18.9.2023: Wo ist der Altar abgeblieben?

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Das Buch von Johann Heinrich Specht „Isnisches Denkmal“ ¹ (1750) schickt mich gerade auf eine Achterbahn der Gefühle – was meine Nachforschungen zum Strigel-Altar betrifft. In der Beschreibung zur Reformation berichtet er, dass die Nikolaikirche und St.Georg 1534 von allen Bildnissen „befreit“ und diese in der Ölbergkapelle verwahrt wurden. Nach dem Brand 1631 wurde ein neuer Hochaltar gemahlet – sodass sich der Altar von Strigel zumindest im 17.Jahrhundert nicht mehr in der Nikolaikirche befand. Andererseits gibt es zahlreiche Vermerke, dass die Bilder Strigels aus der Nikolaikirche Isny stammen. Hatten diese 300 Jahre in der Ölbergkapelle gelegen – und dadurch den Stadtbrand von 1631 überlebt? Es bleibt spannend. Demnächst sollte ich eine Mail mit Scans der Bestandslisten der Sammlung Hirscher vom Generallandesarchiv Karlsruhe bekommen.  Das Puzzlespiel geht weiter.

Specht berichtet, dass die Nikolaikirche im Jahr 1629 keinerlei Bildnisse mehr enthalten habe:

„Zu gleicher Zeit nemlich Anno 1629 wurde unsere Stadt der Zwinglischen Religion vom Gegentheil beschuldiget Allein obgleich anfangs die Reichs Städte in Schwaben überhaupt der Zwinglischen Lehre verdächtig gewesen wie dann der selige D. Luther zu dem D. Marbach als dieser von demselben Abschied genommen und hieher nach Isni gereiset sprach: lieber Herr Doctor, weil ihr aus dem Oberland (ge)bürtig do in der Schweiz und etlichen Orten des Zwingels Opinion eingerissen, so thut ihr desto mehr Fleiß, damit solchem Jrrthum gesteuret werde, so hat doch der damals allhier im Predigamt gestandene Pfarrer Caspar Hiller in einem von ihm 1629 aufgesetzten Schreiben solche Beschuldigung gründlich wiederleget. Ich will die Vorwürffe des Gegentheils und die Beantwortung derselben wie von angeführtem Pfarrer aufgezeichnet in Händen habe nach einander melde (…)  Warff Gegentheil vor, unsere Kirche habe keine Bilder noch andern Ornat mehr. Auf diesen Vorwurff antwortet der Pfarrer Hiller also seye etwas bey der Reformation mit den Bildern und anderm Ornat wieder die Gebühr vorgenommen worden, so müsse man es dahin verstehen, daß der Mißbrauch vieler Dingen, welche vorhero in Uebung gewesen, so groß uns verantwortlich und unleidenlich gewesen, daß aus Unwillen und menschlischem Eifer etwas mit untergeloffen, wie es bey solchen Sachen im ersten Sturm zu geschehen pflege. Man verwerffe deswegen unserer Seits die Bilder nicht, wünschte vielmehr daß sie geblieben wären, nicht aber wie vorhero zum Gebrauch einiger Abgötterey, sondern zur Zierde und Erinnerung.“¹

Möglicherweise befanden sich die Bilder und Altäre in der Ölbergkapelle. Diese Kapelle überstand als eines der wenigen Gebäude Isnys den großen Stadtbrand von 1631.
Nach der Reformation wurden in reformierten Kirchen alle Heiligenbilder entfernt. Diese wurden in Isny 1534 jedoch nur eingelagert und verwahrt – und nicht wie andernorts vernichtet – wie aus diesem Zitat zu entnehmen ist:
„Anno 1534 aber brauchte die Stadt Ernst und ließ nach langem Streit, weil der Prælat sich auf keine Weise bewegen ließ mit der Meß stille zu stehen und die Bilder selber hinweg zu thun auch in der Kloster Kirche alle Bilder und Altåre als Greuel vor GOtt womit grosse Abgötterey getrieben würde, die Stadt aber solches in ihren Ringmauren nicht mehr dulden wollte abheben und zusammen in die Capelle legen in Gegenwart einiger Raths Deputirten. Worauf der Prælat mit Vergünstigung des Raths die Kirche zugeschlossen.“ 20 
Die Bilder der Nikolaikirche wurden demnach vor 1534 „ausgelagert“. Mit der „Capelle“ dürfte die Ölbergkapelle zwischen St.Georg und St. Nikolaus gemeint sein. war die Marienkapelle gemeint, die Teil des Klosters ist und an die St.Georgs-Kirche grenzt.

Anmerkung:
„Dr Johann Marbach aus der benachbarten Reich-Stadt Lindau gebürtig wurde Anno 1543 von Wittenberg hieher ins Pfarr-Amt beruffen, da er dann von dem seeligen Dr Luther selber ordiniret und auf die hiesige Isnische Kirche des nominiret worden.“³


¹ Johann Heinrich Specht, Isnisches Denkmal, welches in sich fasset eine gewisse Nachricht von der löbl. Reichsstadt Isni, von ihrem Namen, Ursprung, Reformation …, 1750, Seite 51
https://books.google.de/books?id=QKepSYrij2YC&hl=de&pg=PA51

² a.a.O. S. 35

³ a.a.O. S. 78