Gemäldesammlung des Domdekans v. Hirscher

Pfarrer Dr. Probst beschreibt 1892 im „Archiv für christliche Kunst die Gemäldesammlung des Domdekans v. Hirscher

Die nachfolgenden Texte aus der Zeitschrift „Archiv für christliche Kunst“ habe ich aus Frakturschrift in heutige Normschrift tranksribiert und dabei – zur besseren Lesbarkeit – sachte an heute geltende Rechtschreibung angepasst. Probst hatte die Abhandlung in 3 Teilen dort veröffentlicht.


Quelle: https://doi.org/10.11588/diglit.15909.2
Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins 10.1892
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/afck1892/0010/image,info,text_ocr

Einblick in die mittelalterliche Gemäldesammlung des Domdekans v. Hirscher in Freiburg

Von Pfarrer Dr. Probst in Essendorf

Die „Sammlung Hirscher“ hat bei Kennern und Freunden mittelalterlicher Kunst einen guten Klang; aber eigenhändige Aufzeichnungen des ehemaligen Besitzers über den Inhalt derselben und über die Herkunft der einzelnen Gemälde und Skulpturen fehlen, oder sind wenigstens nicht bekannt gemacht worden. Nach seinem Tode (1865) ging dieselbe an verschiedene Museen über (Berlin, Karlsruhe, Stuttgart). Nur soviel ist bekannt, dass der größte Teil derselben in Oberschwaben gesammelt wurde. Hirscher war wohl der erste Sammler¹, der in dieser Provinz den mittelalterlichen Kunstwerken nachhaltig seine Aufmerksamkeit zuwandte; bemerkt ja schon Kirchenrat Dursch (Veröffentl. des Ulmer Vereins 1849 S. 26), dass er seit den zwölf Jahren seiner Sammeltätigkeit wenig Gelegenheit gehabt habe, Gemälde zu sammeln, weil dieselben schon zuvor von anderen erworben worden seien und dass er sich deshalb mehr auf die Sammlung der Skulpturen angewiesen gesehen habe. Selbstverständlich war deshalb die Tätigkeit des Herrn v. Hirscher am meisten mit Erfolg gekrönt, und seine Sammlung wäre, wenn sie noch beisammen wäre, weitaus die wichtigste für die Kunstgeschichte von Oberschwaben.

Wir sind jedoch weit entfernt, das Schicksal der Zerstreuung dieser Sammlung als ein ungünstiges zu beklagen; wir dürfen nicht verkennen, dass es vielleicht notwendig war, die Bestandteile dieser Sammlung an verschiedenen Orten den scharfen, vergleichenden und spürenden Blicken der Kunstforscher darzubieten. Hierdurch erst gewannen dieselben eine Beleuchtung, welche ihnen in provinzieller Abgeschiedenheit wohl nie hätte zu Teil werden können. Die Resultate dieser vielseitigen Bemühungen sind auch unleugbar jetzt schon recht erfreulich. Zuerst wurde von Professor Wolkmann die Hand eines Meisters heraus erkannt, den er provisorisch als „den Meister der Sammlung Hirscher“ bezeichnete. Nachher gelang es Bode in Berlin, den ganzen und wirklichen Namen desselben zu entdecken (cf. Janitschek: Gesch. der deutschen Malerei S. 442 und Woltmann-Wörmann: Gesch. der Malerei Band II S. 454). Dieser Meister ist: Bernhard Striegel von Memmingen 1460—1528. Ein anderer Meister, zu dem die Sammlung Hirscher ebenfalls namhafte Beiträge geliefert hat, wird gegenwärtig noch mit Eifer gesucht. Längere Zeit glaubte man diese interessanten Gemälde dem Bartel Beham in Nürnberg zuschreiben zu dürfen; in neuester Zeit ist man aber davon wieder ganz abgekommen und wurde dem noch unbekannten Maler (nach dem Vorschlag von Kraus in Freiburg) der provisorische Name „Wildensteiner Meister“ beigelegt. Die Aussicht ist nicht ausgeschlossen, dass auch über ihn der Schleier sich noch mehr lüften werde; vorerst ist durch die provisorische Bezeichnung nur der Umstand ausgesprochen, dass die wichtigsten Gemälde desselben sich in der Kapelle des Schlosses Wildenstein (jetzt in der Donaueschinger Galerie) ursprünglich befunden haben.

