Gundelfingen an der Donau – Sehenswertes, Geschichte, Sagen, Mythen… Das „etwas andere“ Portal mit Links, Landkarten, historischen Ansichtskarten …
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Allgemeines
➥ Internetauftritt der Stadt / Gemeinde ➥ Wikipediaeintrag ➥ Alemannische Wikipedia ➥ Wikisource: Historische Quellen und Schriften
Die Verwaltungsgemeinschaft Gundelfingen an der Donau (amtlich Gundelfingen a.d.Donau) liegt im schwäbischen Landkreis Dillingen an der Donau und wird von folgenden Gemeinden gebildet:
- Bächingen a.d.Brenz, 1388 Einwohner, 7,35 km²
- Gundelfingen a.d.Donau, Stadt, 8026 Einwohner, 54,06 km²
- Haunsheim, 1642 Einwohner, 17,81 km²
- Medlingen, 1013 Einwohner, 17,09 km²
Sitz der Verwaltungsgemeinschaft ist Gundelfingen an der Donau.
Historische Lexikoneinträge
Meyers Enzyklop. Lexikon, 1905. http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Gundelfingen_an_der_Donau?hl=Gundelfingen_an_der_Donau
Karten
➥ Luftlinie-org berechnet die Luftlinienentfernung sowie die Straßenentfernung zwischen zwei Orten und stellt beide auf der Landkarte dar. Startort ist Gundelfingen_an_der_Donau, den Zielort müssen Sie noch wählen. Voreingetragen ist ➥ Bisoro in Burundi
Karte eingebunden aus OpenStreetMap – Veröffentlicht unter ODbL
Fotos & Abbildungen
➥ Bildersammlung auf Wikimedia-Commons ➥ Abbildungen auf Tumblr ➥ Infos und Fotos auf Pinterest ➥ Filme in der ARD-Retro-Mediathek (Filmbeiträge der 60er-Jahre)
Kunst, Kultur und Brauchtum
➥ Kultur und Sehenswürdigkeiten (Wikipedia) ➥ Abbildungen auf ‚Bildindex‘ ➥ Bilder auf ‚Google-Art‘ ➥ Gundelfingen_an_der_Donau auf ‚Zeno-Org‘ ➥ Suchfunktion nutzen für Gundelfingen_an_der_Donau auf leo-bw.de (Karten, Archivmaterialien und Luftaufnahmen vom Landesarchiv Baden-Württemberg) ➥ Alphabetisch sortiertes Verzeichnis auf www.kloester-bw.de Beschreibungen vom Landesarchiv Baden-Württemberg
Geschichte
Ortsbeschreibung von Merian: ➥ https://de.wikisource.org/wiki/Topographia_Sueviae:_Gundelfingen_an_der_Donau
Hinrichtungen
Im Jahre 1591 wurde eine Kindesmörderin hingerichtet; 1587 ein Mann an einem besonders errichteten Galgen gehängt und 2 Jahre nachher ein Dieb gerädert.
1627 wurde Jakob Kürner gerädert. Die Kosten der Exekution waren wie folgt: Christoph Mumprecht, Doktor der Rechte für das Urteil 7 fl. 20 kr. am Richttage dem Verbrecher einen guten Wein, 1 fl.; durch die Geistlichen, worunter auch Fremde, verzehrt 6 fl. 49 kr.; der Fiskal, die Ratsherren und die Anverwandten des Maleficanten haben miteinander Mahlzeit gehalten und miteinander verzehrt 27 fl. 39 kr. Dem Schmied, Zimmermann und Wagner 9 fl. 22 kr.; 85 Bürgern, welche bei der Hinrichtung mit Wehr und Waffen ausgerückt, jedem 6 kr. und dem Wachtmeister 12 kr., somit 8 fl. 36 kr.; dem Nachrichter für die Exekution 4 fl. und für das Foltern bei den früheren Verhören 12 fl. 40 kr.; den Stadt- und Feldknechten 1 fl. 15 kr. für Lichter und Spezereien in das Gefängnis 24 fr.; dem Wasenmeister für das Rad auf die Richtstatt zu führen 1 fl.
1699 ist eine Kindsmörderin mit dem Schwerte hingerichtet worden und im Jahr 1792 wurden zwei Bürger von hier wegen Mordbrennerei verbrannt.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Natur-Ereignisse
Im Jahre 1350 grassierte hier die Pest, die fast auf dem ganzen Erdkreis verbreitet war. Sechs Jahre dauerte diese Geißel Gottes und es soll im Städtlein fast niemand mehr gefunden worden sein, der die Toten begraben wollte. Wieder war im Jahr 1448 die Pest hier und in der Umgegend. Es starben zwei Drittel der Bewohner, mehr Junge als Alte, mehr Weiber und Mädchen als Männer und Jünglinge. Die Krankheit gab sich durch Drüsenanschwellungen in Eigröße kund. Darauf folgten gelbe und schwarze Flecken an verschiedenen Körperteilen und am dritten Tage hatten die davon Befallenen ausgelitten. Wie überall, so auch hier, wurde der Kirchhof voll. Da soll man bei dem Armenhaus, wo noch ein altes Steinkreuz steht, eine Grube gemacht haben, um die Toten hineinzuwerfen. Jedermann schickte sich zum Sterben an und es meinten viele, der jüngste Tag sei da und der Welt Ende vor der Tür.
1539 herrschte drei Jahre lang Hungersnot. 1597 war wieder die Pest hier. In 22 Tagen starben 104 Menschen. 1627 wieder Pest. 1740 starben hier viele Menschen am Faulfieber, weswegen ein eigener Arzt angestellt wurde. Ebenso 1770, als die meisten Wirte mit Hinterlassung einer großen Anzahl Kinder starben. In demselben Jahre war auch eine große und mehrere Jahre anhaltende Teuerung. 1601 schlug der Blitz in den Medlinger Torturm und zerschmetterte denselben gänzlich, jedoch ohne zu zünden.
