Sankt Fidelis *
St. Fidelis – der Schutzheilige von Sigmaringen
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Über Fidelis: Lebenslauf, Aufgaben und Tod
(…) Großes Aufsehen machte zu dieser Zeit ununterbrochener Unruhen der Sigmaringer Markus Roy, nachmals Fidelis genannt, durch seinen in Graubünden seines christlichen Glaubens-Eifers wegen erlittenen gewaltsamen Tod. Er war zu Sigmaringen geboren 1577, ein Sprössling des aus Brabant dorthin eingewanderten Geschlechtes der Roy. Johannes Roy, sein Vater, verwaltete nach einander das Bürgermeister- und Schultheißen Amt in Sigmaringen.
Georg, der ältere von den beiden Söhnen begab sich, nachdem er schon früh seine Studien zu Freiburg im Breisgau vollendet, in den Orden der Capuziner. Markus der jüngere wurde ebenfalls nach Freiburg geschickt, wo er sich der Jurisprudenz widmete. Sein reger Geist machte ihn beliebt und seine Geschicklichkeit in gymnastischen Übungen erwarb ihm unter seinen Genossen in diesen Künsten den Vorrang. Vorzüglich liebte er die Fechtkunst. Seine Nüchternheit und Bescheidenheit verschafften ihm die Achtung seiner Mitschüler. Bald nach der Vollendung seiner Studien begleitete er als Hofmeister den Freiherrn Johann Wilhelm von Stotzingen, Herrn zu Heudorf und Dischingen, nebst einigen andern Edeln auf ihren Reisen von 1604 bis 1610 durch Teutschland, Frankreich, Italien und einen Teil Spaniens.
Schon während dieser Reise nahm allmählich sein aufgeheiterter Sinn eine melancholische Stimmung an, welche nicht selten in einen Anschein von schwärmerischer Frömmigkeit überging. Sein längerer Aufenthalt in Italien und besonders in Spanien, mochten viel zu dieser Umänderung des sonst lebensfrohen jungen Mannes beigetragen haben. Nach seiner Zurückkunft ließ er sich 7. Mai 1611 zu Villingen, wohin die Professoren von Freiburg wegen daselbst ausgebrochener Pest sich zurückgezogen, zum Doktor der Rechte graduiren und begab sich nachher nach dem elsässischen Ensisheim dem Sitze einer vorderöstereichischen Regierung, wo er als Advokat mit glücklichem Erfolge auftrat. Allein teils die Überhäufung mit Geschäften, teils die mit seiner immer düsterer werdenden Gemütsstimmung sich nicht vertragenden juristischen Spitzfindigkeiten bewogen ihn, eine Laufbahn zu verlassen, welche so wenig mit seiner Seelenruhe übereinstimmte.
Er zog sich zurück und vertauschte den Doktor Talar mit der armen Kutte der Kapuziner, in Freiburg im 34 Jahre seines Alters. Von da an legte er sich den Namen Fidelis bei. Vor der Profession legte er nach den Gesetzen des Ordens seinen letzten Willen in einem Testamente nieder, welches eine vollständige Charakteristik zu seinem Leben liefert. Seine Geburtsstadt Sigmaringen verdankt ihm eine wohltätige Stiftung, die aber durch vieljährige den Testamentsverordnungen zuwider laufende Nachlässigkeit der Exekutoren um einen bedeutenden Teil verkümmert wurde, wie es überhaupt mit Stiftungen dieser Art häufig zu geschehen pflegt.
Die Heiligkeit und Unverletzlichkeit solcher Vermächtnisse erliegt der Spitzfindigkeit der Zeit, welche aus sehr leicht einzusehenden, oft zwar auch unleugbar sehr vernünftigen Gründen Modifikationen vorzunehmen für notwendig erachtet. Mit schwärmerischem Eifer widmete sich der Kapuziner Fidelis dem Predigeramte. Der in der Schweiz immer mehr um sich greifende Calvinismus schien ihm ein reiches Erntesfeld für die römisch-katholische Kirche zu geben. Er selbst wählte sich zum Schnitter des Herrn, von welchem er sich dazu eigends auserkoren fühlte. Zu Konstanz und Frauenfeld bildete er sich für diesen, seinen sich vorgesetzten Zweck vollends aus, machte hernach eine Reise nach dem calvinischen Graubünden und wurde nachgehends Vorsteher des Konvents zu Freiburg in Üchtland.
