Bregenz am Bodensee – Sehenswertes, Geschichte und Insidertipps.
Das etwas andere Portal zu Bregenz. Hier gibt es nützliche Links, Insidertipps, (alte und neue) Karten, Fotos
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Allgemeines
Links
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Geschichte
Historische Einträge in Lexika
Bregenz (Meyers 1905)
Hauptstadt des österreichischen Kronlandes Vorarlberg, 400 m ü. M., am Ostende des Bodensees unweit der Mündung der Bregenzer Ache, Endpunkt der Arlbergbahn mit Anschluss nach Lindau und St. Margareten, Ausgangspunkt der Bregenzer Waldbahn, zerfällt in die obere Altstadt, das altrömische Castrum und die unterhalb gelegene Neustadt, hat eine stattliche kath. Pfarrkirche, eine evang. Kirche, ein Rathaus, Landhaus, hübsche Villen, Obergymnasium, Landesmuseum, einen Hafen und (1900) mit der Garnison 7594 Einw., die Seidenweberei, Fabrikation von Strickgarn, Trikot- und Schuhwaren und lebhaften Handel mit Holz, Getreide und Vieh treiben.
Bregenz steht in Dampferverbindung mit den übrigen Bodenseehäfen, hat Lagerhäuser, bedeutende Schlachtviehmärkte und ansehnlichen Fremdenverkehr. Es ist Sitz des Landtags von Vorarlberg, einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts und eines Hauptzollamts. Südöstlich erhebt sich der Gebhardsberg (600 m), auf dem ehemals die Burg Hohenbregenz stand, mit Kirche und schöner Aussicht, östlich der Pfänder (1064 m) mit Hotel und weitem Rundblick. Am Fuße des letztern liegt, nördlich von der Stadt, die ehemals befestigte Bregenzer Klause. Westlich von Bregenz befindet sich Mehrerau mit Cistercienserstift, schöner Kirche, Privatgymnasium und Schwefelbädern, und Riedenburg mit Klosterpensionat.
Bregenz im Altertum Brigantium oder Brigantia, gehörte zu Vindelizien, war lange Zeit der Standort einer römischen Besatzung gegen die Germanen. Im Mittelalter residierten hier die Grafen von Bregenz, später besaßen die Grafen von Pfullendorf und dann die Grafen von Montfort die Herrschaft Bregenz. Erst 1451 und 1523 kam sie durch Kauf an den Erzherzog Ferdinand von Österreich. 1407–1408 überstand Bregenz eine Belagerung der Appenzeller und St. Gallener; 1646 wurde es von den Schweden unter General Wrangel erobert, 1647 zugleich mit Schloss Montfort bei dem Abzug der Schweden zerstört. 1805–14 war Bregenz bayrisch.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 370-371. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006365647
Bregenz (Pierer’s 1857)
1.) Kreis in der österreichischen Grafschaft Tyrol (seit 1849), die ehemaligen Vorarlbergischen Herrschaften umfassend; grenzt an Bayern, Schweiz. Liechtenstein u. den Kreis Innsbruck; gebirgig durch die Rhätischen Alpen u. waldig; wird vom Rhein, Iller, Lech u. der Bregenz durchflossen; Produkte: Wein, Obst, wenig Metall; 464 QM. u. 103,800 Ew., deutscher Abstammung mit eigenen Sitten, die außer Ackerbau u. Viehzucht auch etwas Berg- u. Schiffbau treiben
2.) Stadt darin, am Einfluss der Bregenz in den Bodensee; zerfällt in die Ober- u. Unterstadt, hat ein altes Bergschloss (Hohen-Bregenz), Mönchs- u. Nonnenkloster, Hauptschule, Rent-, Forst-, Salz- u. Postgml, Militärschwimmschule, Baumwollweberei, Stroh- u. Holzwarenfabrikation, Handel mit Holz u. hölzernen Häusern (Alpenhütten, welche zu Wasser weiter transportiert werden), Getreide, Vieh, bes. Kälbern, Schifffahrt u. Schiffbau, 4000 Ew. Dabei die Bregenzer Klause, ein zerstörtes Felsenschloss, das sonst den Pass nach Italien schloss, u. das abgetragene Schloss Pfannenberg u. der Gebhardsberg mit wundertätigem Gnadenbilde.