Die Überschwemmungen sind in älterer Zeit so häufig gewesen, dass man ganze Bogen damit füllen könnte. Vorzüglich groß waren sie zu Ende des vorigen Jahrhunderts in den Jahren 1784, 1789 und 1799. In letzterem Jahre erlitt Peterswörth einen Schaden von 1010 fl., die hiesige Stadt-Commune 1870 fl., der Bleicher Saufler 1040 fl., Münzmüller 840 fl., der obere Müller 525 fl. etc.
Im Jahre 1529 und 1620 gab es so viele Wölfe in hiesiger Gegend, dass die ganze Bürgerschaft auf selbe Streifjagd anstellen musste. Es sollen nicht weniger als 36 dieser Bestien erlegt worden sein. Auch im vorigen Jahrhundert gab es noch viele. In Bach und Burghagel waren Wolfsgruben, in denen nicht selten einige gefangen wurden.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Ausflüge und Sehenswertes
➥ Wikivoyage – Projekt der Wikimedia ➥ Wikitravel – der freie Reiseführer
Webcams
➥ Webcams in Gundelfingen_an_der_Donau und Umgebung
Nachbargemeinden
➥ angrenzende Städte und Gemeinden (aus Wikipedia)
Teilgemeinden und Ortschaften
➥ Ortschaften und Wohnplätze von Gundelfingen_an_der_Donau (aus Wikipedia)
Sagen, Mythen und Geschichten
Das Lager im Donauried
Im Jahr 1620 schlug die bayrische Armee im Donauried ein Lager und umgab dasselbe mit Schanzen. Sie stifteten in der Stadt und in den benachbarten Dörfern unerhörten Schaden und verübten die rohesten Gewalttaten, sodass nach langer Zeit sich die gänzlich verwüsteten Felder noch nicht wieder erholt hatten. „Die Soldaten wollten gar nichts bezahlen und rückten gleich mit der Klinge heraus“, sagt der alte Bericht. Sie erschossen auch gegen alles Recht, aus bloßem Mutwillen, einen Mann von Peterswörth und einen hiesigen Bürger und verwundeten überdies noch viele Leute.
In Peterswörth hatten sie ein Feldspital errichtet und nahe dabei einen Galgen, an welchen etliche, die es gar zu bunt machten, gehenkt wurden. Einer wurde auch verbrannt. Ihr Anführer, Alexander v. Haslang, war sehr unzufrieden mit der Stadt, weil die hiesigen Handwerker, Bäcker, Schuster etc. Bezahlung für ihre Lieferungen verlangten. Durch all dies sah sich der Rat endlich genötigt, beim General Lieutenant von Tilly zu klagen, worauf die bayrische Armee abzog, deren Generalstab, bestehend aus beinahe 200 Mann hier einquartirt war. Nun hatten die Bürger nicht nur die Schanzen wieder einzuwerfen, sondern mussten auch in Bayern, namentlich in Rosenheim, über 600 Stück Vieh ankaufen und hierzu den Bayernherzog um Ausfuhrbewilligung ersuchen, denn ihr Viehstand war gänzlich zu Grunde gerichtet.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Der dreißigjährige Krieg
Dieser hatte 1618 begonnen und der vorhergehende Abschnitt war auch eine unmittelbare Folge desselben. Vieles hatte Gundelfingen schon von den kaiserlichen Völkern gelitten, welche, obgleich dem Namen nach Freunde, doch in ihrer Aufführung sich durchaus nicht vom Feinde unterschieden hatten. Im Jahr 1632 fiel nun auch noch ein Korps Schweden hier ein, das mit Plündern und Brennen und jeglicher Gewalttat seine Wege bezeichnete. Die Einäscherung der Stadt konnte nur dadurch abgewendet werden, dass 2.400 fl alles bare Geld, das man hier noch auftreiben konnte, an den Schwedenkönig Gustav Adolph nach Augsburg geschickt wurde.
Im Laufe dieses entsetzlichen Krieges wurde die Stadt siebenmal gänzlich geplündert. Nach der Nördlinger Schlacht schleppten Soldaten den Bürgermeister und Stadtschreiber an einem Strick durch die Donau. Noch ist eine Aufzeichnung von diesem Bürgermeister (Fröhlich) vorhanden, worin er berichtet, wie er während des Krieges 250 Reisen in städtischen Angelegenheiten zu Freund und Feind getan und dabei um 74 Pferde gekommen sei und dass er bei Christen und Juden habe borgen müssen, um Weib und Kinder nicht verhungern lassen zu dürfen. In dieser Zeit wurden oft auf den Feldern tote Leute gefunden, welche Hungers gestorben.
In Peterswörth wurde ein Jauchert gutes Ackerfeld um einen Laib Brot und drei fl. verkauft. Als endlich im Jahr 1648 Frieden geschlossen wurde, lagen Handel und Gewerbe tot, die reichsten Dörfer öde, große Höfe und Klöster standen gänzlich leer, die Aecker waren mit Unkraut und Gebüsch überwuchert, die Städte voll Brandstätten und von der Bevölkerung waren nur mehr zwei Drittel vorhanden. Die Wälder wimmelten von reißenden Tieren und Spitzbuben und Räuber scharten sich zu großen Haufen und führten den Krieg sozusagen fort.1
1Die Schuldner konnten nicht bezahlen und daher stand es lange an, bis die Stiftungen ihre gewöhnlichen Leistungen wieder vollführen konnten. Manche Pfarrer hatten daher oft keinen Heller Einkommen und mussten, wenn sie nicht bei der selbst gänzlich verarmten Gemeinde betteln wollten, auf allerlei Erwerbsmittel verfallen. Einer machte zuerst einem Brautpaare die Schuhe, ging dann als Hochzeitlader herum, segnete das Paar in der Kirche ein und spielte endlich mit der Geige beim kärglichen Mahle auf.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Der Kettenträger zu Gundelfingen
Lange schon war in Gundelfingen, wie in allen Orten des Herzogtums Neuburg die katholische Religion auf das Strengste verboten und diejenigen, welche an dem Glauben ihrer Väter festhielten, wurden mit Kerker, Einziehung ihrer Güter und Landesverweisung bestraft. Aber dennoch hatte der alte Glaube noch treue Anhänger, die insgeheim die Ceremonien ihres Kultus feierten.
