Wer war Bernhard Strigel?
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Biographie
„Bernhard Strigel2 (* um 1460 in Memmingen; † 4. Mai 1528 ebenda) war ein deutscher Maler am Übergang von der ➥ Spätgotik zur ➥ Renaissance. Er entstammt der süddeutschen Künstlerfamilie Strigel und prägte die in Oberschwaben verwurzelte ➥ Memminger Schule.“ (Wikipedia). Bernhard war Sohn von Ivo Strigel (* 1430; † 1516 in Memmingen; auch Yvo Strigel) einem deutschen Bildhauer aus der süddeutschen Künstlerfamilie Strigel. Dieser war Bruder von ➥ Hans Strigel dem Jüngeren. Ivo Strigel war seit ca. 1480 der Inhaber einer Künstler-Werkstatt in Memmingen, die zahlreiche Altäre herstellte und diese in Süddeutschland, Tirol, Graubünden und im Tessin vertrieb.
➥ https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Strigel
➥ https://de.wikipedia.org/wiki/Strigel_(Künstlerfamilie)
Strigel war Zunftmeister in Memmingen, Ratsmitglied und wurde zum Hofmaler von Kaiser Maximilian I.² ernannt. Er unternahm in diesem Zusammenhang Reisen durch ganz Europa und lernte so auch die holländische Maltechnik kennen. Einige Quellen vermuten in der Ernennung eine Finte des Kaisers – des ständig in Finanznöten lebte – um sich vor der Bezahlung der Portraits und Familienbilder, die Strigel für ihn anfertigte, zu drücken.
Biografie II
Wilhelm Schmidt schreibt in der „Deutschen Biografie“ von 1893 über die Malerfamilie Strigel:
„Strigel, Malerfamilie in Memmingen des 15. und 16. Jahrhunderts.
Hans St., Maler, kommt 1433 in einer Memminger Urkunde vor. Er mag identisch sein mit dem Hans St., von dem ein hölzern gemaltes Altarwerk (von 1442) in der Kirche von Zell bei Staufen existiert.
Ein Sohn von ihm war Ivo St., von dem die mittelalterliche Sammlung zu Basel kürzlich einen Schnitzaltar aus S. Maria im Val Calanca in Graubünden erwarb. Ivo war, als er es malte (1512), 81 Jahre alt. Von einem Claus St. besitzt die Münchener Frauenkirche zwei Altarflügel mit den Heiligen Achatius und Urbanus vom Jahre 1500. Unbedeutende, an Zeitblom erinnernde Gemälde.
Wahrscheinlich ein Sohn des Ivo und vielleicht ein Bruder des Claus war Bernhard St., der bedeutendste Künstler der Familie. Er ist 1460—1461 zu Memmingen geboren. Seine unzweifelhafte Verwandtschaft mit B. Zeitblom in Ulm macht es wahrscheinlich, daß er bei diesem einige Zeit gearbeitet habe. Im J. 1506 ist er zuerst in Memmingen urkundlich bezeugt. St., der mit der linken Hand malte, erfreute sich bereits damals eines Rufes und war mindestens schon 1507 für den Kaiser Maximilian I. tätig.
Im Auftrage dieses Fürsten machte er wiederholt Reisen nach Augsburg, Innsbruck und Wien, an welch letzterem Orte er 1520 bezeugt ist. In seiner Vaterstadt bekleidete er viele Ehrenstellen, und der Rat schickte ihn wiederholt mit Aufträgen an andere Städte. Bernhard Strigel’s Werke sind sehr zahlreich. Man erkennt sie ziemlich leicht an dem spitzigen Kinn seiner Figuren, den meist hässlichen Händen und dem unangenehmen Knitterwerk. Doch verfügte er über eine klare, warme Farbe. Früher gingen seine Bilder unter dem Namen „Meister der Hirschers’schen Sammlung“, weil der verstorbene Domcapitular Hirscher in Freiburg i. Br. eine größere Anzahl dieser besaß. Der Name des Künstlers wurde erst durch W. Bode auf der Rückseite eines Bildes des Berliner Museums (Rath Cuspinian und seine Familie von 1520) entdeckt.
Wie bemerkt steht Bernhard unter dem Einfluss des B. Zeitblom, mit dem er sich jedoch nicht messen kann. Die größere Entwicklung der Malerei im Beginne des 16. Jahrhunderts wirkte auch auf ihn einigermaßen. Seinen religiösen Bildern sind seine Porträts vorzuziehen. Hier hielt er sich doch näher an die schlichte Natur, und seine klare tiefgestimmte Farbe kam ihm sehr zu statten. Größere Feinheiten der Beobachtung und Malerei wird man allerdings auch bei ihm vermissen.