Bregenz hieß im Altertum Brigantium od. Brigantia, gehörte zu Vindelicien und war ein wegen seiner Lage an der großen aus dem Orient nach Gallien führenden Heerstraße, welche hier von einer zweiten aus Italien nach Augsburg führenden durchschnitten wurde, wichtiger Ort. Im 7. Jahrh. war sie zerstört, wurde aber im Mittelalter Hauptstadt der von Wangen, Tyrol, Montfort u. dem Costnitzer See begrenzten Grafschaft Bregenz. Hier walteten seitdem 8. Jahrh. die Grafen des Argen- u. Linzgaues, welche meist den Namen Ulrich führten. Der letzte Graf von Alt-Bregenz war Rudolf, Sohn Ulrichs VIII., er starb wahrscheinlich 1157; seine Tochter Elisabeth vermählte sich mit dem Grafen Hugo IV. von Tübingen; deren jüngerer Sohn, Hugo, wurde Stifter des Hauses von Montfort, an welche Bregenz nun kam. Die Grafen gehörten zu den mächtigsten in Schwaben u. der Schweiz; ihr Ahnherr war Cadeloch, Bruder des Pfalzgrafen Roderich von Oberrhätien.
Nachdem schon Margraf Wilhelm von Hochberg, welcher die Gräfin Elisabeth von Montfort geheiratet hatte, seinen Anteil an Bregenz 1451 an den Erzherzog Sigismund von Österreich verkauft hatte, veräußerte Graf Hugo von Montfort 1525 den Rest noch an Erzherzog Ferdinand. Die Stadt Bregenz wurde 1079 vom Abt Ulrich von St. Gallen erobert und verbrannt; vom Oct. 1407 bis 13. Jan. 1408 belagerten sie vergebens die Appenzeller und St. Gallener. Letztere wurden durch Hilfe einer Frau, Ergntha (Hergothe) zurückgeschlagen.
1646 wurde Bregenz u. die Bregenzer Klause vom schwedischen General Wrangel erobert; 1647 zogen die Schweden wieder ab, nachdem sie die Werke zerstört hatten. Am 12. Oct. 1850 wurde in Bregenz der Tractat (Vertrag) zwischen Österreich, Württemberg u. Bayern (gegen Preußen), eventuell eine Armee von 200,000 Mann aufzustellen, abgeschlossen, u. im Oktober 1855 fand daselbst eine Konferenz der Bodenseeuferstaaten zur Feststellung eines Schifffahrtsreglements statt.
Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 258-259. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009583696
Schwabenkinder
Fotos & Abbildungen
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Geschichte
Ortsbeschreibung von Merian: ➥ https://de.wikisource.org/wiki/Topographia_Sueviae:_Bregenz
Ausflüge und Sehenswertes
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Sehenswert in Bregenz
- Die alte Oberstadt. Am besten nimmt man für den Besuch den Stadtbus und lässt das Auto in einem der großen Parkhäuser im Zentrum stehen. Es gibt oben jedoch auch Parkplätze (gebührenpflichtig). Im alten Befestigungsturm ist heute das Stadtmuseum untergebracht, von wo man einen herrlichen Ausblick über Bregenz, das Rheintal und den Bodensee genießen kann.
- Das „Handtuchhaus“ ist das wohl schmalste Haus in Europa. Die Hausfront besitzt eine Breite von 57 cm und lässt nur Platz für die Eingangstüre. Das Haus wurde in eine Baulücke in der Kirchstraße 29 gebaut, erweitert sich (nicht von der Straße her erkennbar) nach hinten trapezförmig auf eine Wohnfläche von 60 m².
