Überlingen am Bodensee – Sehenswertes, Geschichte und Insidertipps. Das etwas andere Portal zu Überlingen in Oberschwaben. Hier gibt es nützliche Links, Insidertipps, (alte und neue) Karten, Fotos, Ausflugsziele.

Allgemeines

Internetauftritt der Stadt Überlingen
Wikipedia:Überlingen
Alemannische Wikipedia:Überlingen
Wikisource: Historische Quellen zu Überlingen

Historische Lexikoneinträge

Überlingen
Bezirksamtsstadt im bad. Kreis Konstanz, am Überlinger See, der nordwestlichen Bucht des Bodensees, an der Staatsbahnlinie Stahringen-Friedrichshafen, 410 m ü. M. hat 4 kath. Kirchen, darunter die fünfschiffige gotische Münsterkirche mit bedeutenden Kunstwerken und der 88,5 dz schweren Glocke Osanna, eine evang. Kirche, ein altes Rathaus mit prächtigen Holzschnitzereien von 1494, eine alte Stadtkanzlei (eine Perle deutscher Renaissance von 1598), die sogen. Burg des Alemannenherzogs Gunzo mit dem Bilde Gunzos und der Jahreszahl 641, mehrere Patrizierhöfe, darunter derjenige der Herren Reichlin von Meldegg (von 1462) mit der sogen. Luciuskapelle und schönem Bankettsaal (jetzt Bierbrauerei), alte Festungstürme und Tore und in Felsen gehauene Stadtgräben (jetzt in Promenaden umgewandelt), ein Denkmal des Pfarrers Wocheler, eine über der Stadt gelegene Johanniter- und Malteserkommende St. Johann, einen Hafen, eine erdig-salinische Mineralquelle von 14° mit Bad, Seebäder und (1905) 4379 Einw., davon 499 Evangelische und 6 Juden.

In industrieller Beziehung sind zu nennen: Eisengießerei, Glockengießerei, Fabrikation von Feuerspritzen und Brauereieinrichtungen, mechanische Werkstätten, Orgelbau, Ateliers für kirchliche Kunst, Mühlen etc.; sonst hat die Stadt Weinbau, Obsthandel und Dampfschiffahrt. Ü. hat eine Realschule, ein Waisenhaus, eine Stadtbibliothek (30,000 Bände), ein kulturhistorisches und Naturalienkabinett und ist Sitz eines Amtsgerichts, eines Hauptzoll- und eines Forstamtes. – Ü., im Altertum Iburinga, zuerst 1155 urkundlich erwähnt, erhielt 1275 von Rudolf von Habsburg ausgedehnte Privilegien, wurde 1397 Reichsstadt, trat dem Schwäbischen Städtebund bei und nahm 1377 am Städtekrieg teil. Im Dreißigjährigen Kriege wurde die Stadt 1632 von Bernhard von Weimar erobert, 1634 von den Schweden unter Horn vergebens belagert, 1643 von den Württembergern unter Widerhold geplündert, 20. Mai 1644 von den Bayern nach viermonatiger Belagerung genommen und 1647 an die Schweden übergeben, die sie nach dem Westfälischen Frieden wieder räumten. 1803 fiel Ü. an Baden. Vgl. Staiger, Die Stadt Ü. sonst und jetzt (Überling. 1859); Schäfer, Wirtschafts- und Finanzgeschichte der Reichsstadt Ü. 1550–1628 (Bresl. 1893).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 859.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007620152

Karten


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Fotos & Abbildungen

Info-Schild am Stadtgarten

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Grünanlagen und Stadtpark

Kakteen im Stadtpark © Wolfgang Autenrieth, 2017
Stadtgarten Überlingen © Wolfgang Autenrieth 2017

Kunst, Kultur und Brauchtum

Kultur und Sehenswürdigkeiten (Wikipedia)
Überlingen auf ‚Bildindex‘
Überlingen auf ‚Google-Art‘
Überlingen auf ‚Zeno-Org‘

Geschichte

De Merian Sueviae 252
Vberlingen, Matthäus Merian: Topographia Sueviae, 1643
Matthäus Merian, Topographia_Sueviae: Vberlingen (Wikisource)

Ausflüge und Sehenswertes

Wikivoyage: Überlingen (Projekt der Wikimedia)
Wikitravel: Überlingen

Nachbargemeinden

angrenzende Städte und Gemeinden (aus Wikipedia)

