow starten.
Anmerkungen zu den Postkarten
Die Retuschen waren zum Teil recht aufwändig. Sie sind hier in 800px Auflösung abrufbar. Eine Verwendung ist nur für nicht-kommerzielle Verwendung statthaft. Sollten für besondere Zwecke höhere Auflösungen benötigt werden, melden Sie sich bitte.
➥ Bildersammlung ‚Bad Saulgau‘ auf Wikimedia-Commons
➥ Abbildungen auf Tumblr
➥ Bilder auf Pinterest
Kunst, Kultur und Brauchtum
➥ Kultur und Sehenswürdigkeiten (Wikipedia)
➥ Bad Saulgau auf ‚Bildindex‘
➥ Abbildungen auf ‚Google-Art‘
➥ Informationen auf ‚Zeno-Org‘
Geschichte
Ortsbeschreibung von Merian: ➥ https://de.wikisource.org/wiki/Topographia_Sueviae:_Sulgen
Ausflüge und Sehenswertes
Thermalbad Sonnenhoftherme
„Im Jahr 1977 wurde in Saulgau die wärmste und ergiebigste schwefelhaltige ➥ Thermalquelle in ganz Baden-Württemberg (1,5 Millionen Liter täglich) erbohrt. Nach einem Provisorium wurden 1984 die ➥ Sonnenhof-Therme Bad Saulgau mit Therme, Saunabereich, Relax-, Vital- und Wellnesscenter und Kurgarten eröffnet. Das ➥ Thermalbad verzeichnete bereits 1987 über das Jahr mehr als eine Million Badegäste. Hinzugekommen sind Dampfbäder, eine Sole-Dampfbad und ein Strömungskanal. Bad Saulgau war das erste Thermalbad in Oberschwaben und bescherte der Stadt auch den Titel „Bad“. Im Februar 2011 konnte das Thermalbad seinen zehn-millionsten Besucher verzeichnen.“ (zit. aus Wikipedia ➥ https://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Saulgau)
Tipps
➥ Wikivoyage – Projekt der Wikimedia
➥ Wikitravel – der freie Reiseführer
Webcams
➥ Webcams in Bad Saulgau und Umgebung
Nachbargemeinden
➥ angrenzende Städte und Gemeinden (aus Wikipedia)
Teilgemeinden und Ortschaften
Bad Saulgau besteht aus der Kernstadt (mit Bernhausen, Engenweiler, Schwarzach und Wilfertsweiler) und den 13 Teilorten Bierstetten (mit Steinbronnen), Bolstern (mit Heratskirch und Wagenhausen), Bondorf, Braunenweiler (mit Figels, Krumbach, Obereggatsweiler, Untereggatsweiler und Ziegelhof), Friedberg, Fulgenstadt, Großtissen (mit Kleintissen und Nonnenweiler), Haid (mit Bogenweiler und Sießen), Hochberg (mit Luditsweiler), Lampertsweiler (mit Rieden), Moosheim, Renhardsweiler und Wolfartsweiler
➥ Ortschaften und Wohnplätze von Bad Saulgau (aus Wikipedia)
Sagen, Mythen und Geschichten
Anmerkung zu den folgenden Texten:
Diese Texte sind ich Sagensammlungen des 19. Jahrhunderts und freien Quellen entnommen. Einige Texte wurden auch aus Frakturschrift in heutige Normschrift übertragen. Dabei habe ich die Rechtschreibung, Wortwahl und den Sprachduktus sachte an die heute übliche Form angepasst, damit der Text verständlicher wird. Wo es mir für den „Charme“ des historischen Textes richtig erschien oder Originalzitate Verwendung fanden, wurde die historische Schreibweise jedoch beibehalten.
Das wunderbare Kruzifix in der Kreuzkapelle
Etwa fünf Minuten von Saulgau, wo sich die Straßen nach Aulendorf und Altshausen trennen, ist die vielbesuchte Kreuzkapelle. Über dem Altar steht ein großes Kruzifix, gerade nicht viel Kunst, aber viel Ausdruck zeigend. Davon geht die Sage, die Schweden hätten es verbrennen wollen, seien aber übel weggekommen. Das Kruzifix sei eben zu verbrennen unmöglich gewesen: es habe sich erhoben und die Schweden seien erschrocken davon gelaufen. Rechts vom Altar (von den Stühlen aus) geht eine Seitentüre hinein in die Sakristei. An der Türe oben sieht man gemalt die Kreuzkapelle. Davor liegt ein Kruzifix mitten im Feuer unversehrt. Fünf Schweden liegen betäubt drum herum, ein sechster läuft davon voll Angst. Zum Stadttor von Saulgau zieht das Schwedenheer heraus. Links unten steht: »Die Schweden haben diese Bildnuß des gecreuzigten Heylandts verbrennen wollen, seindt ober von Gott an der stell gestrafft worden.«
Links des Altars ist eine zweite Türe. Darauf ist gemalt die Kreuzkapelle; eben zieht ein Trupp Schweden unter Pfeifen und Trommelschlag in die Kapelle ein, während andere abziehen, wieder andere schon bei Saulgau hinziehen; einer hält oben rechts von der Türe Wache. Rechts unten am Bilde steht: »Anno 1634 den 12. Mertzen ist der Schwedische Feind nacher Saulgau kommen und hat alle Nacht in dieser Capellen Wacht gehalten.«
Unten an der Türe sehen wir die Kreuzkapelle wieder, davor ein strahlendes Kruzifix stehen und einen fliehenden Haufen Schweden mit Lanzen. Darunter steht: »Die Schweden haben abermals in die Kapelle eindringen wollen, da stand das Kruzifix hell glänzend vor der Kirchentür. Wovon sie mit größtem Schrecken abgewichen.«
Unten an der Türe rechts begegnen wir einer großen Prozession, die von Saulgau aus mit dem wunderbaren Kruzifix zu der Kreuzkapelle zieht. Darunter heißt es: »Anno 1734 den 12. Mertzen ist die hundertjährige Festivitet mit einer solennen Prozession gehalten worden. Gott gebe dass Saulgau und eine wehrte Nachbarschaft auß disem Gnaden brunen beständigen göttlichen Segen erhalte«.
[Auf diese Sage ist auch hingewiesen in Hafens »Auszug aus der Saulgauer Pfarrchronik«, Saulgau, Edel 1851. S. 30. »1634. Am 12. März des nebenstehenden Jahres stund ein schwedischer Wachtposten bei der hiesigen Kreuzkapelle. Nach einer wolverbürgten Sage wollten die brutalen Kriegsleute das Christusbild in der Kapelle verbrennen. Aber das Bild des Gekreuzigten erhob sich, und die Schweden flohen in großem Schrecken davon. Saulgau war gerettet.« – Hans Müller hieß der Krieger, welcher das Ereignis überall bestätigte.
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 425-426. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004569717
Anmerkung: „Die Kreuz- oder Schwedenkapelle wurde um das Jahr 1450 gebaut und war eine mittelalterliche Wallfahrtsstätte. Zur Ausstattung gehört ein romanisches Großkreuz (auch Stauferchristus genannt, entstand ca. 1170) sowie die Farbholzschnitte des Kreuzweges von HAP Grieshaber.“ (Wikipedia)
Die sieben Schwaben in der Schweiz
Gingen einmal sieben Schwaben, sechs Gemeinderäte mit dem Schultheiss an der Spitze über das schwäbische Meer in die Schweiz, ob wallfahren oder des Vergnügens halber, weiß man nicht. Die hatten gewaltig Respekt bekommen vor den Wassern des schwäbischen Meeres, also, dass sie im Thurgau vor einem blühenden Flachsacker angekommen, die wogende blaue Fläche ebenso für ein Meer hielten. Da die Blüten betaut und das Wasser so nass war, die Sieben aber um jeden Preis weiter kommen wollten, berieten sie sich, was zu tun sei. Da entschlossen sie sich heldenmütig – alle Sieben mit dem Schultheiss voran – das Meer zu durchschwimmen.