Kunst, Kultur und Brauchtum
➥ Kultur und Sehenswürdigkeiten (Wikipedia)
➥ Bregenz auf ‚Bildindex‘
➥ Abbildungen auf ‚Google-Art‘
➥ Bregenz auf ‚Zeno-Org‘
Natur & Parks
Karten
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sowie die Straßenentfernung zwischen zwei Orten und stellt beide auf der Landkarte dar. Startort ist Bregenz, den Zielort müssen Sie noch wählen. Voreingetragen ist ➥ Bisoro in Burundi
[cbxgooglemap width=“100%“ height=“300″ zoom=“13″ scrollwheel=“1″ showinfo=“0″ infow_open=“1″ maptype=“roadmap“ lat=“47.505″ lng=“9.749167″] Karte eingebunden aus https://www.openstreetmap.de/
Webcams
➥ Webcams in Bregenz und Umgebung
Nachbargemeinden
➥ angrenzende Städte und Gemeinden (aus Wikipedia)
Teilorte / Teilgemeinden
➥ Ortschaften und Wohnplätze von Bregenz (aus Wikipedia)
Sagen und Mythen
Wendelgardis
eine Gräfin von Bregenz-Buchhorn am Bodensee, deren Gemahl Graf Ulrich angeblich im Kampfe gegen die Hunnen gefallen war, bezog bald nach dem Eintreffen dieser Trauerbotschaft eine Zelle bei der St. Magnuskirche in St. Gallen, [775] mit dem Vorsatze, in Zurückgezogenheit von der Welt unter der Leitung der heil. Wiborada, die noch übrigen Lebensjahre ausschließlich dem Dienste Gottes, dem Gebete für die Seelenruhe ihres Gemahls und Werken der Wohltätigkeit zu weihen. Bischof Salomon III. (vom J. 891–920) gab ihr den Schleier. Alljährlich ging sie nach Buchhorn, um den vermeintlichen Todestag ihres Eheherrn durch Gebet und Almosen zu begehen. Als sie in dieser Absicht im J. 919 wieder dahinreiste, nahte sich ihr unter den Bettlern auch ihr tot geglaubter Gemahl. Sie gab ihm ein Gewand, er aber zog die Gräfin mit diesem an sich, und küsste sie. Als die Bedienten den unverschämten Bettler dafür züchtigen wollten, warf er seine Bettlerkleidung weg, und gab sich zu erkennen. Hocherfreut ließ die Gräfin das Totenamt in einen Dankgottesdienst umwandeln. Der Graf führte sie nach Entbindung von ihren Gelübden, welche ihr unter der Bedingung, dass sie nach St. Gallen zurückkehren solle, wenn ihr Gemahl etwa vor ihr sterbe, erteilt wurde, in sein Schloss Buchhorn. Als sie sich nach einiger Zeit in gesegneten Umständen befand, wallfahrteten beide nach St. Gallen, und gelobten, wenn sie einen Sohn bekämen, denselben dem heil. Gallus zu weihen. Als die Zeit der Entbindung herankam, starb die Mutter, das aus dem Mutterleibe geschnittene Kind aber, ein Knabe, blieb am Leben. Ulrich, des Versprechens seiner teuren Gemahlin eingedenk, sandte die Amme mit dem Knaben nach St. Gallen, ließ ihn auf den Altar legen, und steuerte ihn mit dem Zehenten und mehreren Liegenschaften zu Höchst aus. Der Knabe wurde im Kloster erzogen, musste aber immer sehr schonend behandelt werden, da schon jeder Fliegenstich bei ihm große Blutungen zur Folge hatte (Ekkehard schreibt: nec musca illum sine sanguinis eruptione postea mordehat). Er trat in die Fußstapfen seiner frommen Eltern, wurde später unter dem Namen Burkhard I. Ingenitus Abt von St. Gallen, und starb in großer Frömmigkeit im Jahr 959. (Burg. II. 325.)
Quelle: Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 775-776, Permalink:http://www.zeno.org/nid/20003172015
Der Alpenkönig
Eine Sage.
Auf dem breiten Berge im Tirolergebirge an der Ostseite sieht man einen Felsen, den man die verschlossene Alpentür nennt. Alle Jahre in der Mitternachtstunde des Weinachtfestes tut sich die Tür auf und bleibt offen stehen, bis ein Viertel auf Eins. Wer gerade in dieser Viertelstunde gegenwärtig ist und sich durch den Anblick des Alpenkönigs, der mit seinem aschgrauen Gesichte als Gemsjäger im nebelfarbenen Jagdkleide hinter einem Tische in der Höhle sitzt, nicht abhalten läßt hinein zu gehen, der darf wohin ihn nur wirkliche und unverschuldete Not drängt, von den dort aufgehäuften Schätzen so viel mitnehmen als er tragen kann. Wer dieses Wagestück unternimmt, muss jedoch Sorge tragen, den Schlag der Viertelstunde nicht in der Höhle abzuwarten, er würde vielleicht nie wieder an das Tageslicht kommen oder im glücklichsten Falle erst nach einem Jahre aus diesem unterirdischen Gefängnisse befreit werden.