Über die noch vorhandenen, in verschiedenen öffentlichen Sammlungen Deutschlands befindlichen Werke dieser beiden Meister gibt nun Professor Woltmann in Karlsruhe einen erwünschten Ueberblick² ; erwünscht besonders auch nach der Seite hin, dass hier die Lokalsammlungen ausdrücklich benannt sind, aus denen die betreffenden Gemälde ursprünglich herrühren. Dadurch wird, wenigstens was diese beiden Meister anbelangt, ein Einblick in den Gehalt der ehemaligen Hirscher’schen Sammlung gegeben, der sonst für Fernerstehende nicht wohl zu erreichen wäre. Wenn man bedenkt, wie äußerst mangelhaft die Vorstellungen über die genannte Sammlung selbst in solchen Kreisen sind und sein müssen, die sich um mittelalterliche Kunst speziell interessieren, so mag es gerechtfertigt sein, dem Leserkreise des „Archivs für christliche Kunst“ von dem Woltmannschen Verzeichnisse, so weit sich dasselbe ans die Hirscher’sche Sammlung bezieht, Mitteilungen zu machen. Wir werden nur noch einige andere Notizen hinzuzufügen haben, die anderwärts erhoben werden konnten.

Professor Woltmann schreibt in seinem Katalog der Donaueschinger Sammlung S. 10: Die Liste der nachweisbaren Werke des Meisters der Sammlung Hirscher (B. Striegel) in anderen Sammlungen ist folgende:

1) Berlin, Museum

Nr. 563 a—d (bisher unter dem Namen Holbein der jüngere): Vier Paare von Heiligen auf Goldgrund (ehemals Altarflügel): Johannes der Täufer und Magdalena; Laurentius und Katharina; Vitus und Margaretha; Elisabeth und Kaiser Heinrich. Sammlung Hirscher. (Anmerkung W.A.: Altar aus Isny)

Bernhard Strigel: Zwei Heilige: Laurentius und Katharina, um 1520
Bernhard Strigel: Zwei Heilige: Laurentius und Katharina, um 1520
Bernhard Strigel: Zwei Heilige: Maria Magdalena und Johannes Bapt., um 1520
Bernhard Strigel: Zwei Heilige: Maria Magdalena und Johannes Bapt., um 1520


Nr. 583 a (bisher H. Holbein der jüngere): der hl. Norbert den knienden Norbertinus der hl. Agnes empfehlend; schöne Gebirgslandschaft im Hintergrund. Sammlung Hirscher.
Nr. 606 B und 606 C (bisher schwäbische Schule). Vier Altarflügel, je zwei in einem Namen: Geburt Mariä und ihre Darstellung im Tempel, Heimsuchung und Mariä Tod. Unten Schriftbänder mit Bibelstellen; Sammlung Hirscher.
Nr. 1197 a und b (bisher Schule H. Holbeins des Vaters): Christi Abschied von seiner Mutter; Maria bekleidet Christus vor der Kreuzigung mit den: Lendentuch. Sammlung Hirscher. (Anmerkung W.A.: Altar aus Isny)

2) Karlsruhe, Kunsthalle

Nr. 212 und 214: Mariä Verkündigung; Abendmahl nebst Fußwaschung, letztere nach dem Motiv von Dürers kleiner Holzschnittpassion. Sammlung Hirscher. (Anmerkung W.A.: Altar aus Isny)
Dass auch die von Woltmann hier noch angeführten weiteren Nummern 40 und 41 (Dornenkrönung und Beweinung) ursprünglich aus der Sammlung Hirscher stammten, ist wahrscheinlich, da auch Vischer vier, nicht bloß zwei, Gemälde in Karlsruhe dem B. Striegel mit näherer Bezeichnung des gemeinsamen Ursprungsortes derselben (wovon weiter unten) zuschreibt. Im Woltmannschen Katalog ist aber hier (bei Nr. 40 und 41) die Privatsammlung des Großherzogs Leopold als der nächst vorangegangene zuführende Kanal bezeichnet. Wahrscheinlich ist, dass diese beiden Gemälde, welche Woltmann als zu den schönsten und reifsten Werken des Meisters gehörig bezeichnet, aus der Sammlung Hirscher zunächst in genannte Privatsammlung und von da erst in die Kunsthalle in Karlsruhe übergingen.