Werke von ihm findet man in zahlreichen Galerien; besonders interessante besitzt Berlin (vier Altarflügel von 1515), Wien, München, Nürnberg, Karlsruhe etc. Auch im Schloß Tratzberg in Tirol finden sich Werke, und das Kloster Wilten bei Innsbruck besitzt von ihm eine allegorische Tafel von 1521, die, etwas dekorativ gemalt, ein gutes Beispiel seines späteren, breiteren Stiles ist. R. Vischer glaubt auch, dass Strigel einen Teil der Wandgemälde im Kreuzgang des Franziskanerklosters zu Schwaz gemalt habe. Von seinen Bildnissen sind hervorzuheben die Porträts Maximilian’s I. und seiner Familie in der k. k. Sammlung zu Wien, das Bildniß des Königs Ludwig II. von Ungarn (1524), daselbst das Ferdinand’s I. zu Rovigo (1525), der schon genannte Cuspinian in Berlin etc. Besonders interessant sind die lebensgroßen Bildnisse des Augsburger Patriciers Konrad Rehlinger von 1517 (Münchener Pinakothek), die schon die spätere Manier des Künstlers kenntlich andeuten.“3
Die Maler- und Gelehrtenfamilie Strigel in Memmingen
Über die Mitglieder der Familie, von denen mehrere akademisch studierten, gibt es folgende Abhandlung auf Archivalia:
Klaus Graf: „Die Akademiker der Memminger Malerfamilie Strigel im 15. und 16. Jahrhundert“, 2019
https://archivalia.hypotheses.org/97684
Künstlernetzwerke in Oberschwaben um 15004
Martin Schaffner und Bernhard Strigel waren zentrale Figuren der süddeutschen Kunstszene um 1500, und beide standen in Verbindung mit bedeutenden Künstlern ihrer Zeit – sei es durch Ausbildung, stilistische Einflüsse oder gemeinsame Projekte.
Künstlernetzwerk um Martin Schaffner
Martin Schaffner war in Ulm tätig und Teil der sogenannten Ulmer Schule, die sich durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Malern, Bildhauern und Glasmalern auszeichnete.
Verbundene Künstler:
- Bartholomäus Zeitblom
→ Vermutlich Schaffners Lehrer; Hauptvertreter der Ulmer Schule. - Hans Multscher
→ Frühere Generation, aber stilistisch prägend für Ulm. - Jörg Stocker
→ Zeitgenosse in Ulm, mit dem Schaffner möglicherweise Werkstattkontakte hatte. - Niklaus Weckmann
→ Bildhauer, mit dem Schaffner bei Altarwerken kooperiert haben könnte.
Künstlernetzwerk um Bernhard Strigel
Bernhard Strigel wirkte in Memmingen und war Teil einer weitverzweigten Künstlerfamilie. Er war auch Hofmaler von Kaiser Maximilian I.
Verbundene Künstler:
- Ivo Strigel
→ Vater oder Onkel; Bildhauer und Werkstattleiter. - Hans Strigel der Jüngere
→ Vermutlich Bruder oder Vater; ebenfalls Maler. - Bartholomäus Zeitblom
→ Einflussreich für Strigels Frühwerk; Zusammenarbeit am Blaubeurer Hochaltar um 1493. - Albrecht Dürer
→ Kein direkter Kontakt, aber Strigel kannte Dürers Werke und ließ sich grafisch inspirieren. - Hans Burgkmair & Jörg Breu
→ Zeitgenössische Augsburger Maler, ebenfalls mit Maximilian I. verbunden – Strigel wurde ihnen als Hofmaler vorgezogen.
Gemeinsame Schnittmengen
- Bartholomäus Zeitblom ist die zentrale Figur, die beide Künstler verbindet – als Lehrer, stilistischer Einfluss und möglicher Kooperationspartner.
- Beide waren Teil des schwäbischen Kunstraums, der durch Mobilität von Künstlern, gemeinsame Auftraggeber (z. B. Klöster, Städte, Adel) und stilistische Nähe geprägt war.
Zuordnung der Bilder zu Bernhard Strigel
Lange Jahre war Bernhard Strigel nicht als Urheber zahlreicher Werke des Mittelalters bekannt. Noch im 18.Jahrhundert wurde er als „Meister der Sammlung Hirscher“ benannt. Oft verwechselt wurden seine Arbeiten mit denen des “ ➥ Meisters von Meßkirch„, viele seiner Werke wurden ➥ Hans Holbein, ➥ Hans Baldung Grien oder ➥ Matthias Grunewald und Bartholomäus Zeitblom (in dessen Werkstatt er eine Zeitlang arbeitete) zugeschrieben – was zeigt, dass er sich künstlerisch ‚in guter Gesellschaft‘ befindet. Strigel verstand sich durch seine Herkunft aus der Werkstatt seines Vaters eher als Handwerker, denn als Künstler. Daher sind seine Arbeiten auch nicht signiert. Erst 1881 fand Bode in Berlin auf der Rückseite eines Portraits der Familie Cuspinian (Strigel-Museum Memmingen, s.u.) Hinweise in lateinischer Sprache auf seine Urheberschaft.