Nach unsäglicher Mühe und Anstrengung waren die Sieben jenseits der Flachsbreite angekommen und zählten ab, ob sie noch ihrer Sieben und nicht etwa einer ertrunken sei. Und zum immer größeren Entsetzen gewahrten sie, dass einer fehlte. Wie sich geziemte, nahm die richtende und strafende Gewalt, der Schultheiss, die Zählung vor und wohl wissend, welch exemten Stand er einnehme, beliebte er zu zählen: „Jezt Schultheß bin ih – du wärest der airst, du der zwoit…“ u.s.f. Aber so brachte er nur Sechse heraus. Da ging ein Bruder Straubinger an den ratlosen Gemeinderäten vorüber und fragte, was sie hinter dem Ohr zu kratzen hätten. Da eröffneten sie ihm ihre Pein. Nun lag nebenan auf dem Wege ein frischer Kuhfladen, und er riet den Sieben, sie sollen alle der Reihe nach mit dem Schultheißen an der Spitze, ihre Nase in diesen Fladen stoßen und nachher abzählen, wie viel es Löcher wären. Und siehe da, es fanden sich sieben Nasenspuren im Fladen und so reisten die Sieben getrost weiter (Mündlich von Saulgau)
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 460-462. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004570529
Kegelspiel
Ein Mann von Saulgau kam einmal durch Verirren auf das Schloss Königsegg. Da sah er in einem Gewölbe mehrere Herren Kegel schieben mit glühenden Kugeln. Sie nötigten den Mann, mitzuspielen. Als es aber 1 Uhr des Nachts schlug, verschwand die ganze Gesellschaft, und statt einer Kugel hatte der Mann einen Totenkopf in der Hand. Die Kegel waren Teile eines Gerippes. (Von Saulgau).
Quelle:Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 245, Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004566300
St. Luitpert war ein Bauersmann
… in Fulgenstadt zu Hause, wo man seine Wohnung noch zeigt; war gar fromm. Täglich kam er nach Ennentach und verrichtete dort in der Kirche seine Andacht. An der Stadtmauer von Mengen ging er allemal vorbei. Mal im Frühjahr, als das Schneewasser ging und die Ablach anschwoll, wollte Luitpert seinen Weg wieder wie gewöhnlich machen, aber konnte nicht mehr hinüber: das Wasser war zu stark. Er riss vom nächsten Gartenzaun einen Pfahl aus und schwang sich hinüber. Aber die Kirchtüre war und blieb verschlossen. Sonst öffnete sie sich ihm allemal von selbst. St. Luitpert ging wieder zurück, steckte seinen geraubten Pfahl in sein Loch. Jetzt öffnete sich ihm die Kirchtüre.
[Gewöhnlicher ist der Name »Luib«. Früher fanden große Wallfahrten nach Ennentach statt. Dass Prozessionen stattfanden, findet man in Aulendorfer Hexenproceßakten. In Fulgenstadt steht St. Luib zu Ehren noch ein Bildstöcklein. – Von St. Ulrich erzählt eine Legende, er habe sich verspätet, einen Grenzpfahl ausgezogen als Stütze über die Gräben. Da schweigt das Heimatglöcklein und läutet erst wieder, nachdem er den Pfahl an Ort und Stelle tat. Mittermeier S. 129.]
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 411-413, Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004569555
Das fromme Bäuerlein
Im Buche »Simplicium leges«, d.i. Christliche und unfehlbare Bauernregeln von Francisko Antonio Oberleitner. Augsburg 1732. I. Thl. S. 32, heißt es:
»In der Hochgräflichen Herrschaft von Scheer lebte ein Bauer, den man wegen seiner Frömmkeit nur das fromme Bäuerlein nannte. Dieser gelangte mit seiner Gottesfurcht, Andacht und sonderbarer Liebe zu Gott zu großer Vollkommenheit; wiewohl er den Tag hindurch hart arbeitete, stand er dennoch des Nachts auf und ging auch in harter Winterszeit eine Stunde weit in eine gewisse Kirchen, deren Tür von selbst aufging. In dieser Kirchen ist ihm oft Christus in Gestalt eines Hirten, seine liebe Mutter Maria, und der heilige Bauer Isidor erschienen, und ihn getröstet; in seinem Stall betrachtete er ganz anmütig den bethlehemitischen Stall und das darin vollbrachte große Geheimnis, und weilen ein Öchslein bei der Geburt Christi zugegen war, so liebte er vor allen Tieren ein Öchslein, welches er dessentwegen wohlhielt aber nicht ohne Vergeltung, dann als er eraltet und sterben sollte, ließe Gott zu, wie einst gegen Balaam geredet ein Esel, also da redete dieses Öchslein mit deutlicher Sprache, und sagte ihm an den Tag seines Todes. Der Bauer glaubte diesem Wunder, geht frisch und gesund in bemelte Kirchen, beichtet, lasset sich versehen, geht nach Haus, legt sich nieder, begehrt ein brennendes Licht und Kreuz, betet mit großer Inbrunst das heilige Vater unser, Ave Maria und glauben, stirbt hierauf sanft, als schlafe er ein. – Seinen Leib hat man auf ein Gefährt gelegt, und dieses Wunder redende Öchslein daran gespannt, alldorten begraben, wo es auf Befehl Gottes von sich selbst still gestanden, wo dieser Leichnam noch ruht, und in großer Ehr gehalten und besucht wird, auch nicht wenig Gnaden und Guttaten durch Verdienst und Fürbitten dieses frommen Bäuerleins erlangt werden.« Vgl. »Luitbertus«, oder das Bäuerlein von Fulgenstadt. Eine oberschwäb. Legende in sechs Liedern von Hermann Knapp. Sigmaringen, Tappen.
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 413-414, Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004569563
Volksglaube, Wetter und Gestirne
Abergläubische Bräuche
In der Gegend von Saulgau werden am Karfreitag-Abend den männlichen Hausbewohnern rohe, hart oder weich gesottene Eier gegeben, eins oder zwei, je nachdem die Anzahl der Eier ist, die an diesem Tage gelegt wurden. Jede männliche Person nun, die von diesen Eiern gegessen hat, »überlupft« sich im Laufe des Jahres nicht, d.i. sie bekommt durch Tragen, Heben, Lupfen etc. keinen Leibschaden. – Wirft man in andern Gegenden, z.B. in Weingarten, ein Karfreitags-Ei in ein in Flammen stehendes Gebäude, so greift das Feuer nicht weiter um sich.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 442-443. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004578422
Anmerkung: Das „Überlupfen“ ergibt als „Leibschaden“ bei Männern in der Regel einen Leistenbruch.
Andreasnacht
In der Ravensburger und Saulgauer Gegend bis gegen den See hinauf wird in der St. Andreasnacht Blei gegossen und nackt die Stube ausgekehrt. Den Stubenteil, wo das Kruzifix hängt, muss man immer im Rücken haben. Mit dem linken Fuß muss man zuerst in’s Bett, aber ohne Weihwasser. Um 12 Uhr soll man zum Fenster hinaus schauen und einen Apfel essen.
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 341, Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004568753
Schluckauf vetreiben
Hat jemand in der Gegend von Saulgau den »Häcker«, so spricht er dreimal, ohne abzusetzen:
Häcker, spring über die Aecker,
Spring über d’Rain
Und jag die alte Weiber heim.
Quelle:Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 481-482. Permalink:http://www.zeno.org/nid/20004571819
Brauchtum
An Weihnachten
… gibt’s in der Gegend von Saulgau Weiß- und Birnbrod; letzteres ist aus Weißmehl, gedörrten Birnen und verschiedenem Gewürz gebacken. Jeder Hausangehörige, namentlich die Dienstboten, erhält einen Laib von fünf bis sechs Pfund und mag mit ihm beginnen was er will. Alle Feiertage über liegt aber außerdem das Weißbrot zur Genüge für Jedermann in der Tischlade.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 7-8. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573625
Das Bechtelefest
Beschreibung des Bechtles, welches in Saulgau als Schülerfest mehr als hundert Jahre gefeiert wurde am Dienstag vor der Fasnacht.