Die Sage meldet, dass vor vielen hundert Jahren in der Gegend der Stadt B. eine junge Witwe lebte, deren ganzer Reichtum in einem Säugling bestand, an dem das Herz der Mutter mit der innigsten Liebe hing. Am Weihnachtsabende, wo der Winter über Berg und Land sein kaltes Leichentuch ausgespannt hatte, befand sich die dürftige Frau gerade in der äußersten Bedrängnis. Ihre kleine Mahlzeit hatte sie schon am Morgen verzehrt und nun keine Aussicht, weitere Lebensmittel zu erhalten. Weinend saß sie in dem kummerlich erwärmten Kämmerlein und blickte oft mit einem Seufzer durch die kleinen, schadhaften Fenster; ihr Auge verweilte dann lange auf dem sogenannten breiten Berge, der mit seinem Scheitel weit über die nebenstehenden Bergrücken emporstieg.
Ein tröstender Gedanke schien in ihrer Seele Wurzeln zu fassen und die sorgenvollen Zuge ihres Gesichtes wurden auf Augenblicke einer freundlichen Ruhe verdrängt. Der arme Kleine schlummerte süß und lächelnd auf dem der Mutter, in deren Brust Schmerz und Hoffnung ein qualvolles Spiel trieben. „Armes Kind“, sagte die Geängstigte, den kleinen Schläfer mit einem Kusse den Mund berührend, „wie bald wird in meiner Brust die Nahrung versiegen und wollte ich dich an meinem Herzen beschützen vor dem Winterfrost, wer schützt deine Mutter, welche ebestens diese Wohnung verlassen muss, weil sie selbst den geringen Mietzins zu entrichten außer Stand gesetzt ist?“
Noch einmal blickte sie nach dem breiten Berge, den eben die untergehende Sonne vergoldete; eine sanfte Ahnung floss durch ihre Seele, dass ihr Leiden den höchsten Grad nicht erreichen werde, wenn sie ihre Zuflucht zu dem Alpenkönig nehmen würde. Einige Zeit kämpften noch Furcht und Besorgnis mit diesem Vorsatze, als sich aber vor ihren Blicken das ganze Jammerbild kommender Besorgnisse aufrollte, da wandelte sich dieser Vorsatz zum festen Entschlusse. Am Abende, als die Sterne bereits am tiefblauen Himmel aufgegangen waren, verbarg sie den Knaben sorglich in wärmende Hüllen und begab sich mit beklommenem Herzen auf den Weg nach der Wohnung des Alpenkönigs. Zur Zeit der Mitternachtsstunde hatte sie den Eingang glücklich erreicht. Eine Weile schaute sie zögernd in die schimmernde Öffnung, doch die Mutterangst gewann den Sieg über die weibliche Furchtsamkeit und sie trat in die Höhle hinein.
Der Alpenkönig saß im Gewande eines Gemsenjägers hinter einem Tisch im Hintergrunde der weiten Grotte, nickte der Eintretenden freundlich mit dem Haupte entgegen und sagte: „Nun aber eile und vergiß nichts“ Sie setzte den Kleinen auf den Boden und trug die köstlichsten Schätze in ihren Trachten vor die Höhle hinaus, um zuletzt ihr Kind nachzuholen. Als sie aber ihre Schürze zum vierten Male zu füllen sich gegen den Eingang wendete, da schlug die Turmuhr in B. ein Viertel auf Eins. Die Bergtür rauschte zugleich mit dem Viertelschlage unaufhaltsam vor ihren Augen zu und hielt ihren Liebling in der Tiefe der Erde verschlossen. Starr vor Entsetzen blickte die Mutter die Felsentür an. Der Schmerz löste sich endlich in einem Tränenstrom auf, die Bitten des weichsten Mutterherzens verwandelten sich aber bald in die Zornglut einer Tigerin, der man ihre Jungen geraubt hat.