Teilorte / Teilgemeinden

Ortschaften und Wohnplätze von Überlingen (aus Wikipedia)

Sagen, Mythen und Geschichten

➥ Die_Heidenhöhlen_bei_Ueberlingen Text auf Wikisource
Überlinger Sagen
➥ Theodor Lachmann veröffentlichte unter dem Titel Überlinger Sagen 18 Sagen in 3 Teilen   

Ueberlingen’s Ursprung

Eine der frühesten Pflanzstätten des Christenthums am untern Bodensee war Iburningä, eine Allemannische Ansiedelung, auf dem nördlichen Ufer des Sees gelegen und auf Felsen gegründet. Wie es scheint, war sie damals, im Anfange des 7. Jahrhunderts, der Mittelpunkt der fränkischen Regierung dieser Gegend. Ein christlicher Frankenherzog Allemanniens, Namens Gunzo, hochgeehrt am fränkischen Hofe, hatte dort seinen Wohnsitz.

Zur Zeit, als der heilige Gallus am See den Heiden den wahren Gott predigte, geschah es, dass Herzogs Gunzo einzige schöne Tochter, Frideburg mit Namen, die dem Frankenkönige Sigebert, Theuderichs Sohne, verlobt war, in eine schwere Krankheit verfiel, so dass ihr Vater und alles Volk glaubte, sie sey von einem bösen Geiste besessen. Die Priester, welche ihr Bräutigam zu ihrer Heilung sendete, verspottete sie, und erst nach langem Toben der Krankheit verlangte sie plötzlich, dass der fromme Gallus aus seiner Wüste geholt werden solle. Als nun die Botschaft über den See nach Arbon kam, wo sich gerade der heilige Mann bei seinem Freunde, dem christlichen Presbyter Willimar, auf Besuch befand, glaubte Gallus, voll Demuth, dem Ruf an den Hof des Fürsten nicht folgen zu dürfen, und entwich mit zwei seiner Schüler in’s alte churische Rhätien nach Quaradaves (Grabs), wo er einen Christendiakon, Johann, fand und sich bei ihm in einer Höhle verbarg. Doch Willimar eilte ihm nach, fand ihn dort und, indem er ihm zu Gemüte führte, dass es ein Ruf Gottes seyn müsse, der ihn zu einem Werke der Liebe fordere, überredete er ihn, mit ihm umzukehren und über den See nach Iburningen zum Herzog Gunzo zu fahren, was er auch that.

Wirklich genas auch die Prinzessin Frideburg auf sein Gebet, und die alte Urkunde [das Leben des h. Gallus, von Walafried Strabo) erzählt, dass der grimme Geist in Gestalt eines schwarzen Raben aus ihrem Munde geflogen sei. Der dankbare Herzog verlangte, Gallus solle die eben erledigte Bischofsstelle von Constanz annehmen; aus ungeheuchelter Demuth aber lehnte sie Gallus ab, schlug jedoch einen eingebornen Allemannen, den obenerwähnten Diakonus von Quaradaves, Johannes, dazu vor, der unter seiner Leitung die heilige Schrift studirt hatte. Herzog Gunzo willigte ein und Gallus wohnte der Weihung seines Freundes im Dome von Constanz bei, diese Gelegenheit benützend, um die Liebe Gottes, die sich in der Schöpfung und Erlösung geoffenbart, den Gemütern der neuen Christen zu schildern. Er betrat mit Johannes die Canzel und dieser dolmetschte in’s Allemannische, was Gallus lateinisch vorgetragen. Als der fromme Apostel mit des Herzogs reichlichen Geschenken nach Arbon zurückkehrte, berief er die Armen aus der Gegend zu sich und vertheilte sämmtliche Geschenke unter sie.