Alle Schüler und Schülerinnen in allen drei Klassen freuten sich schon sechs Wochen vorher auf das Bechtle, und wetteiferten in allen Lehrfächern, insbesondere im Schönschreiben, aufeinander. Zwei Tage vor dem Bechtle wurden die sog. Bechtlesschriften geschrieben. Der oder die Schülerin, welcher oder welche die schönste Schrift dem Lehrer übergab, wurde Erste, die zweitschönste Zweite, die drittschönste der oder die Dritte, und so ging die Reihenfolge abwärts bis auf den letzten Schüler in jeder Klasse.
Am Vortage des Bechtles wurde gestochen, d.h. der Lehrer liest die Schüler nach der Schönheit ihrer Schriften herab und sagt z.B.: Joseph Fetscher ist der Erste, oder Johanna Kleist ist die Erste, und so wurden alle Schüler und Schülerinnen vom Lehrer abgelesen, was für die Vordersten Freuden, für die Letzten Trauer, ja sogar Weinen hervorbrachte, da die Leztern von allen andern Schülern ausgelacht und dieselben mit dem Namen Sau, Sau, oder Huitz, Huitz betitelt wurden. Dieses Stechen war bei dem Umzug des Bechtles die Locationsbestimmung, wo jeder Schüler zu laufen hat. Am Tage vorher hat jeder Schüler für die Musik beim Umzug des Bechtles 1 kr. dem Lehrer in die Schule zu bringen, einige brachten 3, 6, 12-24 kr., je nachdem die Vermögensumstände der Eltern es gestatteten. Am Tage des Bechtles mussten sich alle Schüler in ihren Schulen um 7 ½Uhr versammeln, und jeder Lehrer zog mit seiner Klasse um 8 Uhr in der Reihenfolge, wie sie nach ihren Schriften locirt waren, in die Kirche, in welcher ein Amt gehalten wurde. Nach der Kirche gingen die Kinder nach Hause. Mittags 11 ½ Uhr versammelten sie sich wieder in ihren Schulen; die Knaben erschienen mit Säbel und Patrontaschen. Am Säbelgriff waren die schönsten Bänder, die man aufbringen konnte, angebracht. Die Mädchen erschienen in ihren Feiertagskleidern. Schlag 12 Uhr wurde der Zug von jeder Schule mit Musik in Bewegung gesetzt, und es versammelten sich alle Schulen mit ihren Lehrern im Oberamtshof. In diesem Hof wurden sie aufgestellt, und zwar: erste Klasse zuerst, dann die zweite und zuletzt die dritte. Vor der ersten Klasse an der Spitze des Zuges war die Musik mit einem Tambour und einem Schwebelpfeifer. Nach diesen folgte die Instrumentalmusik, welche abwechselnd spielten. Um halb 1 Uhr wurde der Zug vom Oberlehrer zum Abmarsch und zum Auszug der Säbel, welche die Knaben hatten, kommandiert, und der Zug marschierte so, dass der erste Schüler vor der Front mit einem Offizierssäbel voranlief, dann folgte der Fähndrich, welcher der Zweite beim Stechen wurde, welcher vom Dritten und Vierten umgeben ist. Nach den Knaben folgten die Mädchen; die drei Ersten trugen einen Schild, die Erste in der Mitte, die Zweite rechts und die Dritte links an der Seite der Ersten. Der Schild der Mädchen war auch mit den schönsten Bändern geziert und in der Mitte ein Sittenspruch mit großen Lettern angebracht, z.B.:
Die Zierde der Jugend
Ist Unschuld und Tugend.
So ist es mit allen Klassen, nur haben die Knaben in jeder Klasse in der zweiten Abteilung einen Fähndrich und die Mädchen in dieser Abteilung auch einen Schild. Der Umzug ging vom Oberamteihof in Bewegung, und jeder Lehrer war von seiner Klasse der Zugführer. Der Zug reihte an der Mauer des Oberamteigartens hinauf, dann tritt er am Bache in der Unterstadt auf die Hauptstraße. Sofort ging er bis zum Franziskanerkloster, jetzt Spital. Wie man den Klosterhof erreichte, so wurde das Gartentor des Klostergartens bei der Post geöffnet, und der Zug ging um das Kloster herum und bei dem obern Tore des Gartens wieder hinaus, und so zog man wieder die Hauptstraße zurück und ging in die Wirtshäuser, die dazu bestellt wurden, und zwar Knaben alle in eines, wo ihnen Trommelschläger und Schwebelpfeifer zur Tanzmusik bestimmt waren. Auch die Mädchen sind in ein besonderes Wirtshaus beordert worden, wo sie mit Geigen und Klarinett Musik zu ihrem Tanze hatten. In diesen Wirtshäusern war die Freude der Schüler wie der Eltern, welche zu ihren Kindern in die Wirtshäuser kamen, ungemein groß. Sie tranken Bier und Wein, aßen Bratwürste, Brates, Käs, und die Vermöglichen ließen sich zum Weine Confekt auftragen, dann wurde getanzt, und so ging es mit Essen, Trinken und Tanzen fort bis Abends 6 oder halb 7 Uhr. Dann befiehlt der Lehrer den Schülern, dass sie jetzt nach Hause zu gehen haben; und Kinder und Eltern folgten pünktlich, und das Bechtle ist aus. Für’s Ordnunghalten musste der Wirt die Lehrer unentgeltlich gastieren, welches schon von Alters her gebräuchlich war. Die Gastierung bestand in Wein und Brates und Salat. Dies ist das Ende vom Bechtle.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 277-280. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004576756
Anmerkung: Seit dem 19.Jahrhundert wird das Bächtelefest im Sommer gefeiert – es ist jedoch (wie ehedem) ein Fest der Kinder. Bechtelinstag ist der 2.Januar. Am Beginn des 16.Jahrhinderts wurde auch noch an diesem Tag gefeiert. Nach dem 30-jährigen Krieg wurde das Fest auf den Gregoritag (12.März) verlegt. Gregor ist der Schutzptron der Kinder. (Siehe auch Gregorifest)
Das Dårausschreien
Seit alter Zeit ist in Saulgau am Fastnachtsonntag die Sitte, dass nach der Vesper die Kinder, alles was laufen kann, Buben und Mädchen, in einem Haufen in der Stadt herumziehen und rufen:
Dåraus, dåraus,
Dåraus, dåraus,
Dôtnaus, dôtnaus!
Von allen Fenstern kommen Äpfel, Birnen und Nüsse heraus, oft ganze Zainen (=Körbe) voll. Die Kinder fielen übereinander her, und das machte Freude. Ein Fastnachtnarr begleitete sie gewöhnlich, half ihnen das Obst sammeln in einen großen Sack und teilte es unter sie wieder aus. Vor paar Jahren war es der Glaser Fuchs, früher der Sattler Mattheiß.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 34. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004574001
Das Gregorifest
Das älteste Schülerfest in Saulgau, das sog. Gregorifest (12. März), ist vielleicht schon vor der Pest und vor dem Schwedenkrieg eingeführt worden. Die Hauptsache bei diesem Feste war ein feierlicher Gottesdienst und Beschenkung der Lehrer durch die Kinder und Erfreuung der Schulkinder durch die Lehrer.
Am Gregoritag gibt die Rheinfeldner Stadtschule dem Lehrer Trinkgelder; in Klingnau gehen die Schülerknaben zum Opfer. – Gregörlen heißt im argauischen Frikthal = zechen, sich erlustigen.