3) Stuttgart: Sammlung württembergischer Altertümer

Vier Altarflügel:
Geburt Mariä,
Mariä Darstellung im Tempel;
Heimsuchung;
Christi Darstellung im Tempel;
lateinische Überschriften auf allen. Sammlung Hirscher.

In der Stuttgarter Gemäldegalerie sind drei Altarflügel (jetzt als Nr. 475, 479 und 524 bezeichnet), die nach Woltmann ebenfalls dem B. Striegel zugeschrieben werden, aber nicht aus der Sammlung Hirscher, sondern aus der Abelschen Sammlung stammen. Der Stuttgarter Katalog führt dies nicht an, wohl aber Waagen in seinem Buch: Kunstwerke und Künstler in Deutschland II S. 214.

Es ist selbstverständlich, dass Hirscher nicht ein Privilegium auf die ausschließliche Erwerbung der Gemälde dieses Meisters hatte. In die Douaueschinger Galerie gelangte die Nr. 63 des dortigen Katalogs zugleich mit der Sammlung Laßberg und eben dorthin die Nr. 72, die nach Janitschek auch dem B. Striegel zuzuschreiben ist, durch Ankauf in München. Ferner kam nach Sigmaringen eine dem B. Striegel zugehörige Himmelfahrt Mariä aus dem Besitz des Domänendirektors Mesmer in Aulendorf rc. Man sieht aber auch, dass immerhin eine ansehnliche Anzahl Werke zunächst in dem Besitz von Hirscher sich befunden haben. Über einige der angeführten Gemälde ließen sich noch genauere Notizen sammeln. Kirchenrat Dursch gibt (Aesthetik rc. S. 444) an, dass die jetzt in Berlin befindlichen vier Paar Heiligen nebst Abschied Christi von seiner Mutter und Geißelung ursprünglich in einer Kirche zu Ravensburg³ waren. (Fortsetzung folgt)


Einblick in die mittelalterliche Gemäldesammlung des Domdekans v. Hirscher in Freiburg

Von Pfarrer Dr. Probst in Essendorf

Teil 2:

In den vierziger Jahren bereiste Galeriedirektor Waagen in Berlin wiederholt das südliche Deutschland und brachte dabei besonders den einheimischen Malerschulen in Franken und Schwaben lebhafte Sympathie entgegen. Im November 1842 weilte er in Stuttgart und stattete über die Resultate seines Besuchs Bericht ab in seinem Buch: Kunstwerke und Künstler in Deutschland II S. 178. Stuttgart besaß damals noch keine öffentliche Gemäldesammlung; doch befandet! sich in der Bibliothek eine Reihe von Werken, die mit Miniaturen ausgestattet sind, darunter namentlich auch von Zwiefalten und Weingarten, denen er eine einlässliche Beachtung schenkte. *)

Die Tafelmalereien der schwäbischen Meister waren nur vertreten durch die Privatsammlung des Obertribunalprokurators Abel daselbst. Dieser Sammlung widmete er lebhafte Aufmerksamkeit, notierte auch die Orte, woher die einzelnen Stücke stammten und schließt mit dem warmen Wunsche, dass die Sammlung dem Lande erhalten werde.

Im Jahr 1846 besuchte Waagen sodann Freiburg und daselbst die Sammlung Hirscher. Über den Bestand derselben zu jener Zeit stattete er Bericht ab im „Kunstblatt“ 1848 S. 237 und gibt auch hier dem Wunsche Ausdruck, dass die Sammlung für Deutschland und für die Öffentlichkeit erworben werden möchte.

Man darf wohl nicht erwarten, dass die Zuweisungen der Gemälde an die verschiedenen Meister, welche Waagen bei dieser Gelegenheit gibt, in allweg sich bewährt habe; denn seit fast einem halben Jahrhundert hat begreiflich auch die Kunstgeschichte in Schwaben Fortschritte gemacht, von denen selbst die bestunterrichteten Kunstkenner früherer Zeit keine Kenntnis haben konnten; aber auch hier bleibt Waagen dem Grundsätze treu, dass er sich auch um die örtliche Herkunft der einzelnen Gemälde bekümmerte und die Namen der einzelnen Ortschaften, soweit möglich, aufzeichnete. Wir geben deshalb zunächst einen abgekürzten Auszug aus der Abhandlung Waagens über die Sammlung Hirscher und fügen einige weitere Bemerkungen hinzu, die uns sachdienlich erscheinen.

