Weitere Kapitel zum Strigel-Altar

Mögliche Käufer – und „Zweitbesitzer“ des Altars aus Isny

Nach der Säkularisation (ab 1803) wurden die Ausstattungsgegenstände zahlreicher Kirchen und Klöster versteigert – und verramscht. Einige Sammler und Kunstkenner Süddeutschlands hatten sich bei den Versteigerungen mit christlicher Kunst eingedeckt – oft durch Konvolute, die massenhaft gestapelt waren.

Zu den Sammlern und Erwerbern existiert eine interessante Dissertation von Enno Krüger:13
https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/13304/1/Diss_Enno_Krueger.pdf

Carl Gustav Abel (1798-1875). Ein Nachfolger der Boisserées in Stuttgart ab S. 248

Johann Babtist Hirscher (1788-1865)

Einige Bestandteile werden Verkäufen aus der „Sammlung Hirscher“ zugerechnet.
Prof. Dr. Johann Baptist von Hirscher, geboren in Altergaten, Gemeinde Bodnegg (das knapp 35 Kilometer von Isny entfernt liegt) war Geheimer Rat, Professor der Theologie und Kunstsammler im 19. Jahrhundert. Er sammelte in großem Umfang und verkaufte mindestens 3 Mal große Bestände an andere Sammler wie Abel und an Museen. Mit dem Erlös finanzierte er karitative Zwecke.
Er begann mit der Sammlung mittelalterlicher Kunst gegen 1816, nachdem er eine Ausstellung von Prinz Ludwig zu Oettingen-Wallerstein besucht hatte. Hirscher war einer der ersten Sammler in Süddeutschland, der mittelalterliche Kunst sammelte, um sie vor der Zerstörung zu bewahren. Möglich ist, dass er bereits 1816/1817 – als im gesamten Voralpenraum nach Missernten eine große Hungersnot herrschte – mit seinen An- und Verkäufen  zur Finanzierung von Suppenküchen beigetragen hat, als die Verkäufer sich lieber vom (damals als wertlos erachteten) „Mittelalterzeug“ trennten, als zu verhungern.

Infos zu Hirscher:
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=nid%3D118551531
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_von_Hirscher
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=10617&id=7452927&screenbreite=1872&screenhoehe=1053 (Portrait)

Hirscher kommt als möglicher Käufer der Altarbilder infrage und die Entstehungszeit seiner Sammlung deutet darauf hin, dass die Werke des Altars bereits vor 1846 verkauft wurden – einige der oben Altarbilder, die Isny zugeordnet werden, befanden sich bereits 1846 in seinem Besitz. 7

Da sich Teile des Isnyer Altares (nach Waagen) bereits 1846 im Besitz der Sammlung Hirscher befanden, schließe ich einen Zusammenhang mit der Renovierung der Nikolaikirche 1850-1854 eher aus – wobei es sich auch um Maßnahmen im Vorfeld der Finanzierung gehandelt haben könnte. Schlüssiger scheint mir jedoch der Ankauf in den Jahren 1816/1817, als in Deutschland eine große Hungersnot herrschte und die Spitalpflege Isny eine Suppenküche eingerichtet hatte.

In der Dissertation von Enno Krüger schreibt dieser: „Wir konnten nachvollziehen, wie sich Hirschers Sammelinteresse von Etappe zu Etappe verlagert hat. Er beginnt um 1816 als Sammler schwäbischer Regionalschulen mit Erwerbungen in seiner näheren Umgebung. (…) Sein Ruf als Sammler beruht zweifellos auf den Werken der altdeutschen
Tafelmalerei in seinem Besitz. Mehrere Stücke oberrheinischer und fränkischer Herkunft eingerechnet, sind an die zweihundert solcher Bilder durch seine Hände gegangen. Die Malerei der schwäbisch-alemannischen Spätgotik repräsentiert diese Sammlung in erstaunlicher Geschlossenheit, wobei der westschwäbische Anteil überwiegen mag. Ihr Bestand ist so vielgestaltig und ungleichgewichtig, wie sich in Südwestdeutschland die malerische Produktion dieser Zeit entwickelte.“13