Quelle:Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 281-284. Permalink:http://www.zeno.org/nid/20004576772
Der Adamsbaum (Ademebõm)
Seit uralten Zeiten ist in Saulgau die Sitte des Adamsbaumes. Dieser Brauch war ursprünglich nur den jungen, verheirateten Mitgliedern des Brennfähnleins, d.h. der Rottenmannschaft, eigen. In dem Wirtshaus des Brennfähnleins kam man am Sonntag nach Lichtmess zusammen – alles, was zum Brennfähnlein gehörte. Alte Mitglieder schieden aus, junge, neu verheiratete traten ein. Man beriet den Umzug des Adamsbaums und wählte diejenigen, die etwas Besonderes dabei zu tun hatten, so den Pfeifer, den Trommler, den Laternenknecht, den Adamsbaumträger. Der Zug begann von diesem Wirtshaus aus unter ungeheurem Menschenzulauf. Vorne draus einer mit dem Besen, der Weg machte und die Zudringenden abhielt. Nach ihm kam der Laternenträger mit einer Gabel, an der die Laterne oben hing. Nach diesem kam ein Trommler mit einem Kübel und zwei eichenen Scheitern; ein Pfeifer, dessen Instrument ein rohes, durchbohrtes Holz war. In der Mitte ging einer, von unten bis oben in Schafspelzen eingemacht. Dieser wurde durchs Los gewählt. Er trug ein mäßiges Bäumlein, woran lauter Äpfel und sonstige essige (essbare) Ding steckten. Die Sachen wurden an die zugespitzten und abgeschälten Ästchen angespießt. Bei diesem war ein Fahnenträger und hinter ihnen die übrige Mannschaft des Brennfähnleins in ihrer gewöhnlichen Kleidung. Der Zug ging durch die ganze Stadt unter furchtbarem Schreien und Singen von folgenden Versen:
Adem dëer håt sibo Sё,
Sibo Sё håt Adem,
Altẽ Weiber und Ente
Schnâdret über de See
Und wãmmes will vertrë ke,
So sind se nëene mê.
Dreimal ging’s um jeden Brunnen, um den oberen, unteren Stadtbrunnen etc. Angekommen wieder bei der Herberge des Brennfähnleins, blieb der ganze Zug stehen, und alle schrien, zum Zug und nicht zum Zug gehörig, dass man es bis nach Bonndorf und Moosheim hörte, immer die nämlichen, oben angeführten Reime. Plötzlich warf man den Adamsbaum in die Jugend hinein, die darüber herfiel und sich darum schlug, dass es ergötzlich anzusehen war. Die Sitte des Adamsbaumes ist jetzt noch nicht erloschen.
Zur Sitte des Adamsbaumes kann verglichen werden Grimm, Myth. 728.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 50-51. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004574109
Das Bräutigambaden am Fastnachtsonntag in Fulgenstadt
Dort wurden noch vor ungefähr 50 Jahren alle diejenigen Männer, die das Jahr zuvor Hochzeit hatten, in dem angeschwellten Dorfbache gebadet, wenn sie’s nicht vorzogen, eine festgesetzte Geldbuße zu erlegen. Das ging nun so zu: Das Wasser des Dorfbaches wurde dergestalt angestauet, dass es eine Tiefe von vier bis fünf Fuß erhielt. Sämtliche ledigen Bursche spielten unter ihrer Gesamtheit vier aus, die das Baden besorgen mussten. Diese stellten sich nun am Nachmittage zur festgesetzten Stunde am Bache auf. Der älteste Bräutigam wurde alsdann mit Musik abgeholt. Er erschien entweder als Maske verkleidet, oder auch in seinen Sonntags- oder Werktagskleidern. Die Menge der Zuschauer war natürlich stets groß. Kam der sog. Bräutigam an das Wasser, so begaben sich die vier Bursche in dasselbe und mussten die Befehle des Bräutigams pünktlich ausführen. Hernach wurde von den vier ledigen Burschen drei Mal die Frage an ihn gestellt, ob er Wasser oder Wein wolle. Die dritte Antwort entschied über sein Schicksal. Sagte er Wasser, so wurde er in den Bach hineingezogen und brav untergetaucht, je nach dem Grade, wie er die Bursche mit seinen ausgeteilten Befehlen geneckt hatte. Sagte er aber Wein, so hatte er sogleich einen Kronenthaler zu hinterlegen. So wurden nach und nach alle Ehemänner, die im Verlaufe des letzten Jahres Hochzeit gehabt hatten, abgeholt und mit jedem auf gleiche Weise verfahren. Nachher ging’s in’s Wirtshaus, wo in erster Linie das hinterlegte Geld verzehrt wurde. Alles war da heiter und guter Dinge.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 48-49. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004574087
Das Mailamm
Der Bürgermeister von Saulgau hatte von dem einige Stunden entfernten ehedem salemitischen Hofe Bachhaupten alljährlich ein sog. Mailamm zu erheben. Am 1. Mai wurde der Stadtdiener zu Pferd nach Bachhaupten abgeschickt; der musste vor Sonnenaufgang an Ort und Stelle sein, einen Pistol losschießen und 15 Pfennige (3 Kreuzer 6 Heller) gleichen Schlages erlegen, worauf ihm das Lamm verabfolgt (=übergeben) wurde. Der Stadtdiener nahm das Lamm zu sich auf den Gaul und ritt heim, wo ihn schon beim jetzigen Süßemer Weg alles erwartete; für Kinder war dieser Ritt besonders interessant. Es galt strenge »Beobachtung aller altherkömmlichen Formalitäten hinsichtlich der Zeit, des Ortes und des Empfängers und der von Letzterem zu reichenden Gegenreichnis, der bestimmten Zahl und Qualität von Pfennigen.« Um Unordnungen in Abholung des Lammes vorzubeugen, indem der abgeschickte Rats- oder Kanzleidiener schon für ein Trinkgeld durch des Hofbauern Knecht das Lamm hereinbringen ließ, beschloss die Behörde in Ostrach (das Turn und Taxi’sche Rentamt), dass »der Kastenknecht Joseph Frick von hier am 1. Mai des Jahrs Morgens um 4 Uhr mit einem wohlgewachsenen heurigen Lamm zu Bachhaupten im Wirtshause eintreffen wird, wo derselbe gegen Ausstellung eines Scheines, dem dahin zum Abholen dieses Lammes abgeschickten Ratsdiener zu übergeben hat. Ein Wohllöblicher Stadtrat wird daher ersucht, den besagten Ratsdiener gefälligst aufgeben zu wollen, dass derselbe an diesem Tag gleichfalls Morgens um 4 Uhr sich in Bachhaupten einfinden, daselbst im Hofe nach dem uralten Herkommen einen Pistolenschuss tun und den Kastenknecht gegen das Lamm 15 Pfennige eines Schlages wie bisher übergeben solle.« Ostrach 1824, 3. April.
In einem hochfürstlichen Erlass Ostrach 1821, 26. Aug., Abschrift aus einer hochfürstlich Buchauischen Decretur vom 6. Mai 1805 heißt es: »dass, wenn gleich dermalen keine herrschaftliche Schäferey in Bachhaupten ist, deswegen die gedachte, auf einem unwidersprechlichen Herkommen und einem unfürdenklichen Besitzstande beruhende Abgabe eines Landes aufgekündet, oder versagt werden könnte.« Von diesem Herkommen sprechen die Akten wohl, aber keine enthält Aufschluss über den Ursprung des »Mailamms«. Ein Aktenstück liegt in dem Faszikel (=Beiakte) vom Kloster Salem, wohin eigentlich die Sache gehören musste, vom Jahr 1804. Es ist gerichtet an den Saulgauer Stadtmagistrat, der angefragt wird, wie es denn sich mit dem Ursprung des »Mailammes« verhalte und lautet: »Nach Empfang der verehrlichen Zuschrift vom 4ten d., die bisher gewöhnliche Abreichung eines Mailammes von Bachhaupten betreffend, wurde sogleich über diesen Gegenstand in dem Repertorio des hiesigen Archives genau nachgesucht, hierin aber ebenso wenig als in den nachgeschlagenen Vertragsbüchern von dem ursprünglichen Grunde dieser Abreichung etwas vorgefunden; die Ostrachischen Documente und Akte hingegen sind bei der vergangenen Veränderung dahin instradirt worden.« Salem, 14. Jul. 1804. (instradieren = den Weg weisen, auf die rechte Bahn bringen)
Interessant für »unsern Rechtsbrauch vom Mailamm« dürfte ein Brief sein vom Jahr 1700 (gleichfalls bei den Akten), den Frantz Antoni Jäger, Amtsbürgermeister in Saulgau, an den »Wohl Edlen Vesten vndt Rechtsgelehrten herrn Johann Martin Reinhardt deß hochlöblichen freyen Römisch. Reichs Stüft vnd Münsters Salmanschweyl. Wohlmeritirenden hoffmaister zue Bachhaupten etc.« geschrieben. Er lautet: »Wohl Edler Vester vndt Rechtsgelehrter insonders hochgeehrtister Herr etc. Es ist von Selbsten bewust, daz man nach alter Observanz alljährlich auf den 1. Maytag wegen deß hochlöbl. heyl. Röm. Reichs Stüfts vndt Münsters Salmanschweyl von bachhaupten Ein Maylamb sambt Einem Khösß hiehero zu lüfern schuldig etc. Zue disem Ende dann vnd zue dero Abhollung Vberbringung disß gegen den Empfangenden gebühr abgeschickht worden etc.« Saulgau, 30. April 1700. Revers: »Diß begehren ist mit außuolgung des Lambs allein: Vom Käß aber: weilen die hoffmeisterey Keinen schuldig, nichts vberschickt worden worden, ferners von Ihme Ambtsburgermeister Kein meldung desßen mehr beschehen.«
Das Mailamm wollte man wiederholt ablösen; Saulgau verlangte 100 fl. (=Gulden), Ostrach bot 70. Es zerschlug sich alles, bis ein Gesetz vom 27. Aug. 1848, Verordnungs- und Anzeigeblatt von Hohenzollern-Sigmaringen Nr. 35. S. 316. § 1c. alle derlei Mai-und Martinssteuern aufhob.