In Gundelfingen hatte sich schon seit Jahren ein Spanier, Don Alfonso geheißen, niedergelassen, der, so streng seine Landsleute gemeinlich der katholischen Religion ergeben, ihr ärgster Feind zu sein schien. Seine innige Bekanntschaft mit dem herzoglichen Pfleger zu Gundelfingen, dem Konrad Güß von Güssenburg, missbrauchte er zum größten Schaden der heimlichen Katholiken. Seinem Späherblicke entging kaum einer der Altgläubigen und schon mehrere derselben hatte er in den Kerker und an den Bettelstab gebracht.
Eines Abends kam er hastig zu dem Pfleger und eröffnete ihm, wie er so eben erfahren, dass die Katholiken der Umgegend sich nächtlicherweile in den Ruinen von Faimingen versammelten, um dort unter Leitung eines Geistlichen Religionsübungen anzustellen. »Heute Nacht,« meinte er, »werden wir sie überfallen und wenn reiche Leute unter ihnen sind, für unsere Tasche ein schönes Profitchen machen.« – Er redete noch, als dem Pfleger einfiel, dass in dem benachbarten Gemache eine Dienerin mit dem Putzen des Zimmerbodens beschäftigt war und machte dieses dem Spanier bemerkbar, der einen grimmigen Fluch tat, zu dem Mädchen eilte und ein scharfes Verhör mit ihr anstellte. Obschon sie nun behauptete, von der Unterredung der beiden Männer nichts vernommen zu haben, so ließ sie doch der Spanier einen hohen Eid schwören, heute mit keinem Menschen ein Wort mehr zu reden, worauf die beiden Männer das Gemach verließen, um Anstalt zur Bewaffnung ihrer Diener zu machen, mit deren Hilfe sie die Katholiken gefangen nehmen wollten.
Die arme Magd aber wollte fast verzweifeln, denn ihre Eltern waren katholisch und sie selbst hatte erst kürzlich in der Versammlung zu Faimingen das heilige Abendmahl empfangen und nun konnte sie ihre Glaubensgenossen nicht einmal warnen.
Bald trat auch die Nacht ein; finster und wolkenbedeckt war der Himmel. Nahe beim Dorfe Faimingen, hart an den Ufern der Donau, welche sich seitdem bedeutend zurückgezogen hat, lagen mächtige Ruinen und Trümmerhaufen; denn einst hatten die Römer hier eine starke Burg zum Schutze der Donaubrücke errichtet und in deren Überbleibsel hatten die Edlen von Flachberg im Mittelalter ihr Schloss hineingebaut, doch nun lagen die Gemächer öde und verlassen und dienten nur Füchsen und Eulen zur Wohnung. Doch heute schlich sich eine Gestalt um die andere durch das mit Efeu bewachsene Portal und als endlich eine beträchtliche Anzahl von Personen in der großen Halle versammelt war, verhängten sie mittelst ihrer Mäntel und Tücher die kärglichen Fensteröffnungen und zündeten Blendlaternen an und harrten sehnsüchtig. Über die Donau schwamm um diese Zeit ein einfacher Fischerkahn, nur von einem Manne gelenkt, der am Ufer angekommen über die Trümmer kletterte und bald unter den Versammelten erschien, die ihn mit stillem Händedruck begrüßten. Es war der Angekommene ein frommer Priester aus der Markgrafschaft Burgau, der, gekommen ihnen die Tröstungen der Religion zu spenden, unter seinem Mantel ein Kästchen hervorlangte, welches aufgeschlagen einen tragbaren Altar vorstellte und sich eben anschickte, das heilige Messopfer zu entrichten, als die Stille der Nacht plötzlich auffallend gestört wurde.
Von dem Eingange der Ruinen erscholl es mit lauter Stimme: »Da komm‘ ich her von Gundelfingen und hinter mir sind die Schergen, welche meine Eltern und die andern Katholiken gefangen nehmen wollen und ich habe hohen Eid geschworen, heute mit keinem Menschen mehr zu reden. So rede ich denn zu dir du alter Eichbaum, der nicht fühlt, welche Qual mein Herz durchbohrt.« Aufmerksam hatte die Versammlung gehorcht, die Eltern hatten die Stimme ihrer Tochter erkannt und schnell ergriff Alles die Flucht. Der Priester war der letzte, welcher ging, er wäre lieber Märtyrer für seinen Glauben geworden. Und kaum war eine Stunde verflossen, so trat der Spanier mit den Bütteln und Schergen ein und durchstöberte fluchend und scheltend die Ruinen, in welchen er zu seinem größten Ärger Niemand finden konnte. Endlich glaubte er sich in dem Tage geirrt zu haben und ein andersmal glücklicher zu sein. Doch dies andermal kam nicht, denn etliche Wochen hernach starb der Herzog des Landes und sein Sohn, der ihm in der Regierung folgte, war vor kurzem selbst Katholik geworden und führte diese Religion ebenso eifrig ein, als sie vorher verfolgt worden war. Das getreue Häuflein der Katholiken zu Gundelfingen hatte die Freude, in der Person jenes Geistlichen, (er hieß Molitor) einen Pfarrer zu erhalten, der seine Stelle rühmlichst, selbst in den größten Drangsalen des dreißigjährigen Krieges versah.