1) Dem Bartholomäus Zeitblom weist Waagen zu: die Rückseite der Prädella des Altars von Eschach, OA. Gaildorf, mit zwei Engeln und mit dem Veronikabilde. Er bemerkt dazu, dass dieses Bild die hohe Achtung, die er vor dem Meister zuvor schon gehabt habe, noch gesteigert habe. Dasselbe befindet sich, wie die ganze Sammlung, die im Nachfolgenden beschrieben ist, jetzt in Berlin, war aber zu der Ausstellung in Ulm 1877 durch Vermittlung des damaligen Kronprinzen Friedrich übersandt worden und zog die Aufmerksamkeit auch dadurch ans sich, dass dasselbe durch Restauration nicht berührt wurde, was beiden anderen Gemälden des Eschacher Altars nicht zutrifft. Sodann wird eine Mutter Anna erwähnt, die nach Grüneisen und Manch (Ulmer Kunstleben S. 47) aus einer Kirche der Gegend von Ellwangen stammte und ferner noch ein hl. Petrus ohne Angabe des Fundorts.

2) Dem Hans Burgkmaier wird zugetheilt: eine Beweinung Christi ohne nähere Angabe des Fundorts.

3) Sodann werden eine Reihe von Gemälden dem Hans Holbein dem Jüngeren zugewiesen. Hier ist aber unterdessen B e r » h a r d Striegel von Memmingen als der wirkliche Urheber ermittelt worden. Wir verweisen darüber, sowie über die Fundorte der Gemälde dieses Meisters, die hauptsächlich in die Sammlung Hirscher, aber auch nach anderwärts gekommen sind, auf unsere frühere Mittheilnng im Jahrgang 1892 S. 4.

4) Dem Martin Schaffner werden zugetheilt: die Gemälde von sechs hhl. Jungfrauen , die ans dem Kloster Bebenhausen stammen, und eine Enthauptung der hl. Katharina aus der Gegend von Ravensburg.

5) Dem Christoph A m b e r g e r wird zngeschriebcn: ein Bildniß Karl V., früher im Besitz der Familie Sickingen.

Von unbekannten Meistern stammen: der Judaskuß und eine Kreuzigung ans dem Kloster Tennenbach bei Freiburg; ferner ein Tod Mariä von Schussenried; eine hl. Elisabeth und Dorothea nebst Andreas und Martinus aus dem Kloster Unlingen bei Riedlingen; eine Krönung Mariä ans der Stadt Villingen; eine Kreuzigung aus der Gegend von Sigmaringen und ein Abschied Christi von Maria ohne nähere Angabe des Fundorts; desgleichen auch eine Entkleidung Christi und Kreuzigung.

Aus der fränkischen Schule werden von Waagen zugeteilt:
1) dem Hans Schäuffelein und
2) dem Michael W o h l g e m u t h je ein Bild der Kreuzigung ohne Angabe des Fundorts.
Sodann 3) dem Bartel Beham eine Reihe von Gemälden, die aber später einem Meister mit der provisorischen Benennung: Wildensteiner Meister (Kraus) zugewiesen wurden. Wir verweisen darüber auf unsere frühere Mitteilung 1892 S. 17.