Auszug aus der Saulg. Stadtregistratur Kast. 4. Fach 1. Fascikel 11. Maylamm.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 179-182. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004575431
Der Eierritt und das Eierlesen in Haid bei Saulgau
Dasselbe fand zur Osternzeit an einem Sonn- oder Feiertage statt. Zuvor wurde von ledigen Burschen ausgemacht, wer die beiden Reiter sein sollten; der eine musste die Eier auflesen und der andere während dieser Zeit nach Saulgau reiten. Ungefähr hundert Pfähle wurden längs der Straße vom Wirtshause an in gehöriger Entfernung in den Boden geschlagen. Sie mussten so hoch sein, dass der Reiter das Ei bequem langen konnte. Der Kopf jeden Pfahles war mit einem Kranz von Blumen verziert, den die ledigen Mädchen besorgten.
Nach dem Mittagessen ging das Fest erst an, wozu sich alle Einwohner des Orts und viele Auswärtige einfanden. Alles versammelte sich zur festgesetzten Stunde vor dem Wirtshause. Die beiden Reiter tanzten hier im Hofe mit schon vorher hiezu bezeichneten Mädchen die sog. »Vortänze«. Jeder Reiter hatte eine weiße Hose an, kein Wamms über sein weißes Hemd, aber schöne rote Hosenträger; beide Aermel waren mit Bändern verziert, um den Leib trug er eine Schärpe und auf dem Kopfe ein rotes Käppchen. Die mitspielenden Mädchen mussten weiße Schürzen haben, einen Kranz auf dem Kopfe und einen Strauß in der Hand.
Nach dem Vortanz begann der Eierritt. Der eine Reiter ritt Saulgau zu und musste bei seiner Rückkehr vom Bären ein gewisses Brod zum Wahrzeichen mitbringen. Der andere Reiter begann zu gleicher Zeit seinen Eierritt, d.i. er musste jedes auf dem Pfahle liegende Ei einzeln auf seinem Pferde abholen; zuerst das äußerste und so fort, und in eine Wanne werfen, die halb mit Spreu angefüllt war. Der Wannenheber musste sich beim ersten Pfahle nächst des Wirtshauses aufstellen und das ihm zugeworfene Ei auffassen und nachher in eine neben ihm stehende Schüssel legen. Er konnte dem Reiter seine Arbeit wesentlich erleichtern oder erschweren; denn ein geschicktes Auffassen verkürzte dem Eierleser den Weg. Beim ganzen Geschäft sollten aber nur wenige Eier zerbrochen werden. Das letzte Ei wurde irgend einer Person auf den Kopf geworfen, was ein allgemeines Gelächter verursachte.
Bei jedem Pfahl stund ein Mädchen, das auf die vorhin beschriebene Art gekleidet war. Da es aber auf der Haid nie so viel Mädchen gab, als Pfähle dastunden, so rückten sie eben mit dem Reiter nach und nach vor. Die Eier brachten die mitspielenden Mädchen mit.
Wäre der Eierreiter nicht vor der Rückkehr seines Kameraden fertig geworden, dann wäre die Würze des Festes verloren gegangen. Darum trat auch dieser Fall hier nie ein. War der Eierreiter mit dem Einsammeln der Eier fertig, so setzte sich der ganze Menschenschwarm in Bewegung und ordnete sich zum Zuge, um den rückkehrenden Reiter abzuholen. Voran trug ein Knabe und ein Mädchen die Fahne, an der ein Westenzeug und ein Nastuch hing. Das waren Gaben von den Wirtsleuten, den beiden Reitern bestimmt. Die Mädchen suchten nun auf diesem Hin- und Herwege ihre Sträuße an den Mann zu bringen. Nahm ein Jüngling den dargebotenen Strauß an, so war dies ein Zeichen, dass er seine Geberin zur Tänzerin für diesen Abend auserkoren hatte; sie war noch außerdem zechfrei. Brachte ein Mädchen ihren Strauß nicht an den Mann, so wurde es zu seinem größten Aerger der Gegenstand des Gespöttes der ganzen Menge und konnte auf Zechfreiheit keinen Anspruch machen. Kam nun der Zug wieder beim Wirtshause an, so erhielten die beiden Reiter ihre Belohnung und hatten das Recht der Vortänze, die auch gleich getanzt wurden; hernach tanzten die ledigen Bursche, die Sträuße angenommen hatten. Später konnte tanzen, wer wollte.
Im Wirtshause nahmen die beiden Reiter mit ihren Tänzerinnen, und die Mädchen, welche beim Spiele mitmachten und ihre Sträuße anbrachten, mit ihren Tänzern an einem besondern Tische Platz. Die übrig gebliebenen Eier wurden von der Wirtin unentgeltlich für diese Gesellschaft eingeschlagen.