In dieser Leidenschaft warf sie Goldstücke an die Felsentür und forderte mit Verwünschungen ihr Kind zurück. Endlich kam es ihr vor, als ob ein geistiger Hauch um sie wehe und aus dem Innern der Berghöhle tönten weich und flüsternd die Worte: „Komm in einem Jahre wieder.“ Mochte dieses nun eine Wirkung ihrer erschöpften Natur und entflammten Phantasie oder eine beruhigende Einflüsterung des Alpenkönigs sein, genug, ihre Verzweiflung war gemildert, als dieser Balsamtropfen einer leisen Hoffnung ihr Herz berührte. Sie beschloss der unbekannten Stimme zu folgen und trug die Schätze, welche ihrer Bedrängnis ein Ende machen sollten, mit schwerem Herzen nach Hause. Sie richtete nun nach dem Verhältnisse ihres jetzigen Vermögens ihren Hausstand ein, bezahlte ihre Schulden und es war eine Lust zu sehen, wie viele Freunde sich jetzt von allen Seiten fanden, die vorher ihr Dasein kaum bemerkt hatten. Die Frau aber kannte nur diejenigen, die sich während ihrer ungünstigen Verhältnisse als Freunde erprobt hatten und lebte in Sehnsucht nach ihrem Kinde und in der Hoffnung, es wieder ans Herz drücken zu dürfen, mehr in der Einsamkeit, als in Gesellschaft.
Das Jahr, das ihr länger vorkam als irgend eines in ihrem Leben, war endlich doch abgelaufen und in der Mitternachtsstunde des Weihnachtsfestes trat sie in die geöffnete Felsenhöhle, aber nicht als schüchterne Bettlerin, sondern im Gefühle einer Mutter, die auf ihr Recht Anspruch zu machen glaubte. Die Kristallwände des Felsenpalastes strahlten einen glänzenden Lichtstrahl zurück, der von einem funkelnden Diamantsterne an der Decke ausgegossen wurde. Zahlreiche Gefäße mit Edelsteinen besetzt, standen ringsumher und trugen ihren goldenen Inhalt zur Schau. Die Mutter achtete jedoch nicht auf die irdischen Glücksgüter, ihr Auge suchte den Liebling, der auch in den Tagen der Armut ihr größter Reichtum geblieben. Der Knabe, in blühender Gesundheit, saß auf dem Schoße des Alpenkönigs und spielte mit Perlen, Edelsteinen und Goldstücken. „Beherrscher der Alpen“, rief die Mutter, „gib mir mein Kind wieder, ohne welchem mir alle Erdenfreuden nichtig sind!“ „Lass mir den Knaben“, sprach der Alpenfürst, „und nimm dafür die Schätze, mit denen er spielt!“
Alle Freuden, die dein Herz verlangt, kannst du damit erkaufen.“ „Und wenn der ganze Berg voll Gold wäre“, entgegnete diese, „mein Kind möchte ich nicht für diesen Mammon hingeben!“ „Du bist zwar nicht mehr arm“, erwiderte der Berggeist, „doch will ich dich mit Reichtum beglücken, nimm diese Schätze mit denen dein Kind spielt und verlasse bald diesen Ort, denn in wenigen Minuten wird von der Turmuhr das Zeichen ertönen, welches die Felsentür auf ein neues Jahr verschließt!“ „Behalte deine Schätze,“ rief die Mutter, „mein Entschluss kann nicht zum Wanken gebracht werden. Gib mir mein Kind wieder und ich will gern in meine vorige Armut zurückkehren. Es werden sich doch vielleicht Menschen finden, welche Mitleid haben mit unserm Schicksal und den Kummer der Mutter zu lindern suchen.“
Und mit diesen Worten ging sie auf den Berggeist zu und machte Miene, ihm den Knaben, der schon längst lächelnd und endlich weinend die Arme nach ihr ausstreckte, mit Gewalt zu entreißen. „Beruhige dich,“ sprach der Geist mit Zutrauen erweckendem Ton, „beruhige dich. Du sollst deinen Knaben wieder bekommen und keine Macht soll ihn dir wieder vorenthalten. Ich wollte nur das Herz der Mutter prüfen und beobachten, ob diese irdischen Schätze die Liebe zu deinem Kinde nicht zu ersticken vermögen. Du hast diese Probe siegreich bestanden. Deine Mutterliebe glänzt in reinerem Lichte, als der Strahl dieser Diamanten. Du bist nun würdig mit Glücksgütern gesegnet zu werden, denn Du wirst sie verwenden zu deiner und deines Kindes wahrer Lebenswohlfahrt und weil du selbst dein Brot in Tränen asest, so wirst du auch das Unglück deiner Nebenmenschen fühlen und mit dem, was ich dir zuteile, ihren Kummer lindern. Hier empfange dein Kind aus meinen Händen wieder, nimm es als ein Weihnachtsgeschenk für deine Liebe, tritt sogleich aus dieser Wohnung; außer der Höhle wirst du die Schätze finden, die du verschmäht hast aus mütterlicher Zärtlichkeit.“ Er verschwand.