➥ https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/13304/1/Diss_Enno_Krueger.pdf

„Weitere größere Verkäufe erfolgten an die ➥Berliner Gemäldegalerie im Jahr 1850 und an die ➥Gemäldesammlung des Badischen Großherzogtums in Karlsruhe im Jahr 1858 (siehe ➥ Bestandsliste der Sammlung Hirscher 1857) . Kurz vor seinem Tod verkaufte er 1865 weitere Kunstwerke an Württemberg.“ (Wikipedia)

Zur Sammlung Hirscher gibt es einen Artikel von Pfarrer Dr.Probst in Essendorf: „Einblick in die Sammlung Hirscher“  in: Archiv für christliche Kunst, Band 12, Heft Nr.2, Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins, 1893 – darin findet sich auch ein Hinweis auf den Privatsammler Abel und auf Fundorte von Arbeiten Strigels.
(Jahrgang 1892, S.4), Quelle: ➥ https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/afck1894/0018/image,info.
In diesem Artikel wird auch ein Aufsatz von „Galeriedirektor Waagen“, Berlin erwähnt, der sich mit der Sammlung Hirscher (Stand 1846) befasst und im „Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt – 1848, S.237“ erschien. ( ➥ https://doi.org/10.11588/diglit.3220#0047)

Zur Person und zur „Sammlung Hirscher“ siehe auch:
Otto Rundel: Johann Baptist von Hirscher (1788–1865) und seine Kunstsammlung. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte, 49. Jg. 1990, S. 296–319
Diözesanmuseum Rottenburg (Hrsg.) Glaube – Kunst – Hingabe. Johann Baptist Hirscher als Sammler, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Ostfildern 2015, Jan Thorbecke Verlag, ➥ ISBN 978-3-7995-0690-8
 ➥ https://dioezesanmuseum-rottenburg.de/ausstellung/johann-baptist-hirscher-als-sammler-glaube-kunst-hingabe/

Erwähnt in: Johann Baptist von Hirscher (1788-1865) – Die Sammlungen eines Reformtheologen ab S.236

Literatur:

Feuerstein, Heinrich: “Eine” bisher unbekannte Sammlung Hirscher aus dem Jahre 1821, Verlag nicht ermittelbar, 1924
https://books.google.de/books?id=T-RPYgEACAAJ (kein Digitalisat)

Verkäufe von Werken aus der Sammlung Hirscher

Kunsthalle Karlsruhe

1857 bot Hirscher seine Sammlung der Großherzoglichen Sammlung in Karlsruhe (der heutigen Kunsthalle) zum Verkauf an und erstellte ein handschriftliches Inventarverzeichnis, das sich heute im Generallandesarchiv Karlsruhe befindet. 17 a[Verzeichnis Hirscher, GLA Karlsruhe, 1857/8, Inventar Hirscher, 1856, Signatur: 56/1601, fol. 242r (247r) – 249r (254r)

Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen

Es wurden mir von der Sammlung Würth freundlicherweise Abbildungen der in der Sammlung Würth befindlichen Strigel-Bilder zur Verfügung gestellt. Diese passen in Duktus und Größe nicht zu den Gemälden, die dem/den Altären aus Isny zugeordnet wurden.