Der Spanier, Don Alfonso, den man für einen so eifrigen Protestanten gehalten, hing jetzt den Mantel nach dem Wind und änderte schnell seinen Glauben, ohne jedoch aufzuhören Wucher zu treiben und Geld zusammen zu scharren. Er war allgemein verhasst und Jedermann glaubte, als man ihn eines Morgens vom Schlage getroffen mit schwarzblauem Gesicht tot im Bette fand, der Teufel habe ihn geholt und gönne seiner Seele im Tode keine Ruhe. Denn bald hieß es und heißt bis auf unsere Zeiten so, er wandle zu gewissen Zeiten mit Ketten an Händen und Füßen nächtlich als Gespenst in der Nähe seines ehemaligen Wohngebäudes. Man hieß diesen Geist im vorigen Jahrhundert nur den Kettenträger oder auch Kettenmann.
Quelle: Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 392-395. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005671086
Der schwäbische Herkules
Im Dorfe Bächingen lebte im vorigen Jahrhundert ein überaus starker Mann. Vieles erzählt man sich beim Lampenscheine der winterlichen Spinnstube von seinen Taten. Einmal war er in einem württembergischen Dorfe Knecht und bekam mit seinem Bauern Streit und als derselbe fluchend auf ihn eindrang, ergriff er ihn bei der Gurgel und warf ihn zur Scheune hinaus. Der wütende Bauer rief nun nach den Nachbarn, die auch anrückten, doch der mannhafte Knecht trieb sie denselben Tag mehrmals in die Flucht, schnitt immer wieder ruhig sein Futter weiter und legte sich Abends im wohlverschlossenen Stadel schlafen. Am Morgen erneuerten die Bauern den Angriff in vergrößerter Anzahl und litten endlich Sturm und schrien, wie es in württembergischen Dörfern, wenn man einen prügeln will, Sitte ist: »Uf ihn, uf ihn, er ist von Ulm!«
Der Pfarrherr kam auch und wollte vermitteln, doch eben machte der Bächinger mit einem gewaltigen Prügel einen Ausfall, warf viele zu Boden, prügelte Manchen und trieb die Übrigen in die Flucht, so dass ihm um die eigene Haut bangte und er sich im Stall versteckte. Der Knecht aber packte seine Habseligkeiten zusammen, zündete seine Tabakspfeife an und ging ganz ruhig zum Dorf hinaus der Heimat zu und verdiente dort sein Brot. Damals war auf den Kopf des sogenannten bayerischen Hiesels ein bedeutender Preis gesetzt, doch der Hiesel war um seiner Stärke willen weit und breit gefürchtet und Niemand getraute sich an ihn. Nun erblickte ihn unser Bächinger einmal im Holze bei Obermedlingen und zwar ohne den Hund Tiras, schnell ging er auf ihn zu und ehe Hiesel noch zu den Waffen greifen konnte, hatte ihn der Bächinger zu Boden geworfen und wurde nach verzweifelter Gegenwehr über den Hiesel Herr und wollte ihm eben ganz ordentlich die Hände auf den Rücken binden, als er durch den Waldweg die Gesellen des Hiesels heraneilen sah und zu gleicher Zeit der Gebundene grimmig um Hilfe brüllte.
Da dachte der Bächinger an das, was ihn immer abgehalten hatte Soldat zu werden, nämlich: dass er nicht hieb- und kugelfest sei, flüchtete sich in das Holz und entkam auch glücklich jeder Verfolgung, war aber erst aus aller Angst, als der Hiesel in Dillingen hingerichtet wurde, wobei er gemütlich zuschaute. Er ließ sich hierauf, wer sollte es glauben, zu Bächingen als Webermeister und Tagelöhner nieder und würde er nicht längst schon im Reiche der Toten wandeln, könnte er noch seine Abenteuer mit den Revolutionsmännern im Franzosenkrieg, deren er eine Menge erlebt haben soll, selbst erzählen.
Quelle: Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 405-407. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005675898
Die Stadt wird belagert
In dem Kriege, den Herzog Ludwig der Reiche gegen den Kaiser Friedrich und dessen Verbündete führte, wurde auch die hiesige Umgegend ein Schauplatz denkwürdiger Ereignisse. 10,000 Mann stark lagerte sich das feindliche kaiserliche Kriegsvolk unter Anführung des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg in furchtbaren Schanzen beim Wasenmeister und drohten dem Städtlein Verderben. Jedoch die Bürger desselben gelobten mutig die ihrem Fürsten geschworene Treue zu halten, wiesen jede Aufforderung zur Übergabe der Stadt von sich und verteidigten die Mauern ihrer Heimat mit unerhörtem Heldenmute, nicht achtend des heftigen Kugelregens, welchen die Belagerer aus ihren Karrenbüchsen und großen Kanonen herein sendeten.
Endlich nahte Herzog Ludwig mit einem Heere und zwang den feindlichen Feldherrn zur Aufhebung der Belagerung. Ehe dieser jedoch abzog, fielen die Gundelfinger unvermutet aus, töteten viele der Krieger, vernagelten das feindliche Geschütz und zogen eine 22 Ztr. schwere Kanone im Triumph in ihre Stadt. Heute noch führt das Gut, das auf dieser Stelle erbaut wurde, wo der Kampf am heißesten wütete, den Namen Schlachteck. Fast sechs Wochen war Gundelfingen von dem feindlichen Kriegsvolk umringt gewesen, mancher ihrer Bürger ward getötet, selbst auch ihr tapferer Anführer Kunz v. Westernach.