Der Amtmann des Herzogs, zu Arbon, musste auf Gunzo’s Befehl mit allem Volke nach St. Gallus Zelle aufbrechen und ihm dort Wohnungen bauen und einrichten. Die genesene Prinzessin Frideburg aber zog, statt der Hochzeitkleider, ein Nonnengewand an, und in solcher Gestalt fand ihr königlicher Bräutigam, Sigebert, sie an dem Altar, wo sie mit ihm getraut werden sollte und dessen Hörner sie, wie eine Schutzflehende, gefaßt hielt. „Ich trete dich deinem himmlischen Bräutigam ab!“ – sprach der fromme König, ergriff ihre Rechte und legte sie auf den Altar. Dann verließ er die Schwelle des Tempels; „aber“ – fügt der Erzähler hinzu – „Tränen verrieten das Leiden seiner verborgenen, entsagenden Liebe.“
Quelle: Gustav Schwab: Ueberlingen’s Ursprung aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 61–63, 1846
Link: https://de.wikisource.org/wiki/Ueberlingen’s_Ursprung

Das Grab des Hunnenkönigs

In dem Überlingen Walde Sigmundshau, in der Nähe des uralten Hofguts Höllwangen, stet ein kegelförmiger Berg, mit einem Erdwall umgeben. Es ist diß ein sog. Ringwall oder eine Völkerburg und heißt noch jezt beim Volke nur „die Burg“. Wenn man auf dem Gipfel des Berges wandelt, tönt es unter den Füßen, als ob der ganze Berg hol wäre. In disem Berge ist das Grab des Hunnenkönigs. Der Leichnam ruht in einem Diamantsarge, welcher wider von einem goldenen Sarg umgeben ist; der goldene Sarg aber befindet sich in einem silbernem Sarg, der silberne in einem kupfernen, diser in einem zinnernen; dann folgt ein eiserner und zulezt ein eichener. So ist in 7 Särgen die Königsleiche verwart. Niemand aber kann die rechte Stelle finden, obgleich schon da und dort nachgegraben wurde. Denn diejenigen, welche das Grab gemacht, musten mit verbundenen Augen arbeiten, damit die Stätte nicht verraten wurde. Auch bei Winterlingen get die Sage.

Theodor Lachmann: Das Grab des Hunnenkönigs aus: Überlinger Sagen, in: Alemannia, Band XVII, S. 265, 1889
Quelle: https://de.wikisource.org/wiki/Das_Grab_des_Hunnenkönigs

Der Geist der Gunzoburg

In der Oberstadt Überlingens, dem sog. Dorf, steht ein altes Haus, welches die „Burg“ heißt; denn der Alamannenherzog Gunzo soll hier gewohnt haben. Überlingen war nämlich ursprünglich der Sitz der Herzoge von Alamannien. Über dem Tor des Hauses ist noch jetzt das Bild eines geharnischten Ritters zu sehen mit der Inschrift: „In dieser Burg residierte im Jahre 641 Gunzo Herzog von Schwaben und Allemanien.“ Jetzt gehört das Haus einem Landwirt. In früheren Zeiten erschien den Hausbewonern bisweilen ein großer über sechs Fuß hoher schwarzer Ritter mit geschlossenem Visier; er kam plötzlich und verschwand ebenso. Auch manchen Leuten, welche hinter dem Haus des sog. „Burggässchen“ hinauf gingen, begegnete er, verfolgte sie und warf sie in den Stadtgraben hinab.

Als aber unter die Dachtraufe an der unteren Hausecke gegen das Gässchen ein Kreuz unter Ziegelsteinen vergraben worden war, konnte der Geist nicht mehr herunterkommen. Im Hause jedoch zeigte er sich noch von Zeit zu Zeit. Vor etwa 5 Jahren kam er Abends in das Zimmer, wo die hochschwangere Frau des Hausherrn bereits zu Bette lag: die Türe öffnete sich geräuschlos, ein schwarzer, gewaltig großer Ritter mit unkenntlichem Gesichte trat herein, in der Hand ein Kohlengefäß, aus welchem Feuerfunken sprühten. Nachdem er im Zimmer umher gegangen, beugte er sich über das Bett der Frau und schüttete das Flammengefäß aus, so dass sich das Feuer über das Bett ergoss, ohne jedoch den geringsten Schaden anzurichten. Die Frau aber brachte bald darauf ein Kind mit schwarzen Brandmälern zur Welt.
Quelle: Theodor Lachmann, Ueberlinger Sagen, aus: Alemannia, Band XVI, S. 248–251, Hrg. Anton Birlinger 1888, via https://de.wikisource.org/wiki/Überlinger_Sagen_(1888)