Akten über Sammlung Dr. Hirscher Freiburg: Fundstelle zum Verkauf durch Hirscher an das Haus Fürstenberg:
Generallandesarchiv Karlsruhe 441-3 Nr. 663
Permalink: ➥ http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1972464
Enthält: 1912, Dr. Feuerstein, Fürstliche Gemäldesammlungen Donaueschingen, Generalintendanz der Großherzoglichen Civilliste, Kaufvertrag, Verzeichnis der altdeutschen Ölgemäldesammlung des Herrn Geheimrat Dr. von Hirscher, Testament, Umfang 2,5 cm, Vorsignaturen 441 Zugang 1981-70 Nr. 114. Wikipedia schreibt: „Grundbestand der Kunstsammlung waren die Objekte aus dem Erbe der Herren von Zimmern und von Helfenstein mit dem Meister von Meßkirch sowie einige bedeutende Ankäufe von Kunstwerken im Gründungsjahr des Museums. Zuständig für das Münzkabinett und die Kunstsammlung war ab 1836 Franz Simon von Pfaffenhofen, der die Sammlungen erweiterte. Nach Heinrich Feurstein betreute ab 1954 Christian Altgraf zu Salm (1906–1973) die Sammlung. (…) Die Abteilung der alten Kunst wurde 2003 verkauft und bildet heute den Glanzpunkt der Sammlung Würth, ausgestellt in der Johanniterkirche in Schwäbisch Hall. (Wikipedia: ➥ https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstlich_F%C3%BCrstenbergische_Sammlungen)

Johann Georg Martin Dursch(1800-1881)

Der Rottweiler Stadtpfarrer und Dekan Johann G.M. Dursch hatte ab 1836 Kunstwerke (vorwiegend Plastik) aus dem 13. – 17. Jahrhundert zusammengetragen und diese Sammlung mittelalterlicher Kunst mit 71 (180 ?) Objekten 1862 an den Bischof von Rottenburg verkauft – wo sie im 1992 dafür errichteten ➥ Diözesanmuseum Rottenburg  in Rottweil ausgestellt werden.
Dort befinden sich drei Tafeln des Katharinenaltars aus der Nikolaikirche in Isny.

Carl Gustav Abel (1798–1875)

Abel besaß eine umfangreiche Sammlung süddeutscher Tafelbilder.7
Abel war Obertribunalprofurator in Stuttgart (genannt in https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/afck1894/0018/image,info)
„1834 verkaufte Hirscher 61 Tafelgemälde an den Stuttgarter Obertribunalprokurator Carl Gustav Abel (1798–1875) (s.u.). Der Weiterverkauf dieser Sammlung im Jahr 1859 an den Württembergischen König bildeten den Grundstock der ➥ Staatlichen Gemäldesammlung.

Nach der Hängung seiner Bilder in Ludwigsburg ließ Abel 1855 einen Ausstellungskatalog mit 134 Nummern drucken, eine für eine Privatsammlung dieser Zeit zweifellos außergewöhnliche Selbstdarstellung.8 9

Borger,

Borger war Kunsthändler aus Bad Buchau
„Abel notierte sich die Namen von gut drei Dutzend Personen, die ihm Bilder verkauften. Weitere prominente Sammler sind außer Hirscher nicht darunter gewesen. In der Mehrzahl waren es unbekannte Privatleute wie ein Steuerkommissar Sizler, Domherr von Vanotti in Ehingen, Feldwebel Hartmann oder ein Fräulein Baumeister aus Stuttgart. Kunsthändler, die ihn belieferten saßen in Stuttgart (Maurer, Franz Schippert), Ellwangen (Hess), Gailingen (Dettelbach), Ravensburg (Witwe des Malers und Händlers Herrich), Frankfurt (Metzler), Mannheim (Werth), Aachen (Angermann) und Wien (Goldmann). Als Lieferanten und Tauschpartner spielten daneben auch der Tübinger Maler Carl Dörr und vor allem auch der bereits erwähnte Händler Borger aus Buchau eine wichtige Rolle.“ Fußnote dort: „Borger war auch ein Bilderlieferant des Fürsten v. Hohenzollern in Sigmaringen; siehe Kat. Fürstlich Hohenzollern‘ sches Museum zu Sigmaringen, Bd. 1: Verzeichnis der Gemälde, bearb. v. F(riedrich) A(ugust) Lehner, Sigmaringen 1871, Nr. 47, 66, 69, 70, 96, 106, 113, 117 u. 121.“
Quelle: Enno Krüger, a.a.O. S.257