Ein solcher Tag war ein Freudentag für den ganzen Ort, der aber schon viele Jahre nicht mehr wiederkehrte. – Das Eierlesen hat fast die gleiche Bewandtniß mit dem in andern Gegenden, nur dass dort das Reiten wegfällt. Ein Mädchen liest die Eier von den Pfählen, die natürlich in diesem Falle nicht so hoch sind, auf, und ein lediger Bursche springt unterdessen in einen vorher dazu bestimmten benachbarten Ort.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 86-88. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004574583
Der Klos (Klåess)
Am Vorabend des heiligen Nikolaustags verkleidet sich in der Saulgauer Umgegend ein erwachsener lediger Mann so, dass er unkenntlich wird. Er wirft z.B. über seinen Körper eine Ochsenhaut oder einen alten schwarzen Mantel, und auf dem Kopfe hat er einen alten schwarzen Hut, mit Rosshaaren gebrämt, oder einen Hasenbalg, auch Stroh oder Werg. Ferner ist er mit einer Schelle und Rute ausgerüstet und beginnt nun im Orte die Runde: zeigt seine Ankunft durch Schellen an, an den einzelnen Häusern aber auch noch durch Klopfen an den Läden, die an diesem Abend überall verschlossen sind. Der Butz geht in der Regel nur vor solche Häuser, worin Kinder sind, und auch da wird er nicht überall eingelassen. Wo letzteres geschieht, müssen ihm die Kinder einzeln aufsagen, wie z.B. Gebete, die größeren den Katechismus. Wird hierin in etwas gefehlt oder gestottert, so folgt die Züchtigung mit der Rute. Nach Beendigung der Lektion werden vom Klosen Äpfel und Nüsse etc. auf den Tisch geworfen, die aber von den Kindern nicht leicht zu bekommen sind, da ihnen auf die Finger geklopft wird, wenn sie ihre Hände nach der Gabe ausstrecken. – Kommt ein Klos mit Bocksfüßen, was früher hie und da der Fall gewesen sei, so ist das der rechte Klos, nämlich der Teufel selbst, der öfters Kinder mit sich fortnahm.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 1-2. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573463
Die drei Könige in Saulgau
Nach Saulgau herein kamen vor alter Zeit aus den umliegenden Ortschaften Buben und machten die heiligen Könige mit dem Stern und sangen dazu vor den Häusern das bekannte: »Wir kommen daher aus aller Gefahr etc.« Die Saulgauer Jugend selber nahm keinen Anteil an dieser Sitte: höchstens ging der eine oder der andere der Buben mit herum als Aushelfer und Geldeinsammler.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 14. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573757
Die Schlachtete oder die Megsete bei Saulgau
In dieser Gegend wird beinahe in jedem Hause ein fettes Schwein gemetzget; größere Bauern schlachten deren oft sechs und noch dazu einen Hagen, der nicht selten tausend Pfund wiegt. An dem Tage, an welchem gemetzget wird, bringt man dem Herren und dem Lehrer die Schlachtete mit den Worten: »Vater und Mutter lassen euch schön grüßen, und da hab‘ ich nur wenig eine Schlachtete« (oder auch Megsete). Diese besteht beim Schweinefleisch in einem großen Stück Braten (fast lauter Speck) und in Rippen, manchmal als Zugabe auch noch in Blut- und Leberwürsten. Beim Rindfleisch wiederum in einem großen Stück Fleisch ohne Bein, Stücke von den verschiedenen Eingeweiden, als: Lungen, Nieren, Herz etc. Der Überbringer der Megsete wird regelmäßig mit einem Trinkgeld bedacht. Bei größern Bauern hat man in dieser Gegend jeden Mittag, mit Ausnahme der Fasttage, Fleisch.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 439-440. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004578333
Gumpiger Dunschtig
Am »gumpigen Donnerstag« suchen die ledigen Leute in der Gegend von Saulgau vormittags Fleischtöpfe mit Fleisch wegzupraktiziren, wo es nur immer angeht; oft nehmen sie auch blos das Fleisch. Solches wird nun mit der größten Freude von den ledigen Burschen verzehrt, der Hafen wieder unvermerkt an seinen alten Platz gestellt. Kann solches heimlicherweise nicht geschehen, so wird das Gefäß nachts, wenn es nur irgend einen Wert hat, vor das betreffende Haus gesetzt. Den Eigentümern fällt es nicht ein, sich zu beklagen oder gar zu klagen. – Manchmal geschieht’s auch, dass der betreffende Bursche noch zeitig genug gesehen wird, dann sucht man ihm das Fleisch abzujagen, was aber sehr selten gelingt.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 21-22. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573897
In Beizkofen
… (O.A. Saulgau) pflegen die Leute während der heiligen Nacht zu Weihnachten bei einer Jerichorose drei Rosenkränze zu beten; den ersten sitzend oder liegend, den zweiten stehend, den dritten um den Tisch gehend.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 11. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573668
Johannisfeuer
In Saulgau und der Umgegend werden die Johannisfeuer acht Tage vor und nach Jakobi (25 Juli) gehalten. Die ledigen Burschen gehen herum und sammeln Holz ein, machen dann Abends im Freien ein großes Feuer und springen darüber.
Quelle: Ernst Heinrich Meier: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, Stuttgart 1852, Band 3, Nr. 113, Link: https://books.google.de/books?id=i1sKAAAAIAAJ
Palmen
Der Palmen wird in der Gegend von Saulgau, wie überhaupt im Oberland auf mehr oder weniger künstliche Weise gemacht. Wer den schönsten Palmen hat, rechnet sich solches zur großen Ehre an. Ist der Palmen geweiht und bringt der Träger denselben nach Hause, das ein werktagsschulpflichtiger Knabe ist, so geht er mit dem Palmen drei mal um das Haus herum und betet bei jedem Gange ein Vaterunser. Der Palmen ist zusammengesetzt aus Bux, Seven, Wachholder, Weißtannen Reis, Kreuzlein von Holder, Äpfel, vergoldeten Eiformen und Nüssen. Die Äpfel werden nunmehr von der ganzen Haushaltung verzehrt. Dann wird der Palmen an die Stall- oder Haustüre oder an’s Scheuertor genagelt und verbleibt daselbst, bis er herunterfällt. – Kommt im Sommer ein Gewitter, so wird etwas vom Palmen oder der Weihbuschel im Feuer verbrannt, damit das Wetter nicht in das Haus schlägt.
In der Gegend von Gmünd heißt der Palmen Palmbesen, weil er wie ein Besen aussieht und auch ebenso an einen Stiel gesteckt wird. Er ist aus so viel kleinen Palmen zusammengebunden, als man Gelasse im Haus und in der Scheuer hat. Zu jedem Büschelchen nimmt man einen Palmzweig, ein Reislein Seve und Bux und er wird zusammengebunden mit einem Faden. Der Palmzweig ist von einer gelbblühenden Weidenart. Ist der Palmbesen geweiht und nach Hause gebracht, so werden die einzelnen Büschelchen in alle Gelasse verteilt. In der Stube, Kammer etc. wird der kleine Palmen hinter das Kruzifix gesteckt. Solches tut der Hausvater immer selbst.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 73-74. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004574338
Palmtag in Saulgau
Da wo jetzt des Oberamtspflegers Haus ist, stand ehedem eine Kapelle, die »Ablösung« genannt. In dieser Kapelle befand sich der Palmesel aus Holz, mit Christus dem Herrn darauf; der Esel war auf einem Gestell, eine Art Wägelchen mit Rädern. Des Samstags vor dem Palmsonntag holten etwa 8 bis 10 Schulerbuben den Palmesel ab mit den Lehrern. Er wurde in die Stadtkirche gezogen und blieb da stehen. Am Palmsonntag fand große Prozession statt um die Kirche; vor dem Kornhaus auf dem Platze musste sich der Pfarrer niederlegen und ein anderer Geistlicher bestrich ihn mit einer Sevenbaumrute. Der Palmesel, nicht aber das Gestell ist noch in der Kirche oberhalb der Sakristei.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 73. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000457432X
St. Nikolausabend in Saulgau
Der St. Nikolausabend wurde früher großartig gefeiert. In der Kreuzkapelle sammelte sich ein großer Haufe junger Leute; aus ihnen wurden drei auserlesen, von denen der eine den Bischof und zwei andere seine Diener machen sollten. Der Bischof war schön angekleidet, mit Rauchmantel und der Bischofsmütze. Die zwei Diener belohnten oder bestraften, je nachdem die Kinder ihre Katechismusfragen und Gebetlein konnten oder nicht. Wenn der Zug von der Kreuzkapelle herein war, ging’s in diejenigen Häuser, wohin St. Nikolaus bestellt war.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 2. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573471
Zimmermannsspruch
Wird in der Gegend von Saulgau ein Haus aufgerichtet, so läßt der Bauherr vorerst eine heilige Messe lesen, bei der alle Handwerksleute erscheinen, auf dass die ganze Arbeit ohne einen Unglücksfall vorüber gehen möge. – Die Nachbarsleute bringen der Frau des Bauherrn Küchlein und geräuchertes Schweinefleisch. Die Handwerksleute und Diejenigen, welche beim Aufrichten sonst noch aus Gefälligkeit mithelfen, haben den ganzen Tag zu essen und zu trinken genug. Steht der Bau mit Gottes Hülfe aufgerichtet da, alsdann hält einer der Zimmergesellen einen Spruch. Auf den Giebel des Hauses wird ein Maien aufgesteckt, an dem viele Bänder hängen und zwei Nastücher. Mit dem Sprecher steigt noch ein anderer Geselle mit einer Maß Wein und drei Weingläschen den Bau hinauf, der den Kellner und auch den Soufleur, wenn’s nötig ist, macht; er hat den Spruch geschrieben in der Hand. Derselbe lautet so:
Ich steig hinauf in Gottes Namen,
Wo Spitz und Knopf geht zusammen,
Ich steig hinauf auf Jesus Christ,
Der unser bester Helfer ist.
Nun meine Herren, ihr müsst aber nicht lachen,
Wenn ich sollte meinen Spruch nicht recht durchmachen;
Denn als ich gestern Abends hab‘ studiert,
So hat mich eine schöne Jungfer verführt;
So ließ ich alsbald das Studieren sein
Und ging mit meiner Jungfer in die Kammer hinein.