Der schwäbische Heiland

Als die Ueberlinger die Heldenthat ihres Landsmannes unter den sieben Schwaben vernommen, des Ragenohrs, der sich zuerst in den See gewagt hatte, beschlossen sie einmüthig eine fromme Stiftung zu machen und erbauten eine Feldkapelle am See, wo der Spieß der sieben Schwaben aufgehängt wurde zum ewigen Angedenken. Die Kapelle aber ward geweiht dem Erlöser und ein Bildschnitzer bekam den Auftrag, einen schönen Herrgott aus Holz zu verfertigen, sieben Fuß hoch. Das that er und schrieb auf das Gestelle mit goldenen Buchstaben: „Heiland der Welt.“ Aber die Ueberlinger wollten die Inschrift nicht gut heißen und behaupteten, daß, da der liebe Herrgott einst den sieben Schwaben aus ihren Aengsten und Nöthen geholfen hätte, so solle er auch der schwäbische Heiland genannt werden. Und so geschah es auch.

Der Seehaas aber baute sich eine Hütte neben dem Kirchlein und wurde ein Klausner. Und es kamen viele Pilgrime dahin, welchen der Klausner die Abenteuer der sieben Schwaben erzählte, mit allen Umständen, weßhalb noch jetzt die Welt davon voll ist. Und der schwäbische [74] Heiland war zu derselben Zeit so weit und breit berühmt, als der große Herrgott in Schaffhausen. Im Schwedenkrieg ist leider die Kapelle zerstört worden und die Schweden haben das Siegeszeichen mit fortgenommen. (Auerbachers Volksbüchlein.) Es existiren aber noch Copien vom echten schwäbischen Heiland, getreu in Größe, Gestalt und Farbe, wie z. B. im alten Kirchlein zu Honstetten, 5 Stunden westlich von Ueberlingen.
Quelle: Joseph Eiselein: Der schwäbische Heiland aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 73–74, 1846
Link: https://de.wikisource.org/wiki/Der_schwäbische_Heiland

Der Minkreiter bei Bambergen

Die alte Straße von Überlingen über Lippertsreute ins Salemertal führt in der Nähe von Bambergen, oberhalb des Hefhäusle’s in bedeutender Steigung durch den Wald gegen den Schönbucherhof, und wird hier von einem Waldweg gekreuzt. Dieser Waldweg heißt der „Minkweg“, der Name soll von einem ehemal. Abtei Salem’schen Förster herrühren, welcher auf einem Schimmel-Wallachen („Mink“) und begleitet von einem schwarzen Hund seine Forsten von Salem über Owingen bis nach Münchhof bei Stockach durchritten; er war ein Tyrann seiner Untergebenen, plagte die Waldarbeiter, namentlich die Bannwarte und Holzhauer, aufs Schändlichste, fluchte gräulich und führte gottlose Reden. Deshalb musste er nach seinem Tode umgehen.

Manchmal in der Nacht hört man den Minkreiter im Walde fluchen und krakeelen; noch jetzt verwirrt er oft die Leute, die die Steige hinauf gehen, so dass sie den Weg nicht mehr finden und schließlich da aus dem Wald herauskommen wo sie hineingegangen; oder er macht die Pferde scheu, dass sie den Wagen umwerfen; mitunter hemmt er auch das Fuhrwerk derart, dass es nicht mehr weiter gebracht werden kann und umkehren muss. Gar Mancher fürchtet sich, Nachts allein durch den Wald zu gehen; Frauen holen häufig aus dem Hefhäusle einen Mann, der sie biss zum Ausgang des Waldes begleiten muss. Ein Bauer fuhr einmal Nachts mit zwei Pferden den Berg hinan; da hörte er aus dem Wald Rossegewieher und hielt an, um das Tier herankommen zu lassen; allein es kam Nichts, trotzdem das Gewieher fortdauerte. Nun fürchtete er, „es sei der Mink“ und fuhr rasch von dannen.

Einstens ging ein Knecht aus einem benachbarten Hof schimpfend und fluchend mit seinem Meister durch den Wald; beim Minkweg angekommen rief er: „Mink! Jetzt komm einmal!“ Da stand plötzlich ein großer Mann neben im und gab im eine solch kräftige Ohrfeige, dass er zu Boden stürzte. Dann war der Mann wider verschwunden. Alles dies ward auch vom Meister wahrgenommen. Der Knecht aber ging seitdem nie mehr, weder bei Tag noch bei Nacht, durch den Wald. Vor mehreren Jahren marschierte ein beurlaubter Soldat bei Mondschein heimwärts durch den Wald und bemerkte auf einmal hinter sich einen großen schwarzen Hund, der im folgte, der stehen blieb wenn er stand, und der weiter ging, wenn er ging. Der Soldat hielt seinen Säbel bereit; aber der Hund tat im Nichts zu leid, ja er murrte gar nicht, sondern folgte im bis auf die Höhe, wo der Minkweg die Landstraße schneidet. Hier verschwand der Hund plötzlich.
Quelle: Theodor Lachmann, Ueberlinger Sagen, aus: Alemannia, Band XVI, S. 248–251, Hrg. Anton Birlinger 1888, via https://de.wikisource.org/wiki/Überlinger_Sagen_(1888)

