Wer besaß die Nikolaikirche und den Altar zwischen 1802 und 1860?
Um zu verstehen, wann – und durch wen – der Altar verkauft wurde, muss man die Besitzverhältnisse bezüglich der Kirche in dieser Zeit klären.
Etwas verkaufen konnten schließlich auch damals nur die Besitzer.
Ich verfolge daher den bekannten Ansatz aller Kriminalisten:
„Follow the money“ 😉
Dies beinhaltet:
– Wer war „Besitzer“ des Altars und der Nikolaikirche – und hat Zahlungseingänge für den Verkauf verbucht?
– Wer hat den Altar gekauft / ersteigert und dafür Geld ausgegeben? Teile des Altars wurden von Johann Baptist Hirscher, einem katholischen Geistlichen, erworben und später an die Gemäldegalerie Berlin verkauft. Wie und wann dieser in den Besitz kam, versuche ich herauszufinden. Möglicherweise war er der direkte Käufer – oder nur Zwischenbesitzer.
Unterkapitel
Herren und Besitzer der Stadt Isny und der Kirche
Bis 1802 war Isny reichsunmittelbare Freie Reichsstadt und nur dem Kaiser unterstellt. Kammerer2 beschreibt die desolate Lage der Stadt am Ende des 18.Jahrhunderts. So hatte der Niedergang der einst blühenden und prosperierenden Stadt bereits im 17. Jahrhundert mit dem großen Stadtbrand von 1631 und dem Durchzug mehrerer plündernder Heere (besonders der Schweden) im Dreißigjährigen Krieg begonnen. Im 18. Jahrhundert verloren Handel und Gewerbe immer mehr an Bedeutung, das Zunftwesen war „verrottet“ und die Schulden der Stadt waren bis 1775 auf 159.398 fl. (Gulden) angestiegen. Macht und Entscheidungsgewalt in der Stadt lagen in der Hand einer kleinen Gruppe.
Durch den Reichsdeputationsbeschluß vom 25. Februar 1802 ging die freie Reichsstadt Stadt Isny in den Besitz des Grafen von Quadt über und die Reichsunmittelbarkeit war zu Ende. Kammerer2 schreibt ab S.177 darüber, dass der neue Landesherr von Regensburg aus eine feierliche Proklamation erließ: „Nachdem nun unserem gräflichen Hause die ehemalige Reichsstadt Isny samt der an dieselbe grenzenden Benediktinerabtei mit aller Landeshoheit und den Domänen wie auch allen darin gelegenen geistlichen und weltlichen Stiftungen als wahres Eigentum zuerkannt wurden …“ Damit befand sich vermutlich auch die Nikolaikirche, die zuvor im Besitz der Kirchenstiftung befand, unter gräflicher Hoheit. Nach der Säkularisierung befand sich Isny also zunächst im Besitz des Grafen Quadt – wobei die privaten Häuser sicher im Besitz der Bürger blieben. Dabei stellt sich die Frage: Blieb die Nikolaikirche im Besitz der Landeskirche?
1806 ging die Stadt dann in den Besitz des Königreiches Württemberg über – wodurch sich der Niedergang der Stadt beschleunigte, da sie nun durch Zollschranken von ihren früheren Handelspartnern in Bayern und Österreich so gut wie abgeschnitten war und in der Eckrandlage in Württemberg als „hinterer Appendix“ vollkommen abseits lag. Eventuell befanden sich das Gebäude der Nikolaikirche samt Inventar ab diesem Zeitpunkt im Besitz der Landeskirche Württemberg.
Überlegungen zum Verkauf der Strigel-Bilder
Damit müssten in deren Rechnungsbüchern Zahlungseingänge aus dem Verkauf erscheinen – und Kaufverträge mit Bestandslisten zu entdecken sein.
Dadurch können die Infos in Beständen des Landesarchivs, im Bestand der Hofkammer des Hauses Württemberg, im Kirchenarchiv der Evang. Kirchenpflege in Isny, der Landeskirche Württemberg uswusf. zu finden sein. Erschwert wird das Stöbern auch dadurch, dass die Urkunden und Berichte handschriftlich in Sütterlin erfolgten, was (für mich) ein schnelles „Querlesen“ und Suchen unmöglich macht.
Römisch-katholische Kirchen und Klöster befanden sich im Besitz der Kurie – bzw. nach der Säkularisation und Mediatisierung im Besitz des König- oder Fürstentums, dem die Güter durch die Säkularisation zugeschlagen wurden. Doch wer besaß die reformierten, evangelischen Kirchen? Waren diese in den freien Reichsstädten vor der Mediatisierung im Besitz der Bürger der Stadt?
Leider kann ich manche Akten (noch) nicht entziffern, die sich im Landesarchiv Baden-Württemberg abrufen lassen – wie dieses Dokument aus dem Staatsarchiv Ludwigsburg, E 179 II, Büschel 1215. ¹
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-70957-9
Wann wurde der Strigel-Altar (oder Teile) verkauft?
1834 verkaufte Johann Baptist Hirscher 61 Tafelgemälde an den Stuttgarter Obertribunalprokurator Carl Gustav Abel (1798–1875) (s.u.). Der Weiterverkauf dieser Sammlung im Jahr 1859 an den Württembergischen König bildeten den Grundstock der ➥ Staatlichen Gemäldesammlung.
1856 bot Hirscher wieder eine große Sammlung der Grosherzoglichen Sammlung in Karlsruhe an, im Verzeichnis sind Bilder Strigels genannt, die aus Isny stammen und heute in der der Kunsthalle Karlsruhe ausgestellt sind.
Ähnliche Kapitel
Fußnoten/Anmerkungen
¹ Hier gilt mein besonderer Dank Herrn Dr. Eberhard Fritz vom Archiv des Königshauses Württemberg in Altshausen, der mich auf verschiedene Quellen und Recherchemöglichkeiten hingewiesen hat.
2 Kammerer, Immanuel: Isny im Allgäu – Bilder aus der Geschichte einer Reichsstadt, Verlag des Heimatpflegers von Schwaben, Kempten 1956, S.170