Die Glückliche schloss den Knaben freudeweinend in ihre Arme, eilte hinaus mit dem Wiedergefundenen in das Freie und kaum stand sie unter dem sternenhellen Himmel, als sich die Felsentür rauschend hinter ihr zuschloss. Ein schöner Knabe im silber glänzenden Gewande, eine Fackel in der Hand, stand vor der Höhle bereit, die Glückliche zu den versprochenen Schätzen zu geleiten. Er winkte zu folgen und die Frau gehorchte. Als sie nun voll Erwartung um die Ecke des Felsenvorsprunges bog, wähnte sie sich durch einen Zauberschlag in eine herrliche Frühlingslandschaft versetzt. Ein blumendurchwirkter Wiesenteppich breitete sich vor ihren Augen aus und goss einen lieblichen Wohlgeruch in die linde webende Luft.
Im Hintergrunde standen in einem Halbkreise die schönsten Rosenblumen in üppigster Blütenpracht. Mitten auf der Wiesenrunde erhob sich eine breitästige Tanne, deren Zweige von Silber und deren Nadeln von Gold gebildet waren. Perlen, Edelsteine von der ersten Gattung, Goldstücke und allerlei Baumfrüchte aus Gold geformt hingen in zierlicher Ordnung an diesem Weihnachtsbaume und flimmerten im schönsten Regenbogenfarbenspiel. „Diesen Weihnachtsbaum schenkt euch der Alpenkönig,“ sprach der jugendliche Führer, „pflücket diese Früchte und wendet sie an zum Guten. Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als sich die Gestalt in eine Silberwolke auflöste, welche von einem sanften Winde getragen nach dem breiten Berge hinschwebte. Die Witwe pflückte nun von diesen kostbaren Früchten so viel selbst zu tragen vermochte und verließ dankdurchglüht den Ort, wo sich die Güte des Berggeistes auf eine so wunderbare Weise offenbart.
Jetzt war nun die junge Witwe anziehender geworden. Es meldete sich eine Menge Freier, welche auf einmal an der Frau Vorzüge entdeckten, die ihnen vorher im Dunkeln geblieben waren, vermutlich weil die Beleuchtung der Bergschätze gеfehlt hatte. Doch die Begüterte war gegen alle diese Äußerungen, von denen sie früher nicht die kleinste Spur wahrgenommen hatte, kalt und misstrauisch; sie lehnte alle diese geldgierigen Anträge ab und begünstigte blos die Freunde ihrer ehemaligen Armut mit ihrem Vertrauen und ihrer Unterstützung.
Sie ließ in B. ein für die damalige Zeit sehr schönes Haus erbauen, welches noch jetzt steht und von seinem Ursprunge her das Haus vom Weihnachtsbaum benannt wird. Ihr Sohn hatte das Jahr unter den Berggeistern nicht unnütz zugebracht, denn sein Geist entfaltete sich zur allgemeinen Verwunderung auf eine glänzende Weise und es war nicht zu verkennen, dass er der Liebling des Alpenfürsten geworden. Als seine Mutter betrauert und beweint von allen guten Menschen hinubergegangen war in die schönere Welt, ließ ihr der Sohn ein prachtvolles Monument auf dem Kirchhofe zu B. errichten, welches noch jetzt die Bewunderung aller Altertumskundigen erhält. Er selbst aber baute in der Gegend des breiten Berges ein reich ausgestattetes Kloster, worin er sein Leben in frommen Betrachtungen zubrachte und der Wohltäter aller Unglücklichen, der Segen der ganzen Umgegend wurde. Diese Sage ihrem Hauptumrisse nach hat sich im Munde der Tiroler bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt und manche Mutter erzählt am Weihnachtsabende die freundlich ernste Geschichte vom gütigen Alpenkönig.
Quelle: Peter Schlemihl (pseud.?): Wunder-sagen und Gespensterbuch, enthaltend: Spuck- und Geistergeschichten, Volksmährchen, Legenden und Historien, Wien, 1835, S.24-32, Link: https://books.google.de/books?id=YoQSAAAAYAAJ