Karl Joseph Emmanuel von Herrich

Zeichnungslehrer und Altertumshändler in Ravensburg, tätig um 1848 (genannt in „Archive für christliche Kunst“ https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/afck1894/0018/image,info) Zu Herrich findet sich folgender Aufsatz von Pfarrer K.A.Busl in Bavendorf:
„Zu dieser Zeit lebte in Ravensburg der Bürger Maler und Zeichenlehrer Karl Joseph Emmanuel von Herrich. Als Maler nicht von Bedeutung zeichnete er sich um so mehr als eifriger, fundiger und zudem als einziger dortiger Sammler in jener Zeit aus (erst später und in viel geringerem Umfang folgte ihm der Maler Biber und rettete so manche alte Kunstgegenstände vor Verwahrlosung oder Verderben in einer Zeit, wo solche gemeiniglich meist unbeachtet blieben und ihre Wertschätzung erst in engeren Kreisen aufzudämmern begann. Seine Wohnung in der jetzigen Essigfabrik beim grünen Turm war mit Kunstsachen der gotischen und noch mehr der späteren Perioden angefüllt, die er übrigens nach mündlicher Überlieferung nur aus der Stadt und deren Umgebung zusammenbrachte.

Kunstliebhabern wohl bekannt verhandelte v. Herrich viel da und dorthin, namentlich an Liebhaber und Händler in Augsburg, wo er Verwandte besaß; was nach seinem Tode noch verhanden war wurde in alle Winde zerstreut. (…) Ohne Zweifel stand Herr Professor Hirscher mit Herrn von Herrich in Geschäftsverbindung; hat er ja nachweislich namentlich aus dem Oberland alte Kunstwerke gesammelt und war selbst ein Oberländer, gebürtig von Altergaten, Gemeinde Bodnegg, Oberamts Ravensburg. Nun besaß Hirscher vor dem Jahre 1845 eine ausgezeichnete Holzskulptur ‚Mariä Schutz‘, betreffs welcher Dekan Dursch in Rottweil folgende, höchst willkommene und wichtige Nachricht gibt: ‚An dem Hochaltar in der Pfarrkirche zu Ravensburg war einst zu lesen: ‚Diese Tafel hat Meister Friedrich Schramm geschnitten und Meister Christof Kelltenofer gemalt und gefasst 1480.‘ Von diesem Altar erwarb Professor v. Hirscher die ausgezeichnet schöne Madonna, die Beschützerin der Sünder, die aus dessen Besitz nun nach Berlin gewandert ist. (…)“ Fußnote dazu: Der Verfasser besitzt aus dieser Sammlung eine kniende vom Engel begrüßte Madonna, polychromiertes Flachrelief 85 cm hoch aus dem Anfang des 16 Jahrhunderts. Der Engel fehlt. 8 Tafeln von B.Zeitblom (Anm.: Arbeiten Strigels wurden im 19.Jh. manchmal Zeitblom zugeschrieben), 1 Porträt angeblich von Amberger und zwei Doppeltafeln, …“
Quelle: ➥ https://books.google.de/books?id=w2IoAAAAYAAJ&pg=RA1-PA57&dq=Karl+Joseph+Emmanuel+von+Herrich

Literatur zu Herrich:

Pfarrer K.A. Busl in Bavendorf : Der Bildhauer Friedrich Schramm in: Archive für christliche Kunst, Bände 6-7, S.57 ff.‘
https://books.google.de/books?id=w2IoAAAAYAAJ&pg=RA1-PA58 (Digitalisat)

Martin Leichtle

„Der Brauerei- und Gutsbesitzer Martin Leichtle schenkt seine reiche Sammlung zumeist aus dem zu Beginn des Jahrhunderts versteigerten Inventar der Kempter Residenz und zahlreichen Allgäuer Landkirchen stammend, dem Kempter ‚Altertumsverein‘. Da Leichtle an die Schenkung jedoch die Bedingung knüpft, dass die Altertümer ausgestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen, verzichtet der ‚Altertumsverein‘ auf alle großen Stücke, insbesondere auf die gotischen Altäre und Tafelbilder, die daraufhin zusammen mit anderen Kostbarkeiten ins ‚Bayrische Nationalmuseum‘ nach München und ins ‚Germanische Museum‘ nach Nürnberg wandern.“ (Quelle: Alfred Weitnauer: Allgäuer Chronik, Allgäuer Zeitungsverlag Kempten, 1984, Band III, S.390)