Als ich bin nun die ganze Nacht gesessen,
Mein Studieren gar und ganz vergessen,
So ließ ich alsbald mein Studieren sein
Und mach mich ganz gut zur Jungfer hinein.
Sollt ich meinen Spruch nicht recht fortbringen,
So werden sich Meister samt Gesellen schämen.
(Der Sprecher hat jetzt einen Maien in der rechten Hand.)
Hoch- und wohlansehlicher, hoch- und wohlbedachtsamer Umstand! Unter andern Handwerkern, die Gottes Weisheit und die Menschheit verordnet hat, ist nicht blos das geringste das Zimmerhandwerk anzusehen; denn Gott der Herr selbst in der heiligen Schrift führt den Namen eines Bauherrn, auch die Altväter hatten sich vor Zeiten guten Teils in dieser Wissenschaft begabt. Sie lasen in dem Buche Moses und in andern Schriftstellungen ist klärlich zu ersehen: Noah baute eine Arche, die war dreihundert Ellen lang, fünfzig breit und dreißig hoch, seine Nachkommen erbauten den babylonischen Turm, Moses die Stiftshütte, der König Salomon den Tempel zu Jerusalem, die Altväter Abraham, Isaak und Jakob hatten sich selbst Hütten gebaut, darin zu wohnen. Auch die beiden Profeten Isaias und Aaron hatten gute Wissenschaft in allerlei Gebäude. Dazu wird aber ein guter Verstand erfordert, einen Bau wohl aufzurichten, den Grund zu legen und abzumessen, und alle Stücke der Gemächer schicklich abzuteilen, das gute Holz zu behauen und alles ordentlich ineinander zu fugen. In Ansehung dessen verglich Gott der Herr seine Gemeinde und seine kirchliche Lehre zu einem Hause; das unbehauene Holz dabei sind wir Menschen, die wir durch die Sünde sehr verharrt; der Zimmermann ist Gott, der heilige Geist aber belohnt und straft die Welt um Sündenwillen und macht aus wilden zahme Bäume; das Werkzeug ist Gottes Wort. Das ist wie ein Hammer oder ein Beil, wo man Felsen zerschmettern kann, und wie ein zweischneidiges Schwert, das Seele und Geist durchdringt; die Eckstein sind die Drohungen Gottes; welche Bäume nicht gute Früchte bringen, werden umgehauen und in’s Feuer geworfen; die Späne sind die Werke des Fleisches, welche durch besagtes Werkzeug müssen abgehauen werden; die Sägen sind Gottes Strafen, als: Krieg, Hunger, Teuerung und Pestilenz, dadurch die Menschen gemartert werden; das Winkelmaß und die Schnur ist das Gesetz und das Evangelium, nach welcher Lehre wir eingehen müssen; die Bauleute sind die Lehrer, welche am Hause Gottes arbeiten. Der Hausschirmer ist Jesus Christus, dessen Pflegvater Joseph auch ein Zimmermann gewesen, weswegen ihn die Juden einen Zimmermanns-Sohn geheißen, der auch wahrhaftig Bau-und Hausherr ist, sich der Gemeinde zu einem Hause Gottes durch den blutigen Schweiß am Stamme des heiligen Kreuzes willig gegeben hat, und ihm ist ein solches Verdienst; er ist der Eckstein an solchem Hause, das Kreuz ist das Holz, dass seine Gemeinde kann fest gebunden werden; die Balken sind die Gläubigen, die hangen aneinander durch den Band des Friedens, und tun einander die Hände reichen. Der Keller, das ist die Liebe Gottes; daraus geht allerlei Vorrat, solchen reichlich genießen zu können, damit die Seele kann gespeist und getränkt werden; die Kirche ist der Ort, durch welchen das Feuer der Trübsal bewahrt wird; die Kammern bilden ab der Menschen Todes-Schlaf; die Stube ist das Himmelreich, darinnen wir zu Tische sitzen, um geistliche Speisen zu essen und zu trinken; die oberen Gemächer sind des himmlischen Vaters Wohnungen, darin Jesus Christus einem jeden Gläubigen eine Wohnung bewahrt hat; das Dach ist der Schirm des Allerhöchsten, das unser aller Bedeckung und Zuflucht ist. Die Türe ist Jesus Christus, durch welche wir einmal sollen in den Himmel eingehen; die Stege ist die Leiter, darauf wir täglich durch Gebet und Glauben zu unserm himmlischen Vater auf- und absteigen; die Eckschwellen sind die vier Eigenschaften Gottes: die Allmacht, Barmherzigkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit; wer sich auf solche gründet, wird nicht zu Schanden werden.
Vivat! es lebe der Bauherr und seine Frau! (Er trinkt Wein und spricht alsdann:)
Jezt bin ich matt vom Trinken,
So muss das Glas auf die Erde sinken;
Wann das Glas zerbricht,
Ist keine Jungfer im Orte nicht;
Bleibt es aber ganz,
So erhalten sie wieder ihren Jungfernkranz.
So folgen nun mehrere Toaste; im Ganzen werden drei Gläschen hinunter geworfen und vor dem Wurf jedesmal Obiges gesprochen.
»Der Endzweck ist, dass Zimmerleute heißen bauen, dass der Mensch den von Gott bescherten Segen zu seiner Ehre und zum Nutzen des Nebenmenschen anwende, und im gehenden Leben im Schweiße seines Angesichtes sein Brot esse und solches mit aller Gefahr sauer und hart erwerbe; zu dem Ende haben wir nun dieses gegenwärtige Haus allhier dem Bauherrn zum Nutzen auf den heutigen Tag glücklich aufgerichtet. Ich hoffe auch, es werde demselben unsere Arbeit nicht übel belieben, sondern er werde Gott dem Allerhöchsten danken, dass er uns nicht allein Kraft verliehen hat, dasselbe zu berichten, sondern auch aufzurichten; denn dieser Bau ist gut versehen mit Bug und Pfosten, es werde unsern hochgeehrten Bauherrn ein schönes Trinkgeld kosten. Dieser Bau ist allhier nicht nur berichtet, sondern er ist auch aufgerichtet; er ist verfertigt und hergestellt, er einem Jeden wolgefällt; er ist nicht gemacht für die Sünder, sondern blos für die frommen Gotteskinder. Und nun jetzt hat dieser Spruch ein End, wann hier noch Jungfern sind, so patschen sie noch in die Händ.«
Der Sprecher und der Soufleur langen alsdann die beiden Nastücher vom Maien herab, die ihnen jetzt eigen gehören. Dann geht’s zum gemeinschaftlichen Mal, wobei Küchlein und geräuchertes Fleisch die Hauptrolle spielen. Bier und Schnaps ist zur Genüge vorhanden. Alle, die beim Aufrichten mithalfen, bekommen ein Trinkgeld, der Sprecher aber einen kleinen Taler. – Jetzt kommt der Zimmermannsspruch beim Aufrichten eines Hauses nur noch als Seltenheit vor.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 447-452. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004578546
Zum Gesellenzug
Aus einem alten Manuscripte im Besitze Herrn Arnolds in Saulgau. Vor die ehrsamen Junggesellen, in der Faßnacht abzudanken. Das den 26. Jenner ist abgeschrieben worden aus dem Büchlein vom Zimmerhansle. 1714. Dann abgeschrieben worden von Gabriel Barsautter 1775, wieder renovirt, wie folgt:
Am Sonntag nach Dreikönig kommen die Gesellen zusammen. Man gibt dem Oberplatzmeister den Spruch gleich; doch beim Fahnenabholen darf er vor dem Wirtshaus noch nicht sprechen. Die Fahne wird abgeholt alle Jahr, und wenn man mehrere Jahre in Einem Wirtshause verbliebe.
Die Fähndriche werden gemacht am schmotzigen oder gumpigen Donnerstag oder Dienstag zu Mittag 12 Uhr oder auf die Nacht halb 8 Uhr, bevor die Zech »verrieft« wird. Die Zech wird nach altem Gebrauch »verrieft«, wie gewöhnlich um halb 8 Uhr. Die Gassengesellen können in der Stille gemacht werden. Die vier Platzmeister, ein Gassengesell, der Tambour und der Pfeifer müssen erwählt werden.