Ein noch heute auf dem Ratause aufbewahrtes Gemälde stellt die Belagerung der Stadt bildlich vor. Auch in der wenige Tage darauf erfolgten Schlacht bei Giengen halfen die hiesigen Bürger ihrem Herzog den Sieg erringen und noch wird hier eine Fahne, glaublich des feindlichen Heerführers eigene aufbewahrt, welche sie eroberten. Zum Zeichen der Anerkennung ihrer außerordentlichen Tapferkeit erteilte ihnen Herzog Ludwig der Reiche am Thomastage desselben Jahres 1462 die Erlaubnis (damals Freiheiten genannt) in ihre Stadtwappen die sieben blauen und weißen Wecken des bayerischen Wappens aufnehmen zu dürfen. Anfangs setzten sie dies auf die Brust des einen Baum haltenden Löwen; in späteren Zeiten aber zu dessen Füßen.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ
Die Juden und Wiedertäufer
Die Juden waren früher sehr zahlreich dahier und obwohl ihnen öfters die Stadt verwiesen wurde, so half dies meistens nur auf kurze Zeit und bald wussten sie sich wieder einzuschleichen. Um das Jahr 1559 befanden sich hier auch Wiedertäufer, welche in Giengen ihre Zusammenkünfte zu halten pflegten. Dreimal schaffte man sie aus und nahm ihnen endlich ihre Kinder und taufte dieselben. 1
Nun brachen sie auf um auszuwandern, doch eine Mutter wollte durchaus nicht gehen und schrie immer: „Ich muß bei meinen Kindern bleiben.“ Diese Kinder wurden im Spital fromm und christlich erzogen und sind später ordentliche Bürgersleute geworden.
Mit den Juden gab es 1680 große Verdrießlichkeiten. Ein Geistlicher hatte in Medlingen gepredigt, dass ein Christ, der einen Juden im Hause beherberge, nicht selig werden könne. Viele von hier hatten dieser Predigt beigewohnt und als sie nach Hause kamen schafften sie ihre zur Miete wohnenden Israeliten sogleich aus und warfen, als dieselben nicht Folge leisten wollten, derselben Hausgeräte auf die Straße. Lange schon war hier ein furchtbarer Hass gegen die Hebräer gehegt worden, jetzt brach er auf einmal aus. Die Juden klagten bei Gericht, doch der Rat stellte vor, dass dieselben eine solche Behandlung wohl verdient haben. Die Bürgerschaft verarme täglich mehr, weil die Juden Handel und Gewerbe an sich zögen und den schändlichsten Wucher trieben. Auch wurde ihnen zur Last gelegt, dass sies wenn man das heilige Sakrament zu einem Kranken trage, die ganze fromme Handlung verspotteten und dgl. mehr. Auf dieses alles hin wurden die Juden abermals aus Gundelfingen verwiesen. Doch finden wir sie schon etliche Jahre hernach wieder und diesmal in einen Prozess verwickelt, bezüglich der Beraubung eines Postwagens, res. Hehlerei der entwendeten Effekten.2 Endlich erging im Jahre 1740 der strengste Befehl, dass alle Juden im ganzen Fürstentum Neuburg ihre Habschaften verkaufen und binnen Frist verlassen sollten. Von dieser Zeit an ließ sich in Gundelfingen kein Israelit mehr bleibend nieder.
1 In Höchstädt wurde die Sache noch schärfer behandelt denn hier wurden 1581 sechs Wiedertäufer enthauptet
2 Die Akten bewahren eine Menge Protokolle über die Juden Mitunter auch Komisches z B als ein Jude Hochs zeit hielt verlangte der Meßner ein Geschenk da der Jude ihm seinen Verdienst den er so derselbe Christ wäre hätte durch seine jüdische Hochzeit schmälere Der Jude aber warf den Budringlichen bei der Thüre hinaus der nun mit Schmuz über und über bedeckt schleunigst zu dem Gerichte lief um zu klagen
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Ein hoher Besuch
Im Jahre 1615 wollte der Landesherr Philipp Ludwig seine Länder bereisen. Am 9 August d.J. wurde er von hiesigen Bürgern bei Feimingen unter Pistolen- und Musketenschüssen feierlich empfangen. Mit dem Fürsten kam seine Gemahlin und Prinzessin, sowie der Bischof von Eichstädt. Als sie der Stadt näherkamen, wurde mit allen Glocken geläutet und die hohen Gäste verfügten sich in die Pfarrkirche, um dort die hl. Messe auzuhören.
Dann nahm er im Schloss die Erbhuldigung der getreuen Bürger entgegen, bot jedem die Hand und ließ sie endlich insgesammt den Eid der Treue schwören. Bei dieser Gelegenheit stellten ihm die Untertanen ihre Not und das Elend vor, welches sie im Schwedenkrieg durch Misshandlungen ihrer Personen, durch Plünderung ihres Eigentums und durch Feuersnot erduldet hatten und verehrten ihm endlich 2 Fass Wein, wozu Untermedlingen 5 fl. Peterswörth 1 fl. und Bachhagel 6 fl. bezahlt hatten. Am folgenden Tag reisten die hohen Gåste wieder nach Neuburg zurück.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Feuersbrünste
Seit der Zeit, da Gundelfingen Stadt wurde, hatte es immer viel von Feuersbrünsten zu leiden. Unter die merkwürdigsten derselben gehört jene, welche im Okt. 1606 entstand. Ein furchtbarer Wetterschlag setzte eine Scheune in Brand, bald verbreitete sich die Flamme in den benachbarten Gebäuden und da es gänzlich an Löschmitteln fehlte, so brannte über ein Viertel des Städtchens ab und man wurde dem tobenden Element nur mit Hilfe der zahlreich herbeigeeilten Nachbarn endlich Meister. Durch den ganzen 30 jährigen Krieg hindurch brannte es fast jedes Jahr. Im Jahr 1677 brannte auch das hiesige Rathaus gänzlich ab und wurde wie es heutzutage noch steht, von Grund aus neugebaut.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Fromme Stiftungen des Mittelalters
Herzog Ludwigs Sohn, Georg, der Reiche war gegen Gundelfingen sehr wohltätig. Er stiftete 1490 zur Stadt 15 fl.(=Gulden) ewig Geld. Hiervon soll man um 7 fl. gut gewirkten Loden kaufen, 8 Röcke daraus machen lassen und jenen Armen geben, die demütig darum bitten würden. Um das noch übrige Geld soll man Brot kaufen und es bei gesperrten Toren, damit nicht fremde Bettler Teil daran nehmen, den hiesigen Dürftigen austeilen. Obige 15 fl. musste der Rat zu Lauingen jährlich bezahlen, wofür Herzog Georg den Lauingern seinen Großzehnten zu Dattenhausen vermachte.