Von da wurde er als Guardian nach Rheinfelden berufen, kam aber wieder nach Freiburg zurück, um dieselbe Stelle dort einzunehmen, jedoch schon 1621 wurde er auf dem Provinzial-Capitel zu Konstanz zum Guardian in Feldkirch erwählt. Rühmlich ist hier sein Eifer gegen den Lurus und die Sittenlosigkeit seiner Zeit, aber nicht minder trugen auch seine Predigten die Spuren jener römischen Intoleranz gegen Andersdenkende, wodurch besonders bei der rohern Klasse keine Wunden gerissen, aber eine ebenso intolerante Rache gegen die Eingriffe in ihre Glaubensmeinungen erzeugt wird. Dieser Mangel an Psychologie und das despotische Gebieten über die zarten Sehnen des Glaubens sind auch meistens die Ursache des Untergangs der Missionsprediger gewesen.
Von Feldkirch begab sich Fidelis nach Bludenz, um das Wort Gottes zu verkünden und von da wurde er nach Graubünden berufen, um bei der Reformation eines Klosters daselbst zu assistieren. Schon jetzt fing er an, von der Glückseligkeit des Martyrers Lodes zu reden. Der Aufstand der Calvinisten in Graubünden gegen den Erzherzog Leopold von Östreich machte auch den Papst Paul V und seinen Nachfolger Gregor aufmerksam. Auf ihre Ermahnung wurden aus dem Kapuzinerorden Missionäre in das aufrührerische Land gesandt. Fidelis übernahm mit Freuden dies Missionsgeschäft. Unter den größten Drangsalen, welche nur der Eifer für seine Sache erträglich machen konnte, trat er seinen Dienst an.
Der Anfang war nicht günstig, aber doch gelang es seiner rastlosen, unerschrockenen Bemühung, Früchte einzuernten. Er wurde zum Präfekten der Bündtner’schen Mission ernannt. Aber bald machte sein zu weit gehender Eifer seine, den Glaubens Meinungen und den materiellen Interessen der Calvinisten zu sehr widersprechende Intoleranz, welche besonders aus einem von ihm an den Bischof zu Chur gerichteten Schreiben hervorgeht, seiner Laufbahn ein Ende.
Er fiel als Opfer seines schwärmerischen, nicht von Menschenkenntnis geleiteten Religionseifers, wie schon viele seiner Vorgänger, zu Graubünden ermordet von den empörten Zuhörern seiner Predigt am 24. April 1622, Vormittags um zehn Uhr vor der Kirche zu Sevis. Sein Leichnam blieb während dem Sonntag und der darauf folgenden Nacht unbeerdigt und erst am andern Tag wurde er auf dem Friedhofe zu Sevis beerdigt. Nachher als der Aufstand in Graubünden unterdrückt war, wurde der Leichnam des Erschlagenen wieder erhoben und Teile desselben an verschiedene Orte als Reliquien versandt. Später wurde Fidelis kanonisiert und von der römischen Kirche als Heiliger anerkannt.
Quelle: Fidel von Baur: Geschichte der Hohenzollernschen Staaten Hechingen und Sigmaringen – von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage, durchaus nach Quellen bearbeitet, Band 6, Bucher und Liener, 1835 Permalink: https://books.google.de/books?id=DmEAAAAAcAAJ
Balladen und Gedichte
St. Fidelis von Sigmaringen.
In Glaubenszweifeln lebt zerrissen
Graubündtens Volk von Thal zu Thal.
Dahin die Ruhe der Gewissen,
Erloschen ist des Friedens Strahl.
Bewaffnet stehen die Partheien,
Verfolgen sich in gift’ger Wuth
Selbst Gottes Tempel sie entweihen,
Altäre sind befleckt mit Blut.
Wer will die Schrecklichen bezwingen
In ihrem unheilvollen Wahn?
Wer die Verirrten wieder bringen
In Frieden auf die sich’re Bahn?
Die Kirche ist es, sorglich wandte
Den Blick sie auf die irre Schaar
Und Männer sind es, die sie sandte,
Erleuchtet, furchtlos in Gefahr.
Ja, das sind muth’ge Gottesdiener,
Im ernsten, kirchlichen Gewand
Es war dabei ein Kapuziner,
Fidelis aus dem Zollerland.
Er will mit seines Geistes Waffen
Besiegen, die er trifft im Streit,
Will Ruh‘ verirrten Herzen schaffen
Und führen sie zur Seligkeit.
Bald werden Viele auch bezwungen
Durch sein geheiligt Feuerwort,
Die neu von Glaubensmuth durchdrungen
Dem Herrn verbleiben fort und fort.
Vol Liebe sammelt er die Schaaren
Der frommen Gläub’gen, die da nie
In ihrer Treue wankend waren,
Ermuntert, lehrt und stärket sie.
Und Sonntag ist’s, er will verkünden
Zu Sevis auch das Wort des Herrn.
Andächtig in der Kirche finden
Sich Gläubige aus nah und fern.
Es ist umstellt die Gotteshalle
Von Männern, stark und glaubenstreu,
Damit man vor dem Ueberfalle
Der rohen Feinde sicher sei.
Der fromme Priester hat betreten
Die Kanzel und die Gläub’gen knie’n.