Carl von Mayenfisch

Hofbeamter des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Mit ihm, der selbst altdeutsche Tafelmalerei sammelte und beim Aufbau der fürstlichen Sammlung eine bedeutende Rolle spielte, stand Abel in brieflichem Kontakt. 29 Konkrete Verhandlungen mit Abel zu diesem Zeitpunkt sind jedoch nicht belegt, 1863 jedoch ersteigerte Fürst Carl Anton einige Stücke aus der Abelschen Sammlung, darunter vermutlich „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“, das als (ehemaliger) Besitz der fürstlichen Sammlung erwähnt wird. 7

Falls jemand Kenntnisse oder eine Idee hat, durch wen und wann die Versteigerungen erfolgten – oder wo Bestandslisten aufzufinden sind – bin ich für Hinweise dankbar. Es ist noch nicht klar, wann der Altar zerlegt wurde – und welchen Grund es dafür gab.

Ludwig Kraft Ernst Karl Fürst zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein

„Mit Erlangen der Volljährigkeit als 21-Jähriger 1812 begann Oettingen-Wallerstein eine Sammlung von mittelalterlichen Rüstungen und Waffen, Münzen und Schnitzwerken, Glasmalereien sowie besonders aber von Gemälden aufzubauen. Für die Ausstellung seiner Kunstschätze gründete Fürst Ludwig ein Museum, welches er am 1. Mai 1816 in Schloss Wallerstein eröffnete. König Ludwig I. erwarb 1828 große Teile der Sammlung für die Alte Pinakothek. Einen kleinen Teil der Sammlung bekam Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, Queen Victorias deutscher Gatte. Goethe’s Zeitschrift „Kunst und Alterthum“ rühmte die Stücke. Von 1842 bis 1947 befand sich der Rest der Sammlung im ehemaligen Kloster Maihingen, das 1802 im Zuge der Säkularisation an das Fürstenhaus gelangt war und bis 1946 in dessen Besitz blieb. Seither ist das Ausstellungsgut auf der Harburg untergebracht. Der Kunsthistoriker Enno Krüger schreibt Oettingen-Wallerstein sei mit seiner Sammlung zu den bedeutendsten Sammlern mittelalterlicher Kunst seiner Zeit zu zählen. (…) Oettingen-Wallerstein sei „bestrebt gewesen das kulturelle Erbe des Mittelalters in großem Stil zu retten, sachgerecht aufzubewahren, nach gelehrten Prinzipien zu ordnen und den interessierten Zeitgenossen zur geistigen Aneignung freizugeben (…)
1821 hörte Fürst Ludwig, dass König Maximilian I. die Burg Schwanstein bei Füssen im Vorjahr für 200 Gulden auf Abbruch verkauft habe, nachdem sie seit längerem verfallen und zudem in den Koalitionskriegen von 1800 bis 1809 beschädigt worden war. Sofort erwarb er die Burg für 220 Gulden, um sie zu retten, da er von ihrer Lage – wie auf einer Panoramabühne in reizvollster Landschaft zwischen Alpsee und Schwansee – begeistert war. Er ließ für 507 Gulden Reparatur- und Sicherungsmaßnahmen durchführen, verkaufte sie jedoch bereits 1823 wieder, nachdem er aufgrund seiner morganatischen Heirat seine Stellung als Familienoberhaupt verloren hatte. 1832 kaufte König Maximilians Enkel, Kronprinz Maximilian, der spätere König Max II., die spätgotische Burg für 7000 Gulden zurück und ließ sie als „Schloss Hohenschwangau“ neugotisch restaurieren, wie es Fürst Ludwig schon zehn Jahre zuvor geplant hatte.“
Quelle: ➥ https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_(Oettingen-Wallerstein)
siehe auch:
Georg Grupp: Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein als Museumsgründer. In: Jahrbuch 6 des Historischer Verein für Nördlingen und Umgebung. Augsburg 1917, S. 73–109
Online: ➥ https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Grupp_oettingen_wallerstein.pdf