Im Jahr 1536 stiftete Christoph Schrinel von Nürnberg hier ein großes Almosen, wozu später das Vermögen der Klausnerin noch hinzu kam. Von der Schrinel’schen Geldsumme, welche der Stifter als Kapital anlegte, sollen alle Sonntage an 12 Armen 1 fl. und jährlich am 11.Nov als seinem Geburtstage 12 Röcke, 12 Hemden und 12 Paar Schuhe ausgeteilt werden.
Im Jahr 1542 stiftete Hans Schüzenberger so Vieles zu einem Spital, dass dieses, welches der Rat von aller Steuer befreite, zu bauen angefangen werden konnte. Als Bedingung nahm sich der Stifter aus, dass das Spital immer ein Pferd bereit halte, wozu ihm vom Magistrate noch überdies bewilligt wurde, dass er jedem seiner zwei unehelichen Kinder 200 fl. vermachen dürfte, und dass wenn von seinen Anverwandten eines verarmen sollte, dieses vor allen Andern mit Unterstützung bedacht werde.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Link: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Gundelfingen
Die Entstehung dieses Städtchens verliert sich in’s ferne Altertum und man weiß nur, dass es ehemals den Herren von Gundelfingen gehörte, welche hier ein Schloss besaßen und deren Geschlecht noch in Deutschland verbreitet war, nachdem ihr hiesiger Stamm längst ausgestorben oder ihre Güter in fremde Hände gekommen.
Im Jahr 1322 erhielt Gundelfingen von Kaiser Ludwig dem Bayer das Stadtrecht und des nämlichen Kaisers Söhne gaben Gundelfingen ihrer Schwester Elisabeth, welche Ulrich von Württemberg heiratete, als Brautschatz, behielten sich jedoch das Einlösungsrecht vor. Schon im Jahre 1392 wurde die Stadt wieder eingelöst und als Kaiser Ludwigs Söhne teilten fiel sie mit andern nach einer kurzen Zwischenregierung an Herzog Stephan. Doch als die Ingolstadter Linie mit Ludwig im Barte ausstarb (1447) kam Gundelfingen an die herzogliche Linie von Landshut.
In wenigen Jahren endete auch diese mit Georg dem Reichen und weil für die Söhne seiner Töchter ein neues Herzogtum, die sogenannte junge Pfalz geschaffen wurde, kam Gundelfingen an das Pfalz-Neuburgische Haus. Dieses starb mit Carl Philipp im Jahr 1742 aus und das ganze Herzogtum fiel nun an die Pfalz-Sulzbachische Linie, deren Haupt Kurfürst Karl Theodor im Jahr 1777 durch das Aussterben der Münchener Linie sämtliche Länder der Pfalz und Bayerns unter seinem Zepter vereinte. Als im Jahre 1799 Kurfürst Karl Theodor ohne erbfähige Nachkommen starb, fielen alle seine Länder an den Nebenzweig des pfälzischen Hauses an Maximilian Joseph I aus der Birkenfelder Linie, dessen erhabener Enkel nun den Königsthron von Bayern besitzt.
Viele Freiheiten und Privilegien wurden der Stadt im Laufe der Zeit zu Teil. Hier war der Sitz eines Pflegamtes, dessen Bezirk nebst der Stadt die Dörfer Peterswörth, Untermedlingen Bachhagel, Burghagel und Landshausen umfasste. Jetzt gehört sämtliches zum k. (königlichen) Landgericht Lauingen.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Permalink: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ
Von der Klausen und der Reformation
Im 16. Jahrhundert gewann Luthers Lehre immer mehr Anhänger. Überall in den Nachbarländern wurden die Klöster aufgehoben und ihre Bewohner daraus vertrieben. Letzteres Schicksal traf auch die Franziskaner Nonnen zu Gmünd und mehrere derselben flüchteten sich in ihre Vaterstadt Gundelfingen. Bald wurde ihnen hier eine Wohnung eingerichtet und nach und nach kam das Klösterlein, das man Klause nannte, zu einigem Besitztum.
Doch im Laufe der Zeit übte Luthers Lehre auch hier ihren Einfluss und endlich auch auf die Nonnen Schon 1531 klagte der Rat, dass sie nicht ihren Regeln gemäß leben und sich in Kleidung und Hoffart den Weltlichen gleichstellen. Endlich entwichen sie gänzlich aus dem Kloster und verheirateten sich trotz ihres hohen Alters. Nur drei fromme Frauen blieben und zeigten ihren festen Entschluss das Kloster nicht zu verlassen, ihrem Gelübde treu zu bleiben und auszuharren bis der Tod sie aus der Welt abriefe.
Inzwischen hatte der Herzog Otto Heinrich in allen seinen Ländern die Klöster aufgehoben und die evangelische Lehre in seinem Lande eingeführt. Mit seiner Bewilligung wurde nun auch die hiesige Klause samt allem Zubehör an das Almosenstift verkauft, jedoch für die drei noch lebenden Nonnen anständig gesorgt. Von dieser Zeit an war der katholische Glaube im ganzen Fürstentum strengstens verboten und niemand konnte auch nur ahnen, dass er bald seiner glänzenden Wiedereinführung entgegensehe. Doch Gottes Wege sind unerforschlich und oft wunderbar. Diesmal diente nach seinem Willen eine Ohrfeige dazu, dass der katholische Glaube im Herzogtum Pfalz Neuburg, zu dem nebst Gundelfingen auch Lauingen und Höchstädt gehörten, wieder hergestellt wurde.