Seither hat sich jedoch Dr. Kötschan sehr einlässlich mit dem Studium dieses Meisters, den er aus Gründen der Priorität „Messkircher Meister“ benennt, beschäftigt. Wenn es auch noch nicht gelungen ist, den wirklichen Namen desselben ausfindig zu machen, so wird von Kötschan doch festgestellt, dass derselbe wenigstens zwei Jahrzehnte in Oberschwaben, in der Bodenseegegend, tätig war. Von der beträchtlichen Anzahl von Gemälden, die Kötschan mit Bestimmtheit oder auch mit Wahrscheinlichkeit diesem Meister oder seiner Werkstätte zueignet, „lassen sich fast drei Viertel mit Sicherheit auf das den Bodensee umgebende Ländergebiet als ihren ursprünglichen Bestimmungsort zurückführen“, wie sich der Verfasser der Schrift: Bartel Beham und der Meister von Messkirch von Dr. Karl Kötschan, Straßburg bei E. Heitz 1893, ausdrückt. Wir bemerken hierzu nur noch, dass ein Gemälde desselben sich im Besitze des hochw. Bischofs v. Hefele (eine Darstellung der hl. Dreifaltigkeit) und eines im Besitz des Fürsten von Wolfegg (hl. Georg) befindet resp. befand; ferner, dass drei Gemälde, welche Waagen (Kunstwerke und Künstler Deutschlands IIS. 216) noch in der Sammlung Abel in Stuttgart beieinander sah und die von ihm dem Bartel Beham zugeschrieben worden waren, von Kötschau für Werke des Messkircher Meisters angesprochen werden; eines derselben befindet sich jetzt in Kassel, die ursprüngliche Provenienz derselben ist jedoch nicht ermittelt.

Sodann werden von Waagen am angeführten Orte noch einige Bilder der Sammlung Hirscher angeführt, die niederländischen und italienischen Ursprungs sind, zusammen jedoch nur ein halbes Dutzend, von denen wir hier absehen können. Unter den verschiedenen wertvollen Schnitzwerken der Sammlung Hirscher wird von Waagen nur die Madonna, welcher nachher die Benennung: „Hirschersche Madonna“ beigelegt wurde, speziell angeführt, weil sie sich „durch edle Auffassung und fleißige Durchführung vorteilhaft auszeichnet“.

Zur Ergänzung und Vervollständigung der Angaben über diese Sammlung fügen wir auch das noch hinzu, was Waagen in seinem Buch über die Sammlung Abel in Stuttgart mitteilt, wobei wir uns jedoch auf jene Gemälde beschränken, deren Provenienz bekannt ist.

1) Dem Bartel Zeitblom werden zugewiesen: Flügel von einem Altar aus dem Kloster Roggenburg bei Ulm. Nach Manch und Grüneisen (Ulms Kunstleben S. 51) kamen dieselben durch den letzten Prälaten dieses Klosters an den Domherrn Vanotti und später in die Abel’sche Sammlung. Sodann die bekannten großen Gemälde von Eschach, OA. Gaildorf, und einige Gemälde aus dem Kloster Urspring bei Ulm und aus dem Wengenkloster daselbst.

2) Auf Hans Holbein den Alten werden, jedoch mit ausgesprochenem Zweifel, bezogen: vier Bilder, die nach der Versicherung des Freiherrn von Laßberg aus dem Kloster Almannsweiler am Bodensee herrühren.

3) Von Peter Tagprett in Ravensburg rühren zwei Tafeln her; es sind die Nummern 521 und 523 des Stuttgarter Katalogs. Eine nähere Angabe, auf welchen Grund sich diese Mitteilung stützt, wäre sehr erwünscht. Hafner in den Württ. Vierteljahrsheften (1889 S. 121) gibt einige Notizen über die Familie Tagprett. Kötschan ist in seinem Buch (i. c. S. 28) der Ansicht, dass die Angabe bei Waagen auf einer mündlichen Aussage des Besitzers Abel beruhen werde.

Von unbekannten Meistern, aber von bekanntem Fundort werden angeführt: zwei Bilder ans Allmendingen, OA. Ehingen, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und eine Ausgießung des hl. Geistes aus der Kapelle in Wurmlingen bei Rottenburg.

Aus der fränkischen Schule stammen zwei Gemälde ans dem Kloster Banz bei Bamberg und acht aus dem Kloster Urspring bei Ulm, die dem Hans von Kulmbach zugeeignet werden.