Joseph F. zu Waldburg-Zeil-Wurzach

„Der Reichserbtruchsess Joseph F. zu Waldburg-Zeil-Wurzach (1748-1813), Domkapitular in Köln und Straßburg, war ein reiner Gemäldesammler. Sein Interesse für die Malerei der italienischen Hochrenaissance und der französischen, italienischen, sogar deutschen und vor allem niederländischen Barockmalerei entsprach dem üblichen aristokratischen Zeitgeschmack. Erstaunlich für seine Zeit ist jedoch die Zugehörigkeit von rund 155 altdeutschen und altniederländischen Tafelgemälden, die immerhin rund elf Prozent des gesamten Bestandes ausmachten.“
Quelle: Enno Krüger, S.53 – er gibt als Quelle an: Zur Sammlung siehe: Kircher, Gerda Franziska, Die Truchsessen-Galerie. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Kunstsammelns um 1800 (Galerie. Beiträge zur Kunstgeschichte, Bd. 2, hrsg. v. Franzsepp Würtenberger), Frankfurt am Main/Bern/Las Vegas 1979 (mit veralteten Signaturen zum Nachlass u. falschen Auktionserlösen auf S. 81); zum „altdeutschen“ Bestand bes. S. 79-94.

(…) Welche Meister sich hinter den in den Inventaren überlieferten Zuschreibungen an Dürer, Cranach, Holbein, Hans Baldung, Christoph Amberger, Heinrich Aldegrever und Hans von Aachen verbergen, lässt sich in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr überprüfen, nachdem der Graf seine Bilder schuldenhalber an das österreichisch-englische Bankhaus Fries abtreten
mußte, das die Sammlung in London in mehreren Etappen veräußerte und damit gänzlich verstreute.“ 14

Französische Besatzungssoldaten

Mehrmals zog die französische Armee auch durch Isny und quartierte sich ein.
„Die Ausstellung altdeutscher Gemälde im Musée Napoléon (1803-1815) Die Wiederentdeckung der „altdeutschen‟ Tafelmalerei hat ein französisches Vorspiel, das nicht übergangen werden darf. Es mag als Ironie der Geschichte erscheinen, daß eine kleine Auswahl von Werken Albrecht Altdorfers, des Älteren Cranachs, Hans Baldungs und des Jüngeren Holbeins, um nur die prominentesten Meister zu nennen, als Kriegsbeute der französischen Truppen verschleppt – ausgerechnet in Paris eine ausdrückliche und in ganz Europa sichtbare Würdigung erhielten. Und zwar bevor das deutsche Kunstpublikum die Malerei der Dürer-Zeit für sich entdeckt hatte.
1. Im Museum Central des Arts, das 1803 in Musée Napoléon umbenannt wurde, waren altniederländische und altdeutsche Tafelbilder in eine große Zusammenschau europäischer Malerei einbezogen.
2. Außerhalb der ständigen Ausstellung waren sie ein gewichtiger Bestandteil zweier dort gezeigter Sonderausstellungen von Werken, die aus deutschen Galerien erbeutet worden waren. 1807 zeigte man solche Gemälde anlässlich des ersten Jahrestages der Schlacht von Jena (Austerlitz). (…) Diese und andere wurden von den Franzosen in verschiedenen Etappen
beschlagnahmt, in einzelnen Fällen auch käuflich erworben.7 1794/95 in den südlichen Niederlanden, dem heutigen Belgien, und in den linksrheinischen Gebieten. 1800/01 in Augsburg, München und Nürnberg, wobei François-Marie Neven als Kunstkommissar der Besatzungsarmee auftrat. 1806/07 in Kassel, Braunschweig, Berlin und Danzig und schließlich 1809 in Wien, wo der dort zuständige französische Kommissar seine Auswahl allerdings in diplomatischer Rücksicht auf das Kaiserhaus beschränken musste. (…) „15