Herzog Philipp Ludwig starb unvermutet an der Mittagstafel1 und zur Regierung gelangte nun sein Sohn Wolfgang Wilhelm. Drei Monate vor seines Vaters Tode reiste der Thronfolger nach Düsseldorf, um eine brandenburgische Prinzessin als Braut zu erhalten. Wie bei jeder Verabredung unter den Deutschen wurde auch hier tapfer gezecht, Streitigkeiten begannen und anstatt der gehoften Hand der Fürstentochter trug der Prinz von der Hand ihres Vaters eine tüchtige Ohrfeige davon. Er ehelichte nun die Schwester des Herzogs Maximilian von Bayern, Magdalena mit Namen und diese wusste den Sinn ihres Gatten dergestalt zu lenken, dass er nicht nur katholisch wurde, sondern diesen Glauben auch um jeden Preis in seinen Landen wieder restituiren wollte.
Auch an Gundelfingen ergingen deshalb die strengsten Befehle. 1618 wurde den protestantischen Geistlichen befohlen, sich binnen 14 Tagen aus dem Fürstentum zu entfernen. Lauingen bat für die Nachbarstadt, erhielt jedoch den Bescheid, sich nicht in fremde Händel zu mischen, sondern den herzoglichen Befehlen, welche ja auch für sie gälten, auf das Genaueste nachzukommen. Der erste Pfarrer, der hier wieder Messe hielt, hieß Molitor. Ihm redete gleich bei seiner ersten Predigt ein Fuhrknecht ein, welcher aber dafür (des) Landes verwiesen wurde.
Allmählich fanden sich die Bürger wieder zur österlichen Beichte und Kommunion ein und im Jahre 1620 fehlten nur noch einige Dutzend, für welche der Rat um eine Frist von einem Jahre nachsuchte, da sie wegen gehabten Kriegsvolkes keine Zeit gehabt hätten über die Sache genauer nachzudenken. Weil sich der hiesige Stadtschreiber und der Stadtamann durchaus nicht fügen wollten, so erhielten sie nur noch ein Jahr Bedenkzeit und dann, wenn sie sich noch nicht fügen wollten, sollten sie strengstens gehalten sein, ihre Schulden und Nachsteuern zu bezahlen, ihre Güter zu verkaufen und auszuwandern. Eine besondere Kommission überwachte das Ganze und berichtete nach Jahr und Tag, dass sich allgemach Alles gehorsam zeige, bis auf einige arme Leute, Schuster, Loder und Taglöhner, welche man leicht missen könne, dass es aber doch noch viele heimliche Lutheraner hier gegeben haben muss, geht daraus hervor, dass nach Jahr und Tag nicht nur das häufige Ausheiraten nach evangelischen Orten verboten, sondern auch dem Vogt in Bachhagel aufgetragen wurde, streng mit seinen Knechten aufzupassen und wenn er Kinder nach Giengen und Memmingen zur Taufe tragen sehe, die Leute mit Nachdruck zu ihrer Pfarrkirche zurückzuweisen.2
1Den 12 August 1614 Seine Gemahlin zwei seine Söhne und deren Kinder sowie zwei Töchter von ihm liegen in der Gruft der Pfarrkirche zu Lauingen begraben.
2Nicht weniger fest hielten die Lauinger und Höchstädter am Protestantismus. In letzterem Orte wurden, obgleich schon einige Zeit ein katholischer Geistlicher angestellt war, im Jahre 1624 nur zwei Kinder katholisch, hingegen 117 evangelisch getauft.
Quelle: Ludwig Mittermaier: Das Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, Kränzle, 1849, Permalink: https://books.google.de/books?id=6TBBAAAAcAAJ&pg=PA1
Balladen und Gedichte
Vater und Sohn
Gleich dem Patriarchen Jakob, reich an ird’schem Gut und Segen,
Wallet Rabbi Eliesar auch auf seinen Lebenswegen;
Doch vor allen seinen Schätzen dünkt ihm Einer groß und echt,
Und der Eine dieser Schätze ist sein blühendes Geschlecht.
Und von diesem Blütenbaume ist Ein Zweiglein, zarter, neuer
Als die andern starken Äste ihm vor Allen wert und teuer;
Dieses Zweiglein ist sein Joseph, ist sein holder, jüngster Sohn,
Dem der Geist im Blicke sprühte als ein kleiner Knabe schon.
O, mit welchem Vaterstolze, o mit welchem Hochentzücken
Sieht er seines Lieblings Stirne mit dem Kranz der Musen schmücken!
Sieht ihn, Sohn von einem Stamme, viel verachtet und gehöhnt –
Mit der stolzen Doktorwürde in so jungem Jahr gekrönt! –
Aus der Heimat seiner Jugend, von dem rauhen Donaustrande,
Zieht der Jüngling frohen Mutes zu dem schönen, warmen Lande
Wo der Rhein die Auen tränket, wo die süße Rebe rankt,
Wo im Kuß des Sonnenstrahles Blüt und Blume holder prangt.
Ziehet in die Stadt der Musen zu der Heidelberger Schule;
Schleudert goldne Geistesblitze von dem hohen Lehrerstuhle,
Dass die jungen Seelen flammen wie die eig’ne feurig, klar;
Opfernd in Begeisterungen an der Wissenschaft Altar.
Doch auch in des Lehrers Seele ungekanntes Wissen ziehet,
Und ein dichtgewebter Schleier vor dem klaren Geiste fliehet.
Aber – nein! – nicht Wissen – Glauben heißt des Sternes Wunderlicht
Das durch seiner Seele Dunkel, Alles rings verklärend, bricht. –
Nicht allein in Blitz und Donner, nicht allein in düstrer Wolke
Siehet er den Gott der Väter, wie er zeigte sich dem Volke
Als es um den Berg gestanden zu empfahen sein Gebot:
Nein – aus seiner Kindheit Glauben steigt ein neues Morgenrot.
Denn vor seinem Geistesauge jene Bilder sich verweben,
Wie in seiner ew’gen Liebe Gott den Sohn dahingegeben,
Dass er alle Menschen trage himmelwärts mit Hirtenhuld,
Dass er tilge durch sein Leiden all die schwere Menschenschuld.