Was sodann noch die Sammlung des Freiherrn von Laßberg in Meersburg anbelangt, so ist dieselbe dadurch interessant, dass sie von dem Besitzer aus der Nähe seines Wohnsitzes Meersburg hauptsächlich zusammengebracht wurde. Leider äußert sich Waagen im Kunstblatt 1848 S. 254 nur sehr wenig einlässlich über dieselbe; die ganze Sammlung ging jedoch in den Besitz des Fürsten von Fürstenberg in Donaueschingen über und wurde dieser Teil der Sammlung daselbst mit dem beigesetzten Zeichen L im Katalog bezeichnet. Sie bilden jetzt ungefähr die Hälfte des Gesammtumfanges der Donaueschinger Sammlung mit ungefähr einem halben Hundert Nummern. Von Fundorten sind aber hier bloß zwei genannt: Messkirch für die Nummern 73—75 und Helmsdorf am Bodensee für die Nummer 59. Von dem „Messkircher Meister“ besaß diese Sammlung eine ansehnliche Reihe von Gemälden, nämlich die Nummern 73—75; ferner Nr. 87—90 und aus der Werkstätte dieses Meisters die Nummern 91—96 des Donaueschinger Katalogs. Noch reicher ist dieser Meister vertreten in jenen Gemälden, welche zu dem älteren Besitz des fürstlichen Hauses gehören und im Katalog mit dem Buchstaben iE bezeichnet sind. Hierher die Hauptwerke des Meisters, aus der Kapelle des Schlosses Wildenstein herrührend, nämlich die Nummern 76—80 und 81—85 und 86.

In der Laßberg’schen Sammlung fehlen auch nicht die von L. Striegel herstammenden Gemälde. Die Nummer 63 des Katalogs (Vitus) ist schon von Woltmann diesem Meister zugetheilt und von Janitschek auch noch die Nummer 70, ein Brustbild des Grafen Johann von Montfort zu Tettnang, der dasselbe als eine seiner besten Arbeiten bezeichnet (Gesch. der deutschen Malerei S. 441). Man sieht, wie alle diese Sammlungen in der Hauptsache aus den gleichen Elementen zusammengesetzt sind. dass sie auch tatsächlich ans der gleichen Gegend stammen, wenigstens zu einem großen Teil, wird nicht beanstandet werden können, selbst wenn die Fundorte nicht mehr erinnert werden können. Sehr wahrscheinlich ist, dass der um jene Zeit tätige Zeichnungslehrer und Altertumshändler v. Herrich in Ravensburg der Lieferant und Vermittler der Erwerbungen war. Später wurden von dem Bildhauer Entres in München noch sehr viele mittelalterliche Gegenstände, besonders Skulpturen, in der Gegend um Ravensburg und am Bodensee aufgekauft und fanden ihren Weg in die verschiedensten Museen Deutschlands. Doch befindet sich noch eine ansehnliche Sammlung von Skulpturen, die von Kirchenrat Dursch zusammen gebracht wurde und die als Ergänzung zu den Gemäldesammlungen betrachtet werden kann, in der St. Lorenzkapelle in Rottweil. Den Katalog derselben hat Dursch selbst verfasst und darin auch die Fundorte angegeben, woraus wir verweisen können.

Dass die vorgeführten Sammlungen von dem Missgeschick einer gänzlichen Zerstreuung nach dem Tode ihrer ursprünglichen Besitzer verschont blieben, ist ohne Zweifel dem kräftigen Fürwort Waagen’s zu verdanken, dem man sich auch in maßgebenden Kreisen nicht entzog. Wohl hatte König Ludwig von Bayern schon 1827 die Sammlung der Gebrüder Boisserée um 240 000 fl. (Gulden) angekauft, aber es ist nicht zu verwundern, dass dieser bedeutungsvolle Schritt auf entferntere Kreise damals noch wenig Einfluss übte; es bedurfte hierzu einer weiteren und direkten Anregung, die, in mehreren Fällen nachweisbar, von Waagen ausging. Hatte ja König Ludwig selbst damals sich veranlasst gesehen, den Kaufpreis aus seiner Privatkasse zu bezahlen und die Gemälde dem Staate zu schenken. Er sprach sogar dabei den Wunsch ans, dass der Preis nicht bekannt werden sollte: denn, sagte er zu Sulpiz Boisseree: „Wenn man das Geld im Spiel verliert oder für Pferde ausgibt, meinen die Leute, es wäre recht, es müsse so sein; wenn man es aber auf die Kunst verwendet, sprechen sie von Verschwendung“ (cf. Sighart: Gesch. der bildenden Künste in Bayern S. 739).