Der schwarze Pudel im Walde Haslen

Im Walde Haslen bei Hödingen, in welchem eine Reihe Alamannengräber sich befinden, geht ein Geist um, welcher in Gestalt eines schwarzen Pudels erscheint und die Leute irreführt. Wer Abends den Wald betritt, kommt die ganze Nacht nicht mehr aus demselben, denn er folgt immer dem Pudel, der vor im hin und her springt. Erst wenn der Tag anbricht, findet der Wandrer den Weg aus dem Walde heraus. Viele meiden deshalb zur Nachtzeit den Weg durch den Wald und gehen lieber die längere Landstraße.
Quelle: Theodor Lachmann, Ueberlinger Sagen, aus: Alemannia, Band XVI, S. 248–251, Hrg. Anton Birlinger 1888, via https://de.wikisource.org/wiki/Überlinger_Sagen_(1888)

Das goldene Kegelspiel im Abtsberg

Zwischen Sissenmülen und Sipplingen zieht sich längs der Straße ein steiler ziemlich hoher Bergrücken hin, welcher Abtsberg heißt. Eine Felsspalte dieses Berges soll in eine Höhle führen, in der sich ein goldenes Kegelspiel befindet, das durch ein großes eisernes Gitter verwahrt ist. Schon mehrmals wurde versucht, das Kegelspiel zu holen, aber es ist noch Niemanden gelungen. Nachts aber hört man manchmal, wie im Berg Kegel gespielt wird; das Rollen der Kugel und das Fallen der Kegel wird mitunter ganz deutlich wahrgenommen.

Quelle: Theodor Lachmann, Ueberlinger Sagen, aus: Alemannia, Band XVI, S. 248–251, Hrg. Anton Birlinger 1888, via https://de.wikisource.org/wiki/Überlinger_Sagen_(1888)

Der Schatz in der Burghalde

In der Nähe von Sipplingen liegt auf schroffem Felskegel die Ruine der Haldenburg, vom Volke die „Burghalde“ genannt. Niemand weiß, wie die Burg dereinst erbaut; auch sonst ist von ihr und deren Besitzer wenig bekannt. Soviel aber erzählen die Leute, dass von dieser Burg nach dem benachbarten Hohenfels ein unterirdischer Gang führe, und dass sowohl diese zwei Burgen unter sich wie auch den am jenseitigen Ufer gelegenen Burgen Kargegg und Bodmann durch Sprachrohre sich in Zeiten der Not Zeichen gegeben und Hilfe verlangt haben. Dass die Ritterburg auf Burghalde einst ein mächtiger stattlicher Bau gewesen, deuten schon die gewaltigen Gewölbe, Gänge, und Verliese an, die sich unter der Ruine befinden. Jeder Schritt und Tritt, der auf dem Berg gemacht wird, tönt dumpf und hol; wenn man ein Steinchen durch eine Kelleröffnung in die Tiefe fallen lässt, dann hat man lange zu warten, bis man dasselbe aufschlagen hört. In diesen ausgedehnten unterirdischen Gewölben, welche mit einer eisernen Türe verschlossen sind, ist ein reicher Schatz verborgen, den zu heben sich jedoch Niemand getraut; denn er wird von Basilisken bewacht, und wer ein solches Tier sieht, ist sofort des Todes.