 


Literatur

Enno Krüger: Frühe Sammler „altdeutscher“ Tafelgemälde nach der Säkularisation von 1803. Diss. Heidelberg 2009
Digitalisat: ➥ https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/13304/1/Diss_Enno_Krueger.pdf

Holst, Niels von: Künstler, Sammler, Publikum. Ein Buch für Kunst- und Museumsfreunde, Darmstadt 1960, S. 160f. Verstreute Beispiele für altdeutsche Tafelmalerei in Gemäldesammlungen des 17. und 18. Jahrhunderts siehe: S. 101, 109f., 163-166, 170f. u. 203. (Hinweis aus Krueger, S.13)

Calov, Gudrun, Museen und Sammler des 19. Jahrhunderts in Deutschland, zugleich Diss. phil. Köln 1968, in: Museumskunde, 3. F. 10 = 38, 1969, Heft 1-3, S. 1.


Fußnoten

7 Archiv der Staatsgalerie: Fleischhauer, Werner, Die Gemälde der Sammlung Abel nach der Reihenfolge ihres Erwerbes, entsprechend der „Chronologischen Zusammenstellung der Ausgaben“, 46 S., 399 Nrn., masch.-schriftl. Verz. um 1984 (im folgenden zit. als Verz. Abel 1984). Dem Verz. liegt ein Schreiben v. Prof. Dr. Werner Fleischhauer, Stuttgart, an Frau Maria Abel, Reutlingen, v. 23. August 1984 bei, in dem er sich für ihren „Brief mit den sehr wertvollen Materialien zu der Person des Kunstsammlers Abel und zur Geschichte seiner Sammlung“ bedankt; in einem weiteren Brief an Frau Abel v. 31. Okt. 1884 kündigt er die Rücksendung dieser Unterlagen an.

Inventarverzeichnis der Sammlung Abel auch in: Kugler, Franz [= F. K.], Über eine Sammlung oberdeutscher Gemälde, in: Museum 5, 1837, S. 222f

8 Verzeichnis der in dem Schlosse zu Ludwigsburg aufgestellten altdeutschen Gemälde des Obertribunal-Prokurators Abel zu Stuttgart, Ludwigsburg, Galerie in Schloß Ludwigsburg, Stuttgart 1855 (Ex. im Archiv der Staatsgalerie Stuttgart mit hs. Nachträgen des Sammlers u. Kopie seines „Handexemplares“).

9 Anmerkungen zu Umfang und Inhalt von Abels Ausstellung in Ludwigsburg finden sich auch bei Enno Krüger ab S. 258 ➥ https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/13304/1/Diss_Enno_Krueger.pdf

13 Enno Krüger: Frühe Sammler ‚altdeutscher‘ Tafelgemälde nach der Säkularisation von 1803 Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg ZEGK − Institut für Europäische Kunstgeschichte von Enno Krüger, M.A. aus Göttingen, 2008
Digitalisat: ➥ https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/13304/1/Diss_Enno_Krueger.pdf

14 a.a.O. S.54

15 a.a.O. S.58

16 vgl. die Beschreibung der Notlagen in:  Institut für sozialwissenschaftliche Regionalforschung – Veröffentlichungen 14 – Sabine Sutterlütti – „Jammer, Elend und Noth!!“ – Vorarlberg 1814 bis 1818
https://zenodo.org/record/3726902/files/Institut%20f%C3%BCr%20sozialwissenschaftliche%20Regionalforschung%20Ver%C3%B6ffentlichungen%2014.pdf

17 Verzeichnis Hirscher, Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA), 1857/8, Inventar Hirscher, 1856, Signatur: 56/1601, fol. 242r (247r) – 249r (254r)
Transkript Verzeichnis der Sammlung Hirscher

Loading