Fußnote: *) Kunstwerke und Künstler Deutschlands II, S. 209.
Quelle: Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

Fußnote: *) l. c. S. 183.


Einblick in die mittelalterliche Gemäldesammlung des Domdekans v. Hirscher in Freiburg

Von Pfarrer Dr. Probst in Essendorf

(Schluss)
(Quelle: https://doi.org/10.11588/diglit.15909.12https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/afck1892/0022/image,info

Über die Karlsruher Bilder äußert sich sodann genauer Professor Robert Bischer in dem „Allgäuer Geschichtsfreund“ 1889 S. 84, dass dieselben aus Roth bei Ravensburg (sollte ohne Zweifel heißen: Oberamt Leutkirch) herrühren. Die Stuttgarter Gemälde dürften aus Isny stammen, obwohl darüber in Stuttgart selbst nichts Weiteres zu erfragen war. In Isny befand sich nach Keppler (Kirchliche Alterthümer W. S. 390) ein Strigelscher Altar, dessen Bilder zunächst in die Sammlung Hirscher übergegangen waren.

Noch wichtiger ist unseres Erachtens der „Wildensteiner Meister“, der durch seine Originalität alsbald die Aufmerksamkeit des Beschauers fesselt. Die wichtigsten Werke desselben in Donaueschingen (ehemals in der Kapelle zu Wildenstein) tragen die Jahrzahl 1536 und die Bildnisse und Wappen der Stifter, des Grafen Gottfried von Zimmern und Mößkirch und seiner Gemahlin Apollonia, Gräfin von Henneberg. Woltmann gibt ein Verzeichnis der Werke dieses Meisters in dem Donaueschinger Katalog S. 22, vermengt sie jedoch mit den Werken des B. Beham aus Nürnberg, wovon man, wie schon oben bemerkt, in neuester Zeit gänzlich abgegangen ist. Hiernach sind aus dem Besitze Hirschers von diesem Meister übergegangen:

1) nach Berlin, königliche Gemäldegalerie 619a und 619 b: die hl. Katharina, der hl. Paulus und die hl. Agnes; die hhl. Crispinus und Crispinianus; Goldgrund, oben blaue Felder mit goldenen Renaissanceverzierungen und mit den Namen. Sammlung Hirscher.

2) Karlsruhe, großherzogliche Kunstschule. Ohne Nummer (bis 1869 im Vorrat) : Christi Geißelung, im Hintergrund Christus vor Pilatus (dieselben sind in der Kunsthalle jetzt als Nr. 98 bezeichnet nach Janitscheck); reiche Renaissancearchitektur. Nr. 246, 243. Ehemalige Innenseite der zugehörigen Flügel: St. Vitus; der Erzengel Michael eine Seele wägend, Goldgrund. Nr. 241 die hl. Lucia, ehemalige Außenseite. Sämtlich aus der Sammlung Hirscher; flüchtig behandelt.

3) Stuttgart, Gemäldegalerie: der hl. Bruno (oder Benedikt?) in der Einöde; Landschaft vortrefflich; an Schönheit den Bildern in Donaueschingen verwandt. Sammlung Hirscher. (Im Stuttgarter Katalog trägt dieses Bild jetzt die Nummer 513.)

Man sieht hieraus, dass die Sammlung Hirscher auch zu den Werken dieses noch wenig bekannten, aber geschätzten Meisters einen wesentlichen Beitrag geliefert hat. dass dieser Meister in der Nähe des Bodensees, und zwar auf der nördlichen Seite desselben, seine Heimat gehabt habe, ist nicht zu bezweifeln. Wir haben schon andern Orts¹ auf eine Fährte hingewiesen, welche über Wolpertswende nach Ravensburg führt.

¹ Schriften des Bodenseevereins 1891: Über die Bodenseeschule

Mit der Aufzählung der obigen Gemälde dürfte ein, wenn auch nur unvollständiger Einblick in die Bedeutung und den Umfang der ehemaligen Hirscher’schen Sammlung ermöglicht werden. dass noch andere Werke von andern Meistern in ihr enthalten gewesen sein werden, ist nicht bloß sehr wahrscheinlich, sondern eigentlich selbstverständlich, wenn auch ein genauerer Nachweis zur Zeit nicht beizubringen ist.