Quelle: Theodor Lachmann, Ueberlinger Sagen, aus: Alemannia, Band XVI, S. 248–251, Hrg. Anton Birlinger 1888, via https://de.wikisource.org/wiki/Überlinger_Sagen_(1888)

Hildegard von Hohenfels

Hinter dem am See gelegenen Dorfe Sipplingen erhebt sich ein hoher Berg, dessen Gipfel in der Vorzeit eine stolze Burg gekrönt. Hier war der Sitz des berühmten Rittergeschlechts von Hohenfels. Längst ist die Burg zerstört, ihre Trümmer blicken traurig von der Höhe herab; das einst weithin herrschende Rittergeschlecht ist seit Jahrhunderten ausgestorben. Der letzte Sprössling desselben war Fräule Hildegard, welche einen missgestalteten Kopf mit einem Schweinsrüssel hatte und deshalb aus einem goldenen Tröglein aß. Was aber die Natur ihr an körperlichen Vorzügen versagte, gab sie ihr um so reichlicher an Edelsinn und Tugend.

Das Burgfräule Hildegard war die Wohltäterin der ganzen Gegend und unterstützte namentlich die unten am See wohnenden Ansiedler auf jede Weise, gab ihnen täglich ihre Suppe oder ihr „Süpple,“ woher auch der Name Sipplingen stammt; denn es hieß ursprünglich „Süpplingen,“ wie es noch in Stumpfs Chronik von 1586 geschrieben ist. So tat Hildegard den Sipplingern nicht bloß während ihres ganzen Lebens alles Gute, sondern vermachte ihnen auch noch durch letzte Verfügung den größten Teil ihrer Besitzungen als Gemeindeeigentum; ja es erhielten sogar die benachbarten Überlinger von ihrem Reichtum ein schönes Stück.

Das ging folgendermaßen zu. Noch zu Lebzeiten Hildegards hatten die Überlinger mit den Sipplingern verabredet, dass sie gemeinsam nach Hohenfels gehen und das Fräule Hildegard bitten wollten, beiden Orten etwas zu verschreiben. Als nun die Stunde gekommen, warteten die Sipplinger vergebens auf die Überlinger; denn diese waren bereits auf der oberen Straße, über Nesselwangen und Bondorf, nach Hohenfels gegangen und so den Sipplingern zuvorgekommen; sie hatten deshalb auch bereits die 2 herrlichsten Wälder von Hildegard erhalten, nämlich die Gewanne Eisenholz und Schnorrenberg. Als die Sipplinger nun eingetroffen, schenkte ihnen das Burgfräulein sämtliche Hohenfels’sche Güter um Sipplingen und Hohenfels. Diese Verschreibung erfolgte im Jahre 1450.

Noch jetzt halten die Sipplinger das Andenken Hildegards in hohen Ehren: alljährlich wird in der Kirche am 14. August ihr Gedächtnis durch eine hl. Messe gefeiert. Bei der Austeilung des Gabholzes Ende Dezember oder Anfangs Januar wird derselben ebenfalls öffentlich gedacht, indem der Bürgermeister von Sipplingen im Rathaussaal die versammelten Bürger jeweils auffordert: „Lasset uns noch unsrer Wohltäterin, der Gräfin Hildegard von Hohenfels im Gebet gedenken!“ worauf fünf Vaterunser von allen Anwesenden laut gebetet werden.
Quelle: Theodor Lachmann, Ueberlinger Sagen, aus: Alemannia, Band XVI, S. 248–251, Hrg. Anton Birlinger 1888, via https://de.wikisource.org/wiki/Überlinger_Sagen_(1888)

Teufelstisch im Bodensee

In der Nähe von Überlingen befindet sich im Bodensee ein oben viereckiger platter Fels, welcher nur sehr selten, bei ganz niederem Wasserstand, aus dem See schaut (wie vor ein paar Jahren). Diesen Fels nennt man den Teufelstisch; vermutlich war er ein Opferstein.
Quelle: Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 138-139.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004563514

Die Heidenhöhlen bei Überlingen

Zwischen den Dörfern Goldbach und Sipplingen am unteren Bodensee, unweit Überlingen, zieht sich dicht am Ufer des Sees in bedeutender Höhe und Länge eine mächtige Felswand hin. An dieser Wand bemerkt man viele Öffnungen von allerlei Größe und Gestalt. Es sind dies die Eingänge und Lichtöffnungen der sogenannten Heidenhöhlen oder Heidenlöcher; vor etlichen vierzig Jahren führten steinerne Treppen noch zu den Eingängen, jetzt aber sind sie ganz verwittert, und nur mit Mühe und nicht ohne Gefahr kann man vermittelst Leitern in diese wundersamen Gemächern gelangen. Erstaunen und Bewunderung muss aber Jeden ergreifen, der dieses seltsame Riesenwerk betritt. Tief in dem Innern der Felswand finden sich hier eine Menge Gemächer und Kammern. Es ist ein Werk, das außerordentliche Mühe und einen großen Zeitaufwand gekostet haben muss.