Zu bemerken hat der Tambour und Pfeifer, wie auch der Oberplatzmeister:
1) Wenn die Gesellschaft das Faßnachtküchlein abholt zu Sießen, und zuvor in den Mühlen, dass alle Zeit Morgen um 3/4 auf 6 Uhr das uigader (?) in der Stadt herum geschlagen wird.
2) Dass der Oberplatzmeister in der Mosheimer Klostermühle beim frühen Morgentrank angemacht wird. Dass sich Keiner berausche bei fünf Kanten Wein Strafe.
3) Am Sonntag nach hl. Dreikönig kommen die ehrlichen Gesellen durch den Doktor der Fasnacht in der Schul zusammen. Der älteste und der jüngste der Gesellen senden einen fremden Gesellen-Doktor und lassen bei der Türe keinen aus noch ein, bis Erlaubniß ertheilt wird. Tambour und Pfeifer sitzen als unparteiische Zeugen dabei, dürfen aber kein Votum abgeben nach dem Rang: der erste, dann der zweite, dann der dritte Platzmeister; der vierte ist ein fremder Platzmeister, wenn einer da ist. Man darf einen Jeden erwählen, der ein ehrlicher Geselle ist. Der aber erwählt wird, der muss es behalten, oder er wird von Gesellen gestraft. Der aber erst sein Stell oder Amt will heimgeben außer der Gesellschaft oder außer der Schul, dem nimmt man’s nicht mehr ab, und macht sich niederträchtig bei der ganzen ehrlichen Gesellschaft und wird der hochzuverehrenden Gesellschaft klagbar.
Jetzt hat die ehrliche Gesellschaft auf die nämliche Weise zu erwählen das Wirtshaus, vom Ältesten bis auf den Jüngsten; dann schickt der Oberplatzmeister, der Junggesell und Doktor in das erwählte Wirtshaus, um dort zu fragen, wann sie zurückkommen und ob sie angenommen worden sind.
Dann hat der Oberplatzmeister zu bemerken, dass er die ehrliche Gesellen-Gesellschaft auf das höflichste einladet in das Wirtshaus.
Nachmittag nach 3 Uhr holen die vier Platzmeister die Fahnen ab. Der Oberplatzmeister schwingt die Fahne bei der Pfarrkirche und zieht in das bestimmte Wirtshaus.
Der alte Oberfähndrich hat kein Recht mehr zum Abholen der Fahne, außer er sei anderer Platzmeister geworden, dann hat er das Recht, wie der erste Platzmeister.
Oberfähndrich erwählen
Keiner als der andere Platzmeister hat das Recht auf das Ehrenamt als Oberfähndrich zu schlagen, und kann’s werden, wenn er es haben will und das Meiste bietet: eine jede Kante Wein vor 24 Kreuzer.
Der Oberfähndrich legt am Faßnachtsonntag einen blauen Mantel an und zieht in seinem Rang ohne Fahne einher.
Erwählung der Fähndriche
Er sagt dem Oberplatzmeister: der vierte Platzmeister hat das Recht, zuerst auf das Unterfähndrichamt zu schlagen, und kann’s auch werden; auch die hiesigen Bürgersöhne dürfen drauf schlagen und der Meistbietende bekommt’s; doch hat der Fremde das Vorrecht: um was vorhin geschlagen worden, um das kann er’s haben vor einem hiesigen Bürgerssohn; denn das gehört einem fremden ehrlichen Gesellen.
Die Kante Bier wird vor sechs Kreuzer angerechnet; denn er darf nur Bier bezahlen und der Fähndrichführer auch.
Fähndrichführerstell gehört einem hiesigen ehrlichen Bürgersohn; er darf auch zum Fähndrichmahl.
Beim Fähndrichmahl: Ein Jeder legt unter den Teller 24 Kreuzer. Oberplatzmeister.
Die zwei Gassengesellen gehören nicht zum Fähndrichmahl, wenn’s der Oberfähndrich nicht haben will; hingegen dürfen die Gassengesellen in das halbe Fähndrichmahl ohne Kosten und ohne Scheu und mit ihnen essen und trinken, so lange es noch dauert. Tambour und Pfeifer dürfen gleich arrettiren und gleich mit klingendem Trommel- und Pfeifenspiel mit den Gassengesellen in das Wirtshaus ziehen. Die vier Platzmeister und Fähndrich müssen mit zusammengerollter Fahne in der Stille zur Strafe ohne Musikanten in’s Wirtshaus. Die Gassengesellen haben zu bewirken und zu beobachten in einer Stund, bevor nicht zum Fähndrichmahl mit blanken Seitengewehr. Klopfen an und zu Ehren den Herrn Vater und Frau Mutter, dann Gesellen sie grüßten jeden Ehrgesellen ihr Herren. Mir sind hier, Ihnen die Ehre zu zeigen, geneigtwillige Dienste zu leisten, wann’s Euch beliebig ist, mit Was in das Wirtshaus zu gehen, und die ganze ehrsame Gesellschaft durch ihre Gegenwart zu erfreuen, das ist der Gruß im Namen der ehrsamen Gesellen. Jetzt wie man Euch beehrt, so stellt Euch hin und fahret nach der Vorschrift fort. Die zwei Gassengesellen sollen bei der Musik oder Maienlieder am Fastnachtmontag in der Nacht sich dabei einfinden, mit bloßen Seitengewehr und Degen auf den Steinen kretzen oder Feuerschlagen und die Musik mit Trommeln und Pfeifen bekleiten und beschützen; das es ihnen nichts begegnet von den Nachtschwärmern. Wer sie antrefen, dürfen sie arediren oder riefen: wer da! wer da! wer da! Wo keine Antwort, so packt an, wer sie sind, und straft’s bei der Gesellschaft, und wann sie nicht wollen, so zeigt’s an bei der hochverehrenden Obrigkeit.
Am Aschermittwoch wird alles verrechnet nach 12 Uhr, und dabei sind die vier Platzmeister, Oberfähndrich und Unterfähndrich, wann man dem Gassengesellen schenkt, was er geschlagen hat, so darf man ihn nicht zu der Abrechnung nehmen, man braucht ihn nicht. Tambour und Pfeifer gehören auch dazu und sonst einen Mann. Verzehren darf man auf Einen: Eine Halbe Wein, Ein Maas Bier, Ein Brod, und dieses alles in die Rechnung einführen, und wird verschoben bis auf den Tag, oder ersten Sonntag in der Fasten. Der Oberplatzmeister ist die ganze Fastnacht zechfrei. Er darf nie bezahlen in der Zech. Er allein, sonst Keiner ist ausbenamst. Der Platzmeister fordert die Zech bei allen ein und sagt einem jeden, wie viel und was er bezahlen muss. Bevor der Herr Wirt das Küchle hergibt, muss alles Geld beisammen sein und der Wirt muss bevor bezahlt werden. Das Geld dem Platzmeister oder am ersten Sonntag in der Fasten, wie sie wollen. Der Doktor wird in die sieben Mühlen geschickt, dorten die Gesellschaft anzusagen, einen Tag vorher. Er kriegt in einer jeden Mühle ein Imi Schönmehl, ein Laib Brod. In der Säge ausgenommen und Moosheimer Klostermühle nur ein Laib Brod, sonst nichts. In der Oehle drei Oehlzelter. Im Pfarrhof am Fastnachtsonntag einen Trunk, ein Brates. Beim Fastnachtdienstag einen Laib Brod, und im Buchauischen Amthaus einen Laib Brod.
Quelle: Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 26-30. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004573978
Übernamen
Die Bogenweiler heißen Glöcklisstupfer
… weil sie bei einem Brand kein Seil hatten; sie heißen ferner »Hüte« von wegen ihrer alten sonderbaren Hüte
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 458-459. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004570480
Die Moosheimer Eselshenker
Die Moosheimer (Môsemer) haben mal einen Esel an den Kirchturm hinauf gezogen, damit er ein Böschlein Gras abfresse, das droben wuchs. Der Esel krepierte. Die Moosheimer hören »Eselhenker« nicht gerne.
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 453. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004570367