Es sei nur noch hinzugefügt, dass Hirscher auch Werke der Skulptur sammelte. Über die „Hirschersche Madonna“, jetzt in Berlin, wurde von uns im „Archiv“ schon Mitteilung gemacht (1889 S. 90). Hier war offenbar der Altertumshändler v.Herrich von Ravensburg die Mittelsperson, der sich Hirscher bediente, worauf wir schon in Dr. Hofele’s „Diözesanarchiv“ 1889 Nr. 5 hingewiesen haben. Sehr wahrscheinlich sind aber auch die Gemälde durch die gleiche Vermittlung wenigstens zu einem großen Teil in Hirschers Sammlung gelangt, wodurch sich der spezifisch, oder wenigstens vorherrschend, oberschwäbische Charakter derselben ganz ungezwungen erklären würde.

Aus allem möchte sich ergeben, dass die künstlerische Vergangenheit Oberschwabens viel reicher war, als die heutzutage noch daselbst vorfindlichen Werke ahnen lassen. Ein Blick in das Verzeichnis; der ehemaligen Ausstattung der Pfarrkirche und der Kapellen der einzigen Reichsstadt Biberach (cf. „Freiburger Diözesanarchiv“ 1889) bestätigt diese Annahme vollständig.

Sollten sich nun nicht Mittel und Wege finden lassen, um wenigstens durch Photographische Aufnahmen, zu denen die Direktionen der Sammlungen ohne Zweifel willig die Erlaubnis geben würden, die in der Heimat selbst entstandenen Lücken zu ersetzen? Ein photographisches Album von Werken oberschwäbischer Malereien und Skulpturen oder Werken der Goldschmiedekunst und des Holzschnitts etc. nach und nach anzulegen, würde für die oberschwäbischen Städte keinen namhaften Aufwand erfordern. Gegenseitiger Austausch der Abdrücke und käufliche Überlassung derselben an Private, die sich dafür interessieren, würde die Kosten noch wesentlich vermindern. Aber auch manche der noch in den benachbarten abgelegenen Landkirchen und Kapellen vorhandenen Statuen und Gemälde würden einer photographischen Aufnahme recht wohl würdig sein. Der Zweck, den das Werk von Professor Keppler mit vieler Mühe angestrebt hat, würde hierdurch erst ganz erreicht werden können.

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Fußnoten

¹ Ziemlich gleichzeitig mit ihm sammelte Frhr. v. Laßberg in Meersburg, dessen Sammlung 1857 der Galerie zu Donaueschingen einverleibt wurde; auch Abel in Stuttgart dehnte seine Sammeltätigkeit teilweise auf Oberschwaben aus. Erst später entstand die Sammlung Haßler in Ulm, jetzt in der Altertumssammlung in Stuttgart. Eine ansehnliche Anzahl Gemälde aus dieser Gegend fand auch in der fürstlich Sigmaring’schen Sammlung ihre Unterkunft. Bildhauer Entreß in München brachte ein großes Material in Handel, aber, soviel bekannt, vorherrschend Skulpturen. unbekannten Maler (nach dem Vorschlag von Kraus in Freiburg) der provisorische Name „Wildensteiner Meister“ beigelegt. Die Ansicht ist nicht ausgeschlossen, dass auch über ihn der Schleier sich noch mehr lüften werde; vorerst ist durch die provisorische Bezeichnung nur der Umstand ausgesprochen , dass die wichtigsten Gemälde desselben sich in der Kapelle des Schlosses Wildenstein (jetzt in der Donaueschinger Galerie) ursprünglich befunden haben.

² Katalog der fürstlich Fürstenberg’schen Sammlung in Donaueschingen 1870; S. 10 und S. 22

³ Professor Keppler bemerkt allerdings in seinem Buch: Württembergs kirchliche Kunstaltertümer S. 390, dass die Berliner Nummern 563 a—d und 583 aus Jsny stammen. Da jedoch Dursch, von dem wir glauben dürfen, dass er die Sammlung Hirscher aus eigener Anschauung kannte, für die Nummern 563 a — d ausdrücklich Ravensburg als ursprüngliche Heimat benannte, so glauben wir, nicht mit Unrecht ihm folgen zu dürfen.

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