Die Gemächer sind beinahe alle gewölbt und mit Pfeilern versehen, die Fensteröffnungen großenteils regelmäßig angebracht und selbst nicht ohne Zierlichkeit, nur etwas niedrig, denn die höchsten messen nicht über acht Fuß. An den Wänden sind in vielen Kammern Sitzbänke, Nischen und allerlei Vertiefungen angebracht, jedoch nicht in allen, und überhaupt lässt es sich nicht verkennen, dass alle die Gewölbe und Kammern nicht zu einem und demselben Zweck erbaut worden seien. Unwillkürlich befällt Einen beim Eintreten in diese Felsenbehausung der Gedanke an die ägyptischen Totenkammern und Nekropolen.

Über den ursprünglichen Zweck und Gebrauch dieser Felsenkammern hat man keine Nachricht, und es lässt sich nichts Sicheres darüber ermitteln.

In der Umgegend glaubt man allgemein, dass sie den ersten Christen bei den ausgebrochenen Christenverfolgungen zu Schlupfwinkeln gedient haben, oder auch, dass später bei größerer Ausbreitung des Christenthums die noch übrigen Heiden der Umgegend in diesen unterirdischen Gemächern ihren heimlichen Gottesdienst gefeiert hätten. Doch auf keinen Fall können weder die verfolgten Christen noch die vertriebenen Heiden zu den obigen Zwecken sich diese Wohnungen erst gebaut haben; denn wer genötigt ist, sich einen Schlupfwinkel zu suchen, hat wahrlich nicht so viel Zeit dazu, sich eine Zufluchtsstätte von solchem Umfang und solchem Zeitaufwand zu bereiten; denn bei einer Arbeit, die so viel Zeit und so viel Mühe erfordert, wären sie sicher vor deren Vollendung verraten worden.

Unverkennbar ist dies ein Römerwerk; aber aus welcher Zeit und zu welchem Zweck, darüber wagen wir nicht zu entscheiden. Und auch der Name Heidenlöcher scheint dieses zu bestätigen, denn wie viele Überreste römischer Bauwerke in unserm Lande werden nicht mit dem Zusatze heidnisch benannt! so der Heidenkeller bei Ettenheimmünster, der Heidenberg bei Ippingen, das Heidenschloß bei Orsingen, das Heidenloch auf dem Heiligenberg bei Heidelberg etc. Übrigens können später, als diese Höhlen leer gestanden, sehr leicht verfolgte Christen hier eine Zuflucht gefunden haben, wie dies unter Pelagius in Spanien im asturischen Gebirge mit solchen Höhlen der Fall war.

Eben so wenig wollen wir in Abrede stellen, dass auch nachher verfolgte Heiden ihren heimlichen Götzendienst hier gehalten, und dass auch davon der Name Heidenlöcher, Heidenhöhlen entstanden sein könne. Übrigens müssen diese Kammern noch in späteren Zeiten Menschen zur Wohnung gedient haben; denn in einer derselben, deren Wände mit Kalk überworfen und von Ruß geschwärzt sind, findet sich unter dem Überwurf in die Wand eingehauen die Zahl 1675. Wo sich diese Felsenwand dem Orte Sipplingen nähert, findet man in den Felsen eingehauene Reste einer Einsiedelei mit uralten Bildern im byzantinischen Stil. Der Rauchfang und die in Stein gehauene Schlafstätte des Einsiedlers sind noch sichtbar.
Heinrich Schreiber: Die Heidenhöhlen bei Ueberlingen, in: Badisches Sagen-Buch. 1846
Quelle: https://de.wikisource.org/wiki/Die_Heidenhöhlen_bei_Ueberlingen

Balladen und Gedichte

Der Reiter und der Bodensee

Der Reiter reitet durch’s helle Thal,
Auf’s Schneefeld schimmert der Sonne Strahl.

Er treibet im Schweiß durch den kalten Schnee, –
Will heut noch erreichen den Bodensee;

Noch heut mit dem Pferd’ in den sichern Kahn
Will drüben noch landen vor Nacht er an.

Auf schlimmem Weg, über Dorn und Stein,
Er braust auf rüstigem Roß feldein.