Gertrud Otto schreibt: „Das Cuspinianbild mit der aufschlußreichen Inschrift wurde zum Schlüsselwerk der ganzen Strigelforschung. Jahrhundertelang war der Name Strigels vergessen. Erst die Wiederentdeckung der wegen Verschmutzung unlesbar gewordenen Inschrift dieses Bildes durch Bode im Jahre 1881 machte Bernhard Strigel für die Kunstforscher zu einem festen Begriff. Freilich waren viele seiner Werke auch vorher schon bekannt und geschätzt, aber sie gingen damals unter dem anonymen Notnamen des „Meisters der Sammlung Hirscher“ oder fälschlich unter berühmten Namen wie Holbein und Dürer. Von dem Augenblick an, als das Cuspinianbild, das zu dieser Zeit dem Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin gehörte, als Arbeit Bernhard Strigels bestimmt war, konnten auch die zahlreichen unsignierten Werke des Meisters durch Stilvergleich ihm zugeschrieben werden. So gewann Strigel nun bald das verdiente Ansehen, das durch immer weitere Funde und Zuschreibungen noch ständig wuchs. Heute zählt Bernhard Strigel zu den bedeutenden Meistern der großen Blüteperiode deutscher Kunst an der Wende zur Neuzeit.“¹
Arbeiten Strigels und Teile des Strigel-Altars sind heute in die Museen Deutschlands und der Welt zerstreut (und teilweise als „verschollen“ gekennzeichnet). Um zu verdeutlichen, was Isny abhanden kam: Im Februar 2022 wurde ein kleines Altarbild Strigels (der Engel mit Rauchfass) auf einer Auktion in Toulouse versteigert.
Das Bild war vermutlich Teil eines Memminger Altares. Preis 2022 – fast 3,5 Mio Euro. (➥ Link zum Bericht)
Vermutlich wurden die beiden Darstellungen, die sich nun in Dubai befinden, bereits im 19.Jahrhundert aus einem größeren Bild herausgeschnitten, um sie leichter verkaufen zu können.
Es ist Zeit für eine Rekonstruktion des Altars – und vielleicht für eine (virtuelle) Heimkehr nach Isny.
Leider wurde der Altar zerteilt, bevor die Fotografie erfunden war und in Isny ankam. Bislang habe ich keine Zusammenschau oder Beschreibung des kompletten Altares entdeckt. Manche Werke werden in der Provinienz als „vermutlich aus Isny“ benannt. Es kristallisiert sich jedoch heraus, dass es sich um einen Marienaltar handelte, der die „Sieben Freuden und sieben Leiden Mariens“ darstellt.
Fußnoten
¹ Otto, Gertrud / Strigel,Bernhard: Bernhard Strigel, Deutscher Kunstverlag, München-Berlin, 1964, S.14,
➥ https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/otto1964/0075/image,info
2 auch Striegel, Bernardo – Strigelli – Strigel, Bernardinus – Strigel, Bernhardinus
3 ‚Strigel‘ (biografischer Eintrag), zitiert aus: Wilhelm Schmidt: Allgemeine Deutsche Biographie, 1893
Quelle: ➥ https://www.bavarikon.de/object/bav%253AHKO-ADB-00000000SFZ81726
4 Text mit Bing-Copilot zusammengestellt. Als Quellen werden genannt:
- Wikipedia-Artikel zu Bernhard Strigel bietet eine umfassende Übersicht über sein Leben, seine Werke und seine Rolle als Hofmaler von Maximilian I. sowie seine Einbindung in die Memminger Schule.
- WikiArt: Bernhard Strigel – Werke und Stil zeigt eine Auswahl seiner Gemälde und gibt Einblick in seine künstlerische Entwicklung und Einflüsse.
- Museum Ulm – Kunstbeziehung.de nennt Strigel im Kontext anderer Künstler wie Bartholomäus Zeitblom, Daniel Mauch und Hans Maler zu Schwaz, die ebenfalls in der Region aktiv waren.
Weitere Webseiten zu Strigel
- (Un-) Mögliche Bestandteile der Altäre aus Isny
- Beschreibung des Strigel-Altars
- Der Hochaltar des Bernhard Strigel in Isny
- Der Katharinen-Altar der Nikolaikirche
- Käufer – und „Zweitbesitzer“ des Altars
- Wer war Bernhard Strigel?
- Reformation und Bildersturm in Isny
siehe dazu das ➥ Literaturverzeichnis