Zum heil’gen Geist sie innig beten,
Er mög in ihre Herzen zieh’n.
Der Gottesredner spricht voll Weihe,
In tiefem Ernst und doch voll Gluth
Von Glaubens=Einheit, Glaubens=treue
Von ungebeugtem Christenmuth.
„Ein Herr ist es, von dem wir wissen,
Daß er aus Finsterniß und Nacht,
Daß er dem Tode uns entrissen
Und das Erlösungswerk vollbracht.“
„Ein Glaube ist’s, den er uns lehrte,
In Wort und Wundern liebevoll,
Den er noch in dem Tod bewährte,
Daß uns Versöhnung werden soll.“
„Und eine Taufe, die da reinigt‘
Von angeerbter Sündenschuld
Die Seele, die sich eng vereinigt
Der Vater dann in Gnad‘ und Huld.“
„Darum auch nur der Kirchen Eine,
Die göttlich ist und herrlich groß,
Daß alle Menschen sie vereine
In ihrem mütterlichen Schooß.“
Das „Amen“ ist noch nicht gesprochen,
Als plöglich Mordgeschrei erschallt! –
Es wird das Kirchenthor erbrochen
Und Schuß auf Schuß in’s Inn’re knallt.
Die Gläub’gen flieh’n – die Kugeln schlagen
Rings um den Redner in die Wand –
Er bleibt verschont – man hört ihn sagen:
„Mein Leben ist in Gottes Hand!“
Und zum Altare steigt er nieder,
Zu beten in der Wehmuth Drang
Für die bedrängten Christenbrüder, –
Er betet innig, betet lang.
Dann steht er auf und ziehet weiter
Gen Grüsch die Straße öd und leer,
Ihm folgt kein schützender Begleiter,
Nur das Brevier ist seine Wehr.
Und plötzlich bricht in dem Gefilde
Ein Mörderruf die Sabbathruh‘
Ein Männerhause, roh und wilde,
Stürmt auf den armen Priester zu.
Sie halten ihn mit den Gewehren
Und rufen fürchterlich dabei:
„Den Glauben, den du kamst zu lehren,
Hier schwör‘ ihn ab und du bist frei!“
Die Fassung bleibt getreu dem Frommen,
Entschieden lautet, was er spricht:
„Wird auch das Leben mir genommen,
Das, was ihr fordert, thu ich nicht.
Jetzt schlagen sie zu Boden nieder
Den Gottesmann, in grimmer Wuth.
Zerschmettert liegen seine Glieder
Und von dem Haupte rinnt das Blut.
Verzeihend zu den Mördern wendet
Er noch sein blutend Angesicht –
Die Rede stockt – er hat geendet,
Die Seele schwebt zum Himmelslicht.
Auf off’ner Straße liegt die Leiche
Des Glaubenshelden, blutumringt.
Wer ist’s, der sie zum Friedensreiche
In die geweihte Erde bringt?
Vernimm der Gläub’gen Nothgelärme!
Horch! wie es tönt das Land dahin;
Sie sind verfolgt durch Mörderschwärme,
Die wüthend durch die Thäler zieh’n.
Es tödten die fanat’schen Horden,
Wer sich vom Kreuz nicht trennen mag.
So ist der Tag des Herrn geworden
Für Viele heut der Krönungstag.
Und Abend ist’s – es sind erschlagen
Fünfhundert aus der Gläub’gen Schaar.
Die Leichen werden hingetragen
Zur Kirche. zu des Herrn Altar.
Am andern Tag schallt Trau’rgeläute
Zu Sevis in das Thal herab;
Man bringt, die da im Glaubensstreite
Geopfert wurden, nun zu Grab.
Ein frommer Priester ist zugegen,
Der betend vor dem Zuge geht,
Und er ertheilt den lesten Segen,
Spricht mit dem Volk das Grabgebet.
Für wen die Gruft, die dort noch offen
In Mitte dieser Gräberreih’n?
Dem Manne, den zuerst getroffen
Des Feindes Rache, soll sie sein.
Man senkt hinab des Gottesboten
Fidelis theu’re Reste nun;
Es darf im stillen Reich der Todten
Der Held mit seinen Kämpfern ruh’n.
Und sieh! der Himmel hat mit Gnaden
Das Grab des Märtyrers geschmückt;
Wer da erschienen schmerzbeladen,
Der geht geheilt und hochbeglückt.
Und was beim Ewigen beschlossen,
Verkündigt laut der Kirche Mund:
„Er, der für’s Kreuz sein Blut vergossen;
Erstrahlt nun in der Heil’gen Bund!“
Quelle: Aus der Vorzeit Hohenzollerns: Sagen und Erzählungen von Louis Egler, Tappen, 1861, Seite 121, Permalink: https://books.google.de/books?id=Bl0AAAAAcAAJ