Und der Lehrer wird zum Jünger, wird zum demutsvollen Lamme,
Das der Heiland sich erkaufet blutig an dem Kreuzesstamme;
Wird zum Jünger, der in Liebe umgewandelt fühlt den Hohn;
Der ans Herze schlägt und rufet: »Wahrlich! das ist Gottes Sohn!« –
Doch dieweil in Josephs Blicken Himmelsklarheit webt und leuchtet,
Hat mit Tränen diese Kunde seines Vaters Aug‘ befeuchtet;
Und dieweil des Sohnes Lippe seinem Heiland Lieder singt –
Aus des Vaters bleichem Munde sich die herbe Klage ringt.
Und dieweil ein neues Leben ist dem Sohne aufgegangen,
Seufzet Vater Eliesar in des Todes Qual und Bangen;
Doch dieweil der Jude fluchend an den Sohn, den fernen, denkt –
Dieser voller Kindesliebe heimwärts seine Schritte lenkt. –
An dem Sterbelager kniet Joseph mit gefalt’nen Händen;
Nicht kann er sein weinend Auge von des Vaters Blicken wenden,
Die seit seiner Kindheit Tagen stets so warm auf ihm geruht,
Und nun in dem letzten Scheiden sprühen wilde Hasses-Glut.
Seine frommen Augen flehen um des Vaters letzten Segen,
Und er fasst die welken Hände, dass sie auf sein Haupt sich legen;
Da erhebt mit letzten Kräften sich der Vater noch einmal
Und ein Fluch dringt aus den Lippen, flammet in des Auges Strahl. –
Ja, ein Fluch, ein grausenhafter donnert durch die Sterbestunde,
Fluch dem milden Christengotte, Fluch dem ganzen Christenbunde,
Fluch dem heil’gen Kreuzeszeichen, das die starre Welt besiegt,
Fluch dem ganzen, ganzen Volke, das vor ihm anbetend liegt.
Und ein Fluch dem bleichen Sohne, kniend an dem Sterbebette,
Kniend mit erhobnen Händen in versöhnendem Gebete. –
Sieh! – da ist die Kraft gebrochen! – in dem grausenhaften Fluch
Sinket Rabbi Eliesar sterbend in das Leichentuch. –
Aber stille kniet der Jüngling immer vor des Vaters Leiche,
Blicket ins gebroch’ne Auge, in das Antlitz, in das bleiche;
Auf den Flügeln des Gebetes möchte er des Vaters Herz,
Möcht er die entfloh’ne Seele heben, tragen himmelwärts!
Von Isabella Braun. – Vgl. ( Mittermaiers) Sagenbuch der Stadte Gundelfingen etc. 1849.
Quelle:Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 399-400. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005675855
Sitten, Volksglaube und Gebräuche
Alte Sitten aus Gundelfingen (Protest. Zeit)
anno 1622 ward eine Magd gestraft, die ein Kind in die Kirche mitgenommen, das gesungen und gelacht hat
anno 1598 mußten die Censoren auf’s Schärfste anzeigen, wenn einer ins Papsttum (d.h. eine Katholikin heiratete)
anno 1619 mußten der Rat und die Zunstmeister einen Revers ausstellen, daß sie bei Taufen und Hochzeiten nicht mehr über Feld gehen wollten bei hundert Thaler Strafe
anno 1660 wurde viertelweise in jeden Hause der Stadt angesagt wer die Communion empfangen muß
anno 1618 und 1620 wurde ein fürstlicher Befehl erlassen ob der gefährlichen Zeiten alles Spiel, Essen und Trinken einzustellen, die Betstunden zu besuchen, die Fasttage zu halten und Beicht und Communion zu gebrauchen. Die Nachlässigkeit wurde strenge gestraft. Der Pfarrer erschien selbst im Verhör. Der Schulmeister von Bachhagel mußte abziehen.
anno 1599 wurde ein Schäfer um zwei Thaler gestraft, weil er seinen Hund, der einen Hasen fieng, nicht geprügelt
anno 1677 wurde ein Hirt gestraft, weil er nicht verhindern konnte, daß ein Wolf eine Gaiß biß
anno 1609 ist dem Holzwart zu Obermedlingen befohlen worden, seinen Hund zu prügeln, da er mit diesem einen Hasen gefangen
anno 1618 wurden einem, der nichts als Schulden und Kinder hatte, die Wirtshäuser, liederlichen Gesellschaften, Spielen und Müßiggang untersagt anno 1631 war ein Pfarrhof zu Untermedlingen und ein eigener Pfarrer. Es gieng sehr ärgerlich im Pfarrhofe zu mit Saufen, Tanzen, weswegen der Vogt klagte. Der Pfarrer dagegen klagte über den Vogt, daß derselbe kein Kreuz mache und sonst wenig in die Kirche komme.
1700 waren zu Untermedlingen 28 Tabakraucher, in Peterswört 29, in Bachhagel 42, in Burghagel 31, in Landeshausen 18, in Gundelfingen 30.
In der Lauinger Apotheker-Ordnung von 1618 wird unter anderm, was man alles haben kann, auch „Granium hominis suspensi praeparatum“, „gewehre Hirnschale von einem gehenkten Menschen bereit“ aufgeführt
Quelle: Anton Birlinger: Aus Schwaben – Sagen, Legenden, Aberglauben, Sitten, Rechtsbräuche, Ortsneckereien, Lieder, Kinderreime ; neue Sammlung ; zwei Bände. Sitten und Rechtsbräuche, Band 2, Heinrich Killinger, 1874, Permalink: https://books.google.de/books?id=NJBpAAAAcAAJ&pg=PA507
³ Die historischen Texte habe ich zur besseren Lesbarkeit „sachte“ an die gültige Rechtschreibung angepasst, historisch überholte Begriffe jedoch belassen. Die historischen Postkarten wurden von mir retuschiert, Flecken und Schrift habe ich entfernt und die Karten in Farbe und Kontrast geändert, manche auch digital coloriert.
Literatur
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