Aus den Bergen heraus, in’s ebene Land,
Weit sieht er sich dehnen das Schneegewand.

Weit hinter ihm schwindet so Dorf wie Stadt,
Der Weg wird eben, die Bahn wird glatt.

In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus,
Die Bäume gingen, die Felsen aus;

So flieget er hin eine Meil’ und zwei,
Er hört in den Lüften der Schneegans Schrei;

Es flattert das Wasserhuhn empor,
Nicht andere Laute vernimmt sein Ohr;

Keinen Wandersmann sein Auge schaut,
Der ihm den rechten Pfad vertraut.

Fort geht’s wie auf Sammt, auf dem weichen Schnee;
Wann rauscht denn das Wasser? wann glänzt der See?

Da bricht der Abend, der frühe herein,
Von Lichtern blinket ein ferner Schein.

Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum,
Und Hügel schließen den weiten Raum.

Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn,
Dem Rosse giebt er den scharfen Sporn.

Die Hunde bellen empor am Pferd,
Und es winkt im Dorf ihm der warme Heerd.

„Willkommen am Fenster, Mägdelein,
An den See, an den See, – wie weit mag’s seyn?“

Die Maid, sie staunet den Reiter an:
„Der See liegt hinter dir und der Kahn.

Und deckt ihn die Rinde von Eis nicht zu,
Ich spräch’, aus dem Nachen stiegest du.“

Der Fremde schaudert, er athmet schwer:
„Dort hinten die Eb’ne, die ritt ich her!“

Da recket die Magd die Arm in die Höh’:
„Herr Gott! so rittest du über den See!

„An den Schlund, an die Tiefe bodenlos
Hat gepocht des rasenden Hufes Stoß!

„Und unter dir zürnten die Wasser nicht?
Nicht krachte hinunter die Rinde dicht?

„Du wardst nicht die Speise der stummen Brut?
Der hungrigen Hecht’ in der kalten Fluth?“ –

Sie rufet das Dorf herbei zu der Mähr,
Es stellen die Knaben sich um ihn her;

Die Mütter, die Greise, sie sammeln sich:
„Glückseliger Mann, ja, segne du dich!

„Herein zum Ofen, zum dampfenden Tisch,
Brich mit uns das Brod und iß vom Fisch!“

Der Reiter erstarret auf seinem Pferd,
Er hat nur das erste Wort gehört.

Es stocket sein Herz, es sträubt sich sein Haar,
Dicht hinter ihm grinset noch die Gefahr.

Es sieht sein Blick nur den gräßlichen Schlund,
Im Geist versinkt er im schwarzen Grund.

Im Ohr ihm donnerts, wie krachend Eis,
Wie die Well’ umrieselt ihn kalter Schweiß.

Da seufzt er, da sinkt er vom Roß herab,
Da ward ihm am Ufer ein – trocken Grab.

Querlle: Gustav Schwab, Der Reiter und der Bodensee,Badisches Sagen-Buch I, S. 11–13, Link: https://de.wikisource.org/wiki/Der_Reiter_und_der_Bodensee_(Badisches_Sagen-Buch)

Anmerkung dazu: Bekanntlich ist der Bodensee, bei all seiner großen Tiefe, schon mehrmals in strengen Wintern gänzlich zugefroren. Man berichtet solches von den Jahren 1277, 1435, 1560, 1573, 1587, 1695, 1788 und 1830. [14] Diese Gelegenheiten benützte man oft zu ausgedehnten Lustparthieen auf dem Eise; so hielten 1573 zweihundert Constanzer Bürger zu Fuß und zu Pferd die Aschermittwochschlacht auf dem See. Im Jahr 1695 gab die Stadt Arbon ein Freischießen auf demselben. Auch im Jahr 1830 fanden mehrere Belustigungen darauf Statt; Krämerbuden, Schenkzelte waren aufgeschlagen, Musikbanden spielten auf, Kegel wurden geschoben und eine Menge Leute lustwandelten sorglos auf der glatten Fläche hin und her.


³ Die historischen Texte habe ich zur besseren Lesbarkeit „sachte“ an die gültige Rechtschreibung angepasst, historisch überholte Begriffe jedoch belassen. Zahlreiche historische Postkarten habe ich retuschiert, Flecken entfernt und einige farblich angepasst oder coloriert